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Hallo, Herr Schmitt. Hallo?
(Unver­ständ­li­ches.)

Herr Schmitt? Hallo??
(Räus­pern.) Tschul­di­gung, meine Stimm­bänder. Sie müssen wissen: Ich war am ver­gan­genen Wochen­ende im Sta­dion – Bayern gegen Glad­bach und klinge seit fünf Tagen wie Walter Frosch nach ner Tur­nier­pa­ckung West Light. Als Thuram das 1:0 geschossen hat, bin ich brül­lend durch den Gäs­te­block gewir­belt worden und bei­nahe im kul­tigen Telekom‑T gelandet. Dieser Tor­jubel und dieses Spiel waren anders wild“, wie wir BRAVO-Sport-Leser sagen.

Ihre Borussia spielte 1:1. Ein beacht­li­ches Ergebnis gegen die Bayern.
Dafür liebe ich diese Sportart. 75.000 sehen ein Spiel auf ein Tor, aber der Underdog geht in Füh­rung. Das gibt es eigent­lich nur im Fuß­ball, weil inner­halb von 90 Minuten sehr selten Punkte erzielt werden. Durch­schnitt­lich geht ein Bun­des­li­ga­spiel 1:1 aus. Zwei Tore inner­halb von ein­ein­halb Stunden. Des­halb kommt es immer wieder zu Über­ra­schungen. Real Madrid kann theo­re­tisch gegen einen Fünft­li­gisten ver­lieren. Das wird im Hand­ball nicht pas­sieren. Das gibt’s auch nicht in der Formel 1, nicht in der NBA, nicht in der Leicht­ath­letik, vor allem nicht im Tennis. Und das ist der Grund, warum Fuß­ball die Massen so anzieht, dieses Unge­plante. Es sind die Nuancen, das Unfaire, die Ähn­lich­keit zum Leben. Es ist Theater, Soap, Wunder, Tra­gödie. Und des­halb ist meine Stimme auch so, wie sie gerade ist.

Glad­bach hat ohnehin einen guten Sai­son­start erwischt, oder?
Der Spaß ist zurück. Und das durch Kampf erar­bei­tete Glück. Denn natür­lich spielen wir größ­ten­teils end­lich wieder richtig gut, aber zur Wahr­heit gehört auch: unsere Gegner bekommen Platz­ver­weise, wir bekommen Elf­meter zuge­spro­chen und Yann Sommer hält gegen Hertha BSC und in Mün­chen fan­tas­tisch. Wenn diese Fak­toren gegen dich laufen würden, kannst du noch so gut spielen, dann bist du chan­cenlos. Dazu haben wir in Ko Ita­kura den japa­ni­schen Becken­bauer ver­pflichtet, der in einer unglaub­li­chen Serio­sität alles und jeden weg­ver­tei­digt. Eine Sekunde länger und er hätte in der Allianz-Arena die Kli­ma­pro­testler vom Pfosten los­ge­bissen, jede Wette. Super Ver­pflich­tung. Genau wie der neue Coach.

Glad­bach braucht jemanden wie Farke. Jemanden, der den Emo­tions-Defi­bril­lator ansetzt.“

Daniel Farke.
Es ist schon inter­es­sant, was ein ein­zelner Mensch aus­ma­chen kann. Ich liege wirk­lich sehr oft falsch in meinen Pro­gnosen und Wün­schen, aber ich habe schon im ver­gan­genen Jahr einem Kumpel geschrieben, dass Glad­bach jemanden wie Farke braucht. Jemanden, der den Emo­tions-Defi­bril­lator ansetzt und vom Fan­shop bis zur Geschäfts­füh­rung für Auf­bruchs­stim­mung sorgt. Sind Sie im Online-Dating firm?

Kein Kom­mentar.
Ich selbst­ver­ständ­lich auch nicht. Aber ich versuch‘s mal so: Nach der toxi­schen Fremd­ge­herei von Marco Rose und dem anschlie­ßenden Lie­bes­kummer und Miss­ver­ständnis mit Adi Hütter, daten wir nun jemanden, der uns gerade ein­fach mal gut tut.

Ver­stehe.
Dieser Typ Shrek“. Eine furcht­ein­flö­ßende Erschei­nung mit der Stimme der jungen Jean­nette Bie­der­mann: herr­lich! Wenn jemand sen­sibel ist, über Ein­füh­lungs­ver­mögen und Ober­arme wie ein Braun­koh­le­bagger ver­fügt, kommt das ein­fach an. Bei den Spie­lern, bei den Fans, bei den Medien. Er ist ein Glücks­griff.

Sie sind ja regel­recht ver­liebt!
Mir gefällt ein­fach, dass er in etwa wieder den Glad­ba­cher Fuß­ball spielen lässt, den Lucien Favre vor zwölf Jahren imple­men­tiert hat: Ball­be­sitz, ein biss­chen Lauern und geduldig sein. Ein wenig wie die Deut­sche Natio­nal­mann­schaft in den guten Zeiten unter Joa­chim Löw. Nicht dieser läs­tige Ver­such, den FC Liver­pool zu imi­tieren, nein. Wenn du gegen Glad­bach spielst, weißt du, die haben erstmal den Ball. Das mag ich, weil da etwas erkennbar ist. Und das ermög­licht auch end­lich wieder sach­li­cheren Mit­tel­feld­spie­lern wie Chris­toph Kramer, dem deut­schen Toni Kroos, ball­ver­tei­lend den Takt anzu­geben. Und zu Julian Weigl passt das auch ganz wun­derbar.

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Am 25. Sep­tember findet zum sechsten Mal der Tag der Ama­teure statt. Seid dabei!

Es scheint, als hätten auch Sie wieder Gefallen am Fuß­ball gefunden.
Ja, ich bin wieder in Gänze ange­fixt! Im ver­gan­genen Jahr gab es keine beson­dere Bin­dung zur Mann­schaft, das mit dem Trainer hat nicht so funk­tio­niert. Dazu die zwi­schen­zeit­li­chen, pan­de­mie­be­dingten Zuschau­er­be­schrän­kungen. Die Saison war irgendwie nix. Jetzt ist aber alles so wie immer, die Sta­dien sind voll, die Liga hat zwei Tra­di­ti­ons­ver­eine dazu­ge­wonnen. Das steht und fällt mit den Fans und ent­spre­chend mit dem Umgang mit der Pan­demie im Herbst. Sollte die Sta­di­on­ka­pa­zität her­un­ter­ge­schraubt werden, ist die Saison für mich wieder vorbei. Ohne volle Arenen ist Fuß­ball nur irgend­eine Sportart wie jede andere. Für mich völlig unin­ter­es­sant.