Herr Fröhlich, in beiden Halbfinalspielen hat es strittige Entscheidungen der Referees gegeben, die in der Öffentlichkeit heiß diskutiert wurden. Am Dienstag ließ Michael Weiner die Partie Leverkusen-Mainz weiterlaufen, obwohl ein Leverkusener verletzt im eigenen Strafraum lag. Die richtige Entscheidung?
Ein unauffälliger Vorgang, da die Verletzung nicht so schwer schien. Der Spieler war schon wieder am Aufstehen, als sich Michael Weiner dem Spielgeschehen zuwenden musste. Er hatte ihn somit nicht mehr im Blick und im Moment der Flanke zu unterbrechen, wäre sehr unglücklich gewesen. Es war mit Sicherheit kein Fall, der nach einer sofortigen Intervention durch den Schiedsrichter schreit.
Hätten Sie sich gewünscht, dass Mainz den Ball ins Aus schießt?
Nach meiner Einschätzung hatte zunächst niemand die Verletzung so richtig auf dem Schirm, weder die Mainzer noch die Leverkusener. Sicher hätte es die Sache entspannt, wenn ein Mainzer den Ball ins Aus geschossen hätte, aber es gibt klarere Situationen, in denen man so etwas erwarten kann.
Wie lautet die generelle Anweisung, wenn Spieler verletzt am Boden liegen und die gegnerische Mannschaft nicht für eine Spielunterbrechung sorgt?
Wenn der Schiedsrichter den Eindruck hat, dass es sich um eine schwerere Verletzung handeln könnte, dann soll er das Spiel unterbrechen. Das gilt verstärkt bei Kopfverletzungen.
Im Nordderby zeigte Knut Kircher in der 90. Minute die rote Karte gegen Hamburgs David Jarolim. Ist er wegen einer Notbremse oder wegen der Härte des Fouls vom Platz geflogen?
Von der Verhinderung einer klaren Torchance durfte man in dieser Situation, fast an der Seitenauslinie und kurz hinter der Mittellinie, nicht sprechen. Entscheidend für den Feldverweis war das heftige, verbotene Einsteigen ausschließlich um den Gegenspieler zu Fall zu bringen und ohne jede Chance, den Ball spielen zu können und zu wollen.
Hätten Sie in dieser Situation, mit dem Joker der Fernsehbilder, auch auf Platzverweis entschieden?
Mit oder ohne Joker, für mich war der Feldverweis absolut nachvollziehbar. Wenn der Ball zehn Meter entfernt ist, der Angriff nur noch dem Gegenspieler gilt und dieser bewusst derart heftig zu Fall gebracht wird, dann ist das Spielzerstörung, respektlos und alles andere als Fairplay und positives Spiel. Es ist eine der wesentlichen Aufgaben des Schiedsrichters, positives Spiel zu fördern und zu schützen.
Wie bewerten Sie das Verhalten der Bremer Verantwortlichen auf der Ersatzbank?
Je näher ein Vergehen an den Bänken stattfindet, desto größer ist die Betroffenheit der Verantwortlichen. Insbesondere im ersten Moment, was verständlich, aber dennoch übertrieben ist. Erst dieses Verhalten bringt den Verdacht, dass der Schiedsrichter sich möglicherweise dadurch hat beeinflussen lassen. Knut Kircher hat in dieser Situation aber sehr bedacht und wohl überlegt gehandelt.
Unser Autor Markus Hesselmann hat sich kürzlich in einer Kolumne anlässlich der Schwalbe von Grafite über die Berichterstattung bei strittigen Entscheidungen beschwert. Während in England immer zuerst der Spieler hinterfragt werde, ob er sich nicht hat fallen lassen und ob er auf unfaire Art und Weise einen Elfmeter schinden wollte, werde in Deutschland immer nur über die Entscheidung des Schiris diskutiert. Sehen Sie die Situation ähnlich kritisch?
Fußball soll doch Begeisterung auslösen, zur Nachahmung animieren; tolle Spielzüge, Spielwitz und Torszenen sollen das Bild des Fußballs prägen. Dann spielt der Schiedsrichter auch keine große Rolle, außer, dass er das Positive fördert. Simulationen, Reklamationen, Spiel zerstörende Aktionen zum Beispiel, also die negative Seite des Fußballs, zieht viel zu oft den Schiedsrichter in den Fokus und lässt die wahren Verursacher ungeschoren davon kommen. Die Hauptverantwortlichen für das Fairplay sind die Spieler, nicht die Schiedsrichter.