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Empa­tamos“ prangte es vor 15 Jahren an einer Mauer in Argen­ti­niens Kapi­tale Buenos Aires – wir haben aus­ge­gli­chen“. Anlass für dieses zyni­sche Graf­fito war der Mord an zwei Anhän­gern River Plates, die den 2:0‑Sieg ihres Teams beim Erz­ri­valen Boca Juniors zele­brieren wollten. Es ist der nega­tive Höhe­punkt in der Geschichte des inten­sivsten Derbys der Welt – des Super­cla­sico“.

Die bri­ti­sche Zei­tung Observer“ beschei­nigte dem Super­cla­sico, das wich­tigste sport­liche Ereignis zu sein, das ein Mensch erlebt haben sollte und zudem das spek­ta­ku­lärste Derby Europas, das Glas­gower Old Firm“ zwi­schen Celtic und den Ran­gers, wie einen Schü­ler­kick aus­sehen zu lassen. Es ist aber auch ein Spiel mit Kli­schees, wenn die Armen gegen die Rei­chen antreten, die Bos­teros“ (Unrat­sammler) gegen die Mil­lio­na­rios“, die Kämpfer gegen die Tech­niker.

Dabei haben beide Ver­eine die­selben Wur­zeln, ent­stammen doch sowohl Boca als auch River dem ärm­li­chen Hafen­viertel La Boca, dort, wo der Riachuelo in den Rio de la Plata mündet. La Boca, die Heimat des Tango, war stark geprägt von ita­lie­ni­schen Ein­wan­de­rern, wes­halb sich die Boca Juniors selbst als Xen­eizes“ (Genuesen) bezeichnen. Selbst die Tri­kot­farben waren angeb­lich einst die­selben, als ver­meint­lich beide Teams in rot-weißen Jer­seys auf­liefen. 1907 soll es zum Spiel um die Ver­eins­farben gekommen sein – River gewann, und Boca musste sich farb­lich neu erfinden. Die Legende besagt, dass sich Bocas Ver­ant­wort­liche dar­aufhin am Hafen trafen und beschlossen, die Farben des nächsten ein­lau­fenden Schiffes zu über­nehmen. Das nächste ein­lau­fende Schiff war ein schwe­di­sches, und fortan spielte Boca in den Farben der schwe­di­schen Flagge – blau und gelb. Ob dies alles wirk­lich so pas­siert ist, kann keine seriöse Quelle bestä­tigen, aber es gibt Mythen, an die man ein­fach glauben möchte, und dieser gehört zwei­fellos dazu. In den 20er Jahren kehrte River dem hei­mat­li­chen Hafen­viertel den Rücken und ließ sich statt­dessen im noblen Stadt­teil Nunez nieder. Von da an war das Spiel der beiden Rivalen sozial auf­ge­laden und gewann damit end­gültig die Bri­sanz, die den Super­cla­sico so außer­ge­wöhn­lich macht.

Boca-Fans erwarten von ihren Spie­lern Mut

Die jewei­ligen Spiel­phi­lo­so­phien unter­scheiden sich fun­da­mental. Wäh­rend sich River einem tech­nisch hoch­wer­tigen Spiel ver­schreibt und Ele­ganz zur Maxime macht, gilt bei den Boca Juniors Kampf­kraft als höchstes Gut. Boca-Fans erwarten von ihren Spie­lern Mut, Durch­set­zungs­ver­mögen und Hart­nä­ckig­keit. Wegen dieses doch eher rauen Fuß­ball­ver­ständ­nisses ver­spotten sie das fili­grane River als Tän­ze­rinnen, denen die Luft aus­bleibt, wenn es im Spiel männ­lich zur Sache geht.“ Das bedeutet natür­lich nicht, dass die Geschichte der Boca Juniors frei von tech­nisch ver­sierten Spie­lern ist, denn immerhin spielte der beste argen­ti­ni­sche Fuß­baller aller Zeiten, Diego Armando Mara­dona, für die Blau-Gelben. Selbst Fan der Xen­eizes“, kam für Mara­dona ein Wechsel zu den Mil­lio­na­rios“ nie in Frage – trotz finan­ziell ver­lo­ckender Ange­bote. Ein ganzer Saal im Ver­eins­mu­seum ist der Boca-Ikone, dem Pibe de Oro“ (Gold­junge) gewidmet.

Aber auch River hat seinen Mara­dona – Enzo Fran­ces­coli, einer der größten Stars der 80er Jahre. Wie Mara­dona schloss der Uru­gu­ayer aus, jemals das Trikot des Rivalen zu tragen. Doch nicht alle Spieler waren so stand­haft wie Mara­dona und Fran­ces­coli, und so wech­selten im Laufe der Zeit zahl­reiche Akteure die Farben. Ein gewisser Cataldo Spi­tale war im Jahre 1933 der Erste, der den ver­bo­tenen“ Weg ging. Zahl­reiche Größen des argen­ti­ni­schen Fuß­balls folgten ihm, Gabriel Bati­stuta war unter ihnen, auch Claudio Caniggia oder Oscar Rug­geri. Als Rug­geri 1985 von River zu Boca wech­selte, brachte er die Schwie­rig­keiten, die ein sol­cher Wechsel mit sich bringt, auf den Punkt: Es ist nicht ein­fach. Die eine Seite betrachtet dich als Ver­räter, die andere traut dir nicht. Man braucht Zeit und einen starken Cha­rakter, um die Leute für sich zu gewinnen.“ Alfredo di Ste­fano bewies diesen nötigen Cha­rakter, und so ist er nach wie vor der ein­zige Trainer, dem es gelang, sowohl mit Boca (1969) als auch River (1981) die Lan­des­meis­ter­schaft zu erringen.