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Herr Schulz, wie gut spre­chen Sie Ita­lie­nisch?
Nicht gut. Leider. Ich ver­stehe ein biss­chen, aber spre­chen ist schwer.

Ihr Vater ist Ita­liener. Sind Sie sauer auf ihn, dass er früher nicht Ita­lie­nisch mit Ihnen gespro­chen hat?
Des­wegen bin ich doch nicht sauer (lacht). Aber es wäre prak­tisch gewesen. Leichter kann man eine fremde Sprache nicht lernen.

Wie läuft die Kom­mu­ni­ka­tion, wenn Sie bei Ihren Ver­wandten in Ita­lien sind?
Manchmal fun­giert mein Vater als Über­setzer. Außerdem spre­chen meine Ver­wandten ein biss­chen Deutsch, und ein paar Bro­cken Ita­lie­nisch beherr­sche ich auch. Das funk­tio­niert schon.

Haben Ihre paar Bro­cken Ita­lie­nisch für einen Small­talk mit Andrea Pirlo gereicht?
Sie meinen, als ich ihn zufällig im Urlaub auf Ibiza getroffen habe? Da habe ich ihn nur nach einem Foto gefragt. Das ging auch auf Eng­lisch.

Nor­ma­ler­weise sind Sie es, der um ein Foto gebeten wird. Kam Ihnen das umge­kehrt nicht komisch vor?
Ich habe das Foto mehr oder weniger für meinen Vater gemacht: Hier, schau mal, Papa, wen ich getroffen habe.“ Er hat ganz auf­ge­regt zurück­ge­schrieben: Wo ist das?“

Wusste Pirlo, dass Sie Kol­legen sind?
Das ist fünf Jahre her Damals war Andrea Pirlo ein Welt­star, und ich stand am Anfang meiner Kar­riere. Ich glaube nicht, dass er mich kennen musste. Das wäre fast schon komisch gewesen.

Wäre es Ihr Traum, mal in der Serie A zu spielen?
Was heißt Traum? Ich hätte nie was dagegen gehabt, aber das ist zur­zeit über­haupt kein Thema. Ich bin gerade erst von Hof­fen­heim nach Dort­mund gewech­selt.

Halten Sie sich eigent­lich für einen struk­tu­rierten Men­schen?
Ich glaube schon. Ich bin relativ ordent­lich, habe ein paar gere­gelte Abläufe, an denen ich fest­halte und komme ungern zu spät. Des­halb struk­tu­riere oder takte ich mein Leben so, dass ich sagen kann: Ich bin immer zum rich­tigen Zeit­punkt da.

Wenn man sich Ihre Kar­riere anschaut – vom BSC Reh­berge in die Natio­nal­mann­schaft, von Hertha BSC zu Borussia Dort­mund -, dann könnte man auch dahinter einen strin­genten Plan ver­muten.
Das sieht viel­leicht jetzt so aus. Aber im Fuß­ball pas­sieren Sachen, die man nicht planen kann. Eine schwere Ver­let­zung zum Bei­spiel. Umso glück­li­cher bin ich, dass ich jetzt doch da bin, wo ich bin.

Gab es mal Momente, in denen Sie mit der Natio­nal­mann­schaft inner­lich schon abge­schlossen hatten?
Klar. Die Zeit bei Borussia Mön­chen­glad­bach ver­lief nicht so optimal.

Nach wenigen Wochen haben Sie sich das Kreuz­band gerissen und sind fast ein ganzes Jahr aus­ge­fallen.
Ich meine nicht nur den Kreuz­band­riss. So was pas­siert. Schwie­riger war, dass ich nach meiner Rück­kehr gar nicht mehr so richtig reinkam. Ich hätte mir mehr Ver­trauen und einen offe­neren Umgang gewünscht. Am Ende habe ich gemerkt, dass Glad­bach mich los­werden wollte.

Hat Ihnen diese nega­tive Erfah­rung trotzdem in irgend­einer Weise geholfen?
Ja, natür­lich, weil ich wei­terhin an mich geglaubt habe. Dieses Ver­trauen habe ich nicht von anderen bekommen, son­dern nur von mir selbst. Solche Erfah­rungen geben dir Auf­trieb und helfen dir fürs Leben. Im End­ef­fekt sind genau das die Situa­tionen, aus denen du gestärkt her­vor­gehst.

Was hat Julian Nagels­mann, der Trainer der TSG Hof­fen­heim, mit Ihnen gemacht?
Sehr viel, und das nicht nur mit mir. Viel Video­ana­lyse, viel Taktik. Sein Trai­ning ist meist schon auf das Wochen­ende zuge­schnitten, damit jeder weiß, wie und wohin er gehen muss, wann man sich vom Gegner absetzt, wie groß die Abstände sein sollen, welche Räume man zu besetzen hat. Das ist viel zu kom­plex, um das hier mal eben zu erklären.

Ist es manchmal auch zu kom­pli­ziert, um alles zu ver­stehen?
Es kann auch kom­pli­ziert werden, ja. Des­wegen haben manche Neu­zu­gänge anfangs Schwie­rig­keiten bei der TSG, sich ins System rein­zu­finden, aber das ist nicht schlimm. Ich habe auch meine Zeit gebraucht.

Würden Sie sogar sagen: Ohne Nagels­mann wäre ich jetzt nicht hier bei der Natio­nal­mann­schaft?
Das ist schwierig, weil ich nicht weiß, wie ich mich unter einem anderen Trainer in Hof­fen­heim ent­wi­ckelt hätte. Aber man liegt mit dieser Aus­sage ver­mut­lich nicht völlig falsch.

Welche Erwar­tungen ver­binden Sie mit Ihrem Wechsel zu Borussia Dort­mund?
Das kann ich nicht beant­worten, weil ich noch nicht da bin. Aber der BVB hat einige inter­es­sante Neu­ver­pflich­tungen getä­tigt, und wenn jetzt die Leis­tungs­träger bleiben, kann das eine inter­es­sante Kom­bi­na­tion werden. Ich hoffe jeden­falls, dass wir in den nächsten Jahren nach einem Titel greifen können.

Wer hat die Ent­schei­dung für den BVB getroffen: Ihr Bauch oder Ihr Kopf?
Kopf und Bauch. In Dort­mund ent­wi­ckelt sich was, die Mann­schaft spielt richtig guten Fuß­ball und hat bis zum Schluss um die Meis­ter­schaft gekämpft. Wenn du von einem sol­chen Verein eine Anfrage bekommst und dieser Verein auf deiner Posi­tion in der ver­gan­genen Saison ein paar Pro­bleme hatte – dann ist es für mich vom Kopf her der logi­sche Schritt, als deut­scher Natio­nal­spieler dorthin zu wech­seln, da Fuß zu fassen und mög­lichst regel­mäßig zu spielen.

Welche Rolle hat Ihre Natio­nal­mann­schafts­kar­riere bei der Ent­schei­dung gespielt?
Auch eine große. Die Chance, zur Natio­nal­mann­schaft ein­ge­laden zu werden, ist für einen Stamm­spieler von Borussia Dort­mund größer als für einen Stamm­spieler der TSG Hof­fen­heim. Ich weiß, wie viel ich der TSG zu ver­danken habe, aber Dort­mund hat noch mal einen anderen Stel­len­wert in Fuß­ball-Deutsch­land und Fuß­ball-Europa.

Sie gehen also davon aus, dass Sie auch beim BVB Stamm­spieler sein werden.
Ich will zumin­dest in jedem Spiel spielen – das ist mein Anspruch. Ich gehe nicht nach Dort­mund, um mich da nur auf die Bank zu setzen.

Wissen Sie eigent­lich, wie viele Feld­spieler aus dem aktu­ellen Kader der Natio­nal­mann­schaft älter sind als Sie?
So viele sind es, glaube ich, nicht mehr. Sechs? Oder fünf?

Vier.
Echt? Das ist krass.

Älter sind nur Marco Reus, Ilkay Gün­dogan sowie Jonas Hector und Marcel Hals­ten­berg, mit denen Sie um die Posi­tion des Links­ver­tei­di­gers kon­kur­rieren. Wo sehen Sie sich in diesem Kon­kur­renz­kampf?
Schwer zu sagen. Wenn ich in der Natio­nal­mann­schaft gespielt habe, habe ich es ganz gut gemacht, finde ich. Inso­fern hoffe ich, dass ich auch wei­terhin meine Ein­sätze bekomme. Aber das liegt nicht nur in meiner Macht. Auch Jonas und Marcel sind zwei sehr, sehr gute Spieler für diese Posi­tion.

Was erhoffen Sie sich von Ihrem Dort­munder Trainer Lucien Favre?
Ich hoffe auf sein Ver­trauen – und dass ich regel­mäßig spielen darf. Er trai­niert eine Mann­schaft mit großer indi­vi­du­eller Qua­lität und Krea­ti­vität. Ich bin gespannt, was er uns mit auf den Weg gibt. Aus Glad­ba­cher Zeiten kenne ich ihn bereits.

Sie haben ihn auch schon bei Hertha BSC in Berlin erlebt.
Aber nur am Rande. Ich habe in der B‑Jugend gespielt, als ich erfahren habe, dass ich in der Saison darauf Profi werden soll. Zu diesem Zeit­punkt war Lucien Favre noch Trainer, ein paar Wochen später musste er gehen.

Haben Sie ein biss­chen das Gefühl, mit Favre noch nicht fertig zu sein?
Inwie­fern?

Sie sind 2015 auch sei­net­wegen zu Borussia Mön­chen­glad­bach gewech­selt. Dann mussten Sie bis zum fünften Spieltag auf Ihren ersten Ein­satz unter ihm warten, sind 20 Minuten vor Schluss ein­ge­wech­selt worden – und am nächsten Tag hat Favre seinen Rück­tritt ein­ge­reicht.
Lucien Favre hat lange in Glad­bach gear­beitet und dort eine erfolg­reiche Zeit geprägt. Natür­lich waren wir alle geschockt, als wir von seinem Abschied erfahren haben. Aber wir hatten damals sechs Spiele hin­ter­ein­ander ver­loren. So ist Fuß­ball. Und so ist Favre als Typ. Er hat gesagt, dass er sich nicht mehr als der rich­tige Trainer für die Truppe emp­funden hatte. Das muss man dann akzep­tieren. Aber ich hoffe, dass für mich jetzt noch ein paar Spiele unter ihm dazu­kommen. Lucien Favre kennt mich, ich kenne ihn. Das kann ganz gut funk­tio­nieren.