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Chris­tian Fuchs, Lei­cester City galt vor der Saison als Abstiegs­kan­didat Nummer eins. Nun führt Ihr Team die Pre­mier League an. Müssen Sie sich manchmal kneifen?
Es ist was Beson­deres, und ich bin total happy. Aber kneifen? Es steckt ja auch viel Arbeit dahinter.
 
Lei­ces­ters bis­he­rige Spiel­zeit erin­nert ein wenig an Mainz 05 in der Saison 2010/11.
Absolut. Auch damals waren wir der Underdog, und plötz­lich ran­gierten wir nach sieben Spielen und sieben Siegen auf dem ersten Tabel­len­platz. Einen ähn­li­chen Lauf und einen ähn­li­chen Spirit haben wir nun in Lei­cester. Man rückt mit jedem wei­teren Erfolg noch näher zusammen. Irgend­wann ist man mann­schaft­lich so geschlossen, dass man andere Teams, die viel­leicht indi­vi­duell besser besetzt sind, in Bedrängnis bringen kann.
 
Wissen Sie eigent­lich, was der größte Liga-Erfolg von Lei­cester City ist?
Puh. Ich glaube, Lei­cester war mal Zweiter. Ist ein biss­chen her, oder?
 
1929 war das.
1929? (Lacht.) Aber bevor Sie nach Meis­ter­schafts­träumen fragen: Unser pri­märes Ziel bleiben auch diese Saison die anvi­sierten 40 Punkte. Wenn wir das geschafft haben, können wir uns noch mal unter­halten.
 
Warum so bescheiden?
Gerade in Lei­cester haben wir gemerkt, wie schnell alles gehen kann: nach oben, aber auch nach unten. Schauen Sie nur auf die ver­gan­gene Saison: Am 30. Spieltag lagen wir abge­schlagen auf dem letzten Platz, nie­mand hat mehr einen Penny auf Lei­cester gewettet. Und dann star­tete das Team eine wahn­sin­nige Sie­ges­serie, am Ende wurde es noch Vier­zehnter.
 
Die Süd­deut­schen Zei­tung“ schrieb neu­lich: Die Tabel­len­füh­rung hat in den Mid­lands keine Euphorie aus­ge­löst, in Lei­cester blieb alles so ruhig wie sonst auch.“ Wie ist es wirk­lich?
Natür­lich geht es hier ein biss­chen ent­spannter zu als in den Metro­polen. Aber eine Euphorie spüre ich schon. Die Leute gra­tu­lieren uns zu Siegen. Alleine am letzten Montag bin ich fünf oder sechsmal auf der Straße, an der Bank und im Super­markt von Leuten ange­spro­chen worden, die sich über meine Tor­vor­lage gefreut haben. 
 
Sie spre­chen vom Spiel gegen Man­chester United, in dem Sie einen Traum­pass auf Jamie Vardy spielten. Der beste Pass Ihres Lebens?
Zu Schalker Zeiten habe ich mal einen ähn­lich guten Pass gespielt, in einem Spiel gegen Werder Bremen, 2011 oder 2012 war das. Aber was nützt die beste Vor­lage, wenn wir nicht gewinnen?
 
Sie sind ent­täuscht über ein Unent­schieden gegen den eng­li­schen Rekord­meister?
Absolut. Wir hatten die bes­seren Mög­lich­keiten und hätten das Spiel gerne gewonnen.
 
Was an Lei­ces­ters Serie beson­ders erstaunt, ist die Sta­tistik: Ihre Mann­schaft hat die schlech­teste Pass­quote der Liga, und nur zwei Teams haben weniger Ball­be­sitz. Warum gewinnen Sie? 
Das liegt an unserem System. Wir spielen einen extrem schnellen und effek­tiven Kon­ter­fuß­ball.
 
Ball­be­sitz ist also über­be­wertet?
Ich frage mich oft, was solche Werte aus­sagen. Viele Teams haben gegen uns viel mehr Ball­be­sitz, aber können keine wirk­li­chen Chancen kre­ieren, weil wir so gut stehen. So erging es zum Bei­spiel Man­chester United. Die hatten in 90 Minuten maximal ein oder zwei gute Mög­lich­keiten. New­castle, eine Woche zuvor, hatte viel­leicht eine halbe Chance. Daher ist unsere Plat­zie­rung kein Zufall.
 
Aber Siege wie gegen Aston Villa sind doch auch ein biss­chen glück­lich, oder?
Wir lagen 0:2 hinten und haben in der Schluss­vier­tel­stunde drei Tore gemacht. Klar, das nennen einige Leute Glück. Aber der Sieg basiert ja auch auf einem unbe­dingten Willen, das Spiel noch drehen zu wollen. Das hat auch viel mit Qua­lität zu tun.
 
Spre­chen wir über Ihre Mann­schaft. Am Wochen­ende traf zwar Riyad Mahrez dreimal. Aber viel­mehr wirkt Jamie Vardy wie das Sinn­bild des Erfolgs von Lei­cester City, oder?
Vor der Saison hatte ihn nie­mand auf dem Zettel. Jetzt hat er den Lauf seines Lebens. Gut für uns.
 
Vor drei Jahren spielte er noch fünft­klassig und hatte einen Nebenjob als Pro­the­sen­her­steller.
Da sieht man, dass im Fuß­ball alles mög­lich ist. Du bist nie ganz weg, du kannst immer zurück­kommen. An Jamie kann man auch gut unseren Zusam­men­halt ver­stehen.
 
Inwie­fern?
Nie­mand neidet hier anderen etwas. Uns war es beson­ders wichtig, dass Jamie den Rekord von Ruud van Nis­tel­rooy bricht. Es hat alle wahn­sinnig stolz gemacht, als er gegen Man­chester United sein elftes Tor im elften auf­ein­an­der­fol­genden Spiel gemacht hat. Aber Jamie ist nicht nur wichtig wegen seiner Tore.
 
Son­dern?
Er ackert wie ein Wahn­sin­niger, macht Meter ohne Ende und ist oft unser erster Ver­tei­diger. Gegen Man­chester hat man das gut gesehen, als er in der ersten Halb­zeit einen Ball an der Eck­fahne abgrätschte. Er ist ein Stürmer, der sehr nervig sein kann für die geg­ne­ri­schen Ver­tei­diger, die das Spiel auf­bauen wollen.