Schock: Reinhard Grindel tritt zurück. Nach zweieinhalb Jahren legt der DFB-Präsident sein Amt nieder. Uns liegt exklusiv die Abschiedsrede Grindels vor.
Liebe Mitglieder und Mitgliederinnen des DFB, liebe Fußballfreunde,
ich will nicht direkt alles auf Mesut Özil schieben, aber lassen Sie mich eines sagen: Heute ist ein schwarzer Tag für den deutschen Fußball. Nach den ungeheuerlichen öffentlichen Angriffen auf meine Person ist mir leider klar geworden, dass ich als Präsident so nicht weitermachen kann. Nicht als DFB-Präsident, und auch nicht als Präsident der Rolex-Freunde Fallingbostel-Ost. Beide Ämter lege ich schweren Herzens nieder.
Wenn wir hier beim DFB nach dem WM-Debakel eines gelernt haben, dann dass eine Führungsposition an der Spitze des Verbands schnelles, entschlossenes und richtiges Handeln erfordert. Auch in dieser Hinsicht schmerzt mich mein Rücktritt. Ich hätte die versprochene Aufarbeitung der WM gerne zumindest bis zum offiziellen Zwischenbericht begleitet, der für Juni 2029 erwartet wird.
Meine Leidenschaft war stets powered by Coca Cola
Lassen Sie mich eines sagen: Der Fußball in Deutschland ist ein Kulturgut und berührt Stakeholder in großen Unternehmen genauso wie Werbeheinis in kleinen PR-Firmen. Integrität ist deshalb unser höchstes Gut. Das Wort Integer bedeutet in der Mathematik übrigens „Ganzzahl“, auch in dieser Hinsicht habe ich mir nichts vorzuwerfen. 78.000 ist schließlich eine ganze Zahl. Gucken Sie das ruhig nach.
Zweieinhalb Jahre an der DFB-Spitze waren eine unglaublich intensive Zeit für mich und ich kann Ihnen garantieren: Ich habe jeden einzelnen Jung-von-Matt-Hashtag versucht mit Leben zu füllen, meine Leidenschaft und Passion war stets powered by Coca Cola, für jeden und jede in unserer großen Fußballfamilie hatte ich zu jeder Zeit offene Ohren und Arme. Sogar für die scheiß Amateure, diese Blutsauger. Gerne hätte ich mich auch auf internationaler Ebene weiter um die Belange der Kleinen im Fußball gekümmert und etwa Ehrenmänner wie PSG-Chef Nasser al-Khelaifi ins Uefa-Exekutivkomitee durchgewunken. Aber es soll wohl nicht sein.
Ein Rückgrat macht da nur unbeweglich
Auch deshalb muss ich sagen, dass ich über die aktuellen Ereignisse extrem enttäuscht bin. Vor allem von Mesut Özil. Auch bin ich irritiert, dass die Gremien anscheinend schon hinter meinem Rücken an einer Nachfolgelösung feilen. Oder ist es Zufall, dass Jens Keller gestern in Ingolstadt freigestellt wurde? Ich glaube kaum. Aber auch das habe ich gelernt: Sich im Verbandswesen zu bewegen, ist ein Ränkespiel. Ein Rückgrat macht da nur unbeweglich. Diese Lektion, liebe Fußballfreunde, wird der DFB noch schmerzlich lernen müssen.
Es gibt viele Dinge, die ich am DFB vermissen werde. Der #ZSMMNHLT, das Fachsimpeln mit Oli Bierhoff über BWL-Themen, vor allem die ausufernden Partys bei offiziellen Anlässen, für deren hundertausende Euro Kosten die Mitglieder blechen müssen. Denn auch das war stets der DFB: Geselligkeit, Suiten im Ritz Carlton, 400 Killepitsch für die ganze Bande. Es war nicht alles schlecht. Wir hatten viel Spaß.
Ich bitte um Verständnis, dass ich nicht auf alle Details dieser schändlichen Hetzkampagne eingehen kann. Wenn ein wenig Gras über die Sache gewachsen ist, werde ich ein exklusives Interview zu meiner Sicht der Dinge mit der Deutschen Welle abbrechen.
Bis dahin verbleibe ich mit sportlichen Grüßen,
Ihr Reinhard Grindel.