Heute vor fünf Jahren wird Davide Astori, der Kapitän des AC Florenz, tot aufgefunden. Zu Besuch bei einem Verein, der einen besonderen Spieler verloren hat.
Er sagt, dass die Fans die Spieler sofort lieben würden, wenn sie die Anhänger stolz machten. Das hänge vielleicht mit der Kultur in Florenz zusammen. Dem Dom, dem David von Michelangelo, Dante, Ponte Vecchio, den Uffizien; die Fiorentina habe jedes Wochenende auf dem Platz die Aufgabe, all das zu verteidigen. Als müsse der Fußball der Schönheit dieser Stadt gerecht werden. „Der Stolz der Stadt und die Verbundenheit des Vereins mit den Fans, das ist Astoris Vermächtnis“, sagt Antognoni.
Die neuen Spielführer der Fiorentina nach Astoris Tod tragen eine Kapitänsbinde, auf der die vier Wappen der historischen Viertel abgebildet sind. In der Mitte in schwarzer Schrift: DA13. Der italienische Fußballverband teilte dem AC Florenz mit, dass das Tragen einer personalisierten Kapitänsbinde gegen die Vorschriften verstoße. Doch die Spieler der Fiorentina antworteten öffentlich, dass man auf die Binde bestehe und die Strafen für den Verstoß bezahlen werde. Florenz ist ein romantischer Ort für Fußballfans. Die Fiorentina ist der größte der kleineren italienischen Klubs.
„Wer Florenz anfeuert, weiß, dass er leiden muss“
„Aber Titel kann immer nur ein Verein gewinnen“, sagt Giancarlo Antognoni, „und der heißt nicht Fiorentina.“ Das schmerze, sei jedoch auch Teil dieser lila Identität. Es ist diese Sehnsucht nach Erfolgen, obwohl sie meist unerreichbar bleiben, und das Aushalten der Enttäuschungen. Um dann doch jede Saison wieder damit zu rechnen, dass Florenz wirklich etwas gewinnt. „Wer Florenz anfeuert, weiß auch, dass er leiden muss.“ Als Spieler hat Antognoni fast einen Scudetto gewonnen, doch dann holte Juve einen Punkt mehr. Einen Punkt. „Fiorentina-Fans können nicht anders, ihr Herz schlägt lila“, lacht er und fügt hinzu: „Sie können doch nicht einfach Juve-Fans werden!“
Juventus ist der Erzrivale der Fiorentina, die Vereine hassen sich so sehr, dass es an einigen Bars in der Stadt Kalender zu kaufen gibt, mit Bildern, auf denen jeden Monat ein anderer Fan einen Fiorentina-Schal mit der Aufschrift „Juve Merda“ in die Höhe hält – Scheiß Juve! Als die Alte Dame im Dezember letzten Jahres erstmals seit dem Todesfall nach Florenz kam, wurde befürchtet, ihre Fans würden den Verstorbenen verhöhnen. Doch als in der 13. Minute das gesamte Stadion klatschte und der Kapo einen Namen ins Megafon rief, stimmten die mitgereisten Juve-Fans ein: Davide Astori.
Stefano Pioli sagt, der Verein hätte es ohne die Unterstützung der Fans nicht geschafft. Er trainierte im vergangenen Jahr den jüngsten Kader aller europäischen Erstligisten. Auf die Frage, was er fühle, wenn er jetzt als AC-Trainer am Seitenrand stehe, sagt er nur: „Stolz.“ Und wenn er das sagt, ein Jahr danach, den Tränen nah, glaubt man ihm. „Florenz fängt dich auf, wenn du fällst“, sagt Giancarlo Antognoni, „und dann muss die Fiorentina weitermachen.“
Warum er gestorben ist, ist bis heute unklar
Als der Schiedsrichter an diesem Abend abpfeift, und die Roma schnell im Mannschaftsbus verschwindet, feiern die Fans und die Spieler im strömenden Regen den 7:1‑Sieg, und selbst diejenigen, die letzte Saison gar nicht in Florenz spielten, werden sagen, dass sie den sensationellen Erfolg Astori widmen. Warum er gestorben ist, ist bis heute unklar. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen fahrlässiger Tötung, doch die Obduktionsergebnisse ließen Schlüsse zu, dass Astori an einer Bradykardie starb. Dass sich sein Herzschlag im Schlaf verlangsamte, bis sein Herz schließlich stehenblieb. Im Dezember wurde nochmals gegen die Ärzte ermittelt, die Astori Spieltauglichkeit ohne Einschränkungen attestiert hatten.
Nach dem Sieg über die Roma verlassen die Fans in ihren lila Ponchos das Stadion. Sie sind stolz auf ihren Klub. Der Tod des Capitano hat sie, den Verein und die Stadt näher zusammengebracht. Vielleicht so nah wie nie zuvor. Das Herz von Florenz schlägt lila. Und es schlägt stärker, seit das von Davide Astori für immer aussetzte.