Weiter, weiter, immer weiter. Die Geschichte des Fanzines „Schalke Unser“ ist offenbar unendlich. Zum Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt erscheint die 100. Ausgabe. Würdigung eines kritischen Freundes von Mannschaft und Verein.
„Schalke Unser“ ist dabei nicht nur unverblümte Rohrpost, sondern auch sprachlicher Monolith des Ruhrgebiets. Die Rubriken heißen „Nordkurwenkommentar“, „Tacheles“ oder „Fölljetong“. Sprech und Mentalität werden im Schalke Unser zu einer Symbiose, bei der jeder Fan von Kutte bis Ultra kapiert, welchen Killefitt (Unsinn) der Vorstand geradem mal wieder fabriziert. Und sollte sich herausstellen, dass die Verantwortlichen doch die Wahrheit sagen und mit dem angeblichen Jahrhunderttransfer wirklich nichts zu tun haben, fragt das Heft14 Jahre später gerne noch einmal auf dem Titelbild nach: „Kommt jetzt endlich Edgar Davids?“ Wer solchen Fragen nachgehen möchte, kann per Spende selbst bestimmen, wie viel einem der Blick hinter die Kulissen wert ist. Das Fanzine gibt allerdings den Hinweis: „Kenner spenden 2 Euro.“
Digitalen Witterungen zum Trotz
Und die Kennerschaft ist nicht nur groß, sondern auch treu. 25 Jahre sind für ein Fußballfanzine ein biblisches Alter. Gerade in Anbetracht der typischen Schwierigkeiten: Mal ziehen sich die Gründer zurück, mal fehlt es an Ehrenamtlichen, mal an Geld oder beidem zusammen. Auch spielen Medienkultur und Rezeptionsverhalten eine entscheidende Rolle, wenn es um die Zukunft klassischer Formate geht. Allen digitalen Witterungen zum Trotz wirkt das Schalke Unser zwischen Podcasts, Blogs und sozialer Plattformen in seiner Aufmachung herrlich altmodisch.
Und doch kann kein Algorithmus dieser Welt den Vereinspuls besser fühlen und schildern als dieses kleine, feine Heftchen. Und weil es von Fans für Fans herausgegeben wird, kommt die Selbstironie, die das Leben eines Schalkers unumgänglich prägt, im „Schalke Unser“ besonders zu Wort. „Die erste Trophäe haben wir schon mal in der Tasche!“, heißt es auf einem Cover, das die Schalker Fußballgrößen Franco Di Santo und Jewhen Konopljanka jubelnd beim Tischtennis zeigt. „Geschafft! 50 Jahre keine Meisterschaft!“, ziert mitsamt goldenem Lorbeerkranz ein legendäres Titelbild. Wer das als „Kenner“ kauft, hat nicht nur das Schalke Unser, sondern auch die Bedeutung der aktiven Fanszene im Allgemeinen verstanden.
Vielleicht ist es ja ein Zeichen, dass gerade jetzt, wo offizielle Stadionzeitschriften vermehrt auf Digital-Abos umsatteln, ein Fanzine seine 100. Ausgabe feiert. Das „Schalke Unser“ ist einfach nicht kleinzukriegen, steht stur wie das Heft in der Brandung. Clemens Tönnies und Co. können sich also auch weiterhin auf humorvolle, vor allem aber auf kritische Berichterstattung freuen.