Chelsea? ManUnited? Arsenal? Nein, das beste Team der Premier League ist Leicester City. Was ist passiert? Christian Fuchs erklärt das Wunder.
Und wie wichtig ist Trainer Claudio Ranieri? Er soll die Mannschaft nach Siegen zu Pasta und Pizza einladen.
Das ist nur die halbe Wahrheit. (Lacht.) Wir müssen zu Null gewinnen, damit das passiert.
Also kam das bislang nur dreimal vor.
Um ehrlich zu sein: Nach dem 1:0 gegen Crystal Palace gingen wir groß essen, auf die zweite Einladung warten wir noch.
Ranieri war José Mourinhos Vorgänger beim FC Chelsea und führte das Team 2002 in die Champions League. Zuletzt blamierte er sich aber als Nationaltrainer Griechenlands und verlor gegen die Färöer. Eine weitere Comeback-Geschichte.
Seine vorherige Arbeit kann ich nicht bewerten. Bei uns macht er jedenfalls sehr gute Arbeit. Als Italiener liebt er die Defensive. Und er trainiert mit uns sehr effektiv das Tempospiel nach vorne. Ich habe selten einen Trainer erlebt, der sich so gut mit den Stärken seiner Spieler auskennt und diese perfekt fördert.
José Mourinho spottet gerne über ihn, weil er angeblich immer noch kein Englisch kann. Wie geht Ranieri mit so etwas um?
Ach, er ist viel zu entspannt, selbstironisch und humorvoll, um sich darüber groß Gedanken zu machen.
Welches Standing hat Robert Huth in der Mannschaft?
Er ist ein Stimmungsmacher und total akzeptiert. Außerdem hat er so viel Premier-League-Erfahrung wie kaum ein anderer Spieler. Seit dem vergangenen Wochenende ist er der Deutsche mit den meisten Premier-League-Einsätzen.
Sie sind jetzt seit einem halben Jahr in England. Wie gefällt Ihnen der Fußball dort?
Es ist anders als in der Bundesliga. Wobei ich nicht sagen möchte, dass das eine besser ist als das andere. Die Klub-Verantwortlichen lassen uns Spielern vor allem viele Freiheiten. Sie merken, dass wir ihm das auch danken.
Was sind das für Freiheiten?
In England ist das ein bisschen anders als in der Bundesliga. Zum Beispiel gibt es hier keine öffentlichen Trainingseinheiten, was ich sehr schätze. So kannst du wirklich konzentriert arbeiten. Das ist ein ganz großes Plus. Und auch abseits des Platzes habe ich das Gefühl, dass die Fans respektvoller mit den Spielern umgehen. Sie sprechen einen zwar auf der Straße an, aber es gibt eine gewisse Grenze.
Auf Schalke haben Sie vor über 60.000 Zuschauern gespielt. Jetzt vor etwa 30.000. Ein Unterschied?
Generell ist es bei Premier-League-Spielen etwas ruhiger, was auch daran liegt, dass es hier keine Ultras gibt. Aber die Fans haben ein gutes Gespür für das Spiel. Neulich, als Jamie sein elftes Tor bei Newcastle erzielte, applaudierten sogar die gegnerischen Fans. Das war ein richtiges Event. Und manchmal ist es auch hier richtig Alarm auf den Tribünen. Als meine Familie das erste Mal bei einem Heimspiel von uns war, erzählte sie danach, sie hätten ihr eigenes Wort nicht verstehen können, weil es so laut war.
Englische Fans besingen Spieler gerne mit eigenen Songs. Sie müssten ja prädestiniert dafür sein – Leicester City ist schließlich bekannt als „The Foxes“.
Die meisten Leute wissen noch gar nicht, dass Fuchs das deutsche Wort für Fox ist. Sie sprechen meinen Namen eher wie Fucks aus. Auch lustig. (Lacht.)
Apropos Aussprache. Können Sie den Namen des Besitzers aussprechen?
Keine Chance!
Wie nennen Sie denn Vichai Srivaddhanaprabha?
So viele Treffen hat es noch nicht gegeben. Er ist einer, der im Hintergrund bleibt. (Überlegt.) Vermutlich würde ich einfach „Hi, Boss“ sagen, wenn ich ihn wiedersehen würde.
Sprechen wir zum Abschluss noch über die EM-Qualifikation von Österreichs Nationalelf. Sie sind seit 2006 Teil der Mannschaft. Was hat sich seitdem im Nationalteam verändert?
Gerade in den vergangenen vier Jahren haben wir einen enormen Sprung gemacht, und ich würde mal behaupten, dass wir momentan eines der besten österreichischen Teams der vergangenen 20, 30 Jahre haben. Das beweist alleine die Tatsache, dass wir uns das erste Mal sportlich für eine EM qualifiziert haben.
Was sind die Gründe?
Vielleicht kann man das mit Leicester City vergleichen. Wir sind ein eingeschworener Haufen, wir mögen uns untereinander und viele kennen sich schon ewig und spielen schon lange zusammen. Jeder hat einfach Bock, auf dem Platz zu stehen.
In Österreich herrscht eine große Euphorie. Haben Sie Sorge, dass daraus eine unrealistische Erwartungshaltung resultiert?
Die Leute dürfen euphorisch sein, das ist ihr gutes Recht. Wichtig ist, dass wir uns realistisch einschätzen können. Erst einmal sind wir froh, überhaupt dabei zu sein. Zugleich wissen wir auch, dass wir eine schlagkräftige Mannschaft haben, die gewillt ist, jedes Spiel zu gewinnen.
Wie viel davon hat mit Trainer Marcel Koller zu tun?
Er ist ein Schlüssel zum Erfolg, denn er hält auch Spielern die Stange, die mal eine Formkrise durchlaufen. Bei mir war es ähnlich. Die Spieler danken es ihm dann mit Leistung. Es ist vermessen zu sagen: Der oder der Spieler ist gerade nicht so gut, der kann deswegen kein Fußball mehr spielen. Marcel Koller kann das alles sehr gut analysieren.
Herr Fuchs, im letzten Interview sprachen wir über Ihre Schlangen und den Wrestler „Undertaker“. Jetzt interessiert uns natürlich: Wie geht’s den Schlangen? Und haben Sie sich schon mit dem „Undertaker“ getroffen?
Die Schlangen gibt es nicht mehr. Und das Treffen steht noch aus. Aber ich bin natürlich weiterhin interessiert.