Am Samstag kommt es in Berlin zum Krisengipfel: Hertha gegen Werder. Wolfgang Sidka spielte für beide Teams, war Trainer in Bremen und arbeitete auch mit Alexander Nouri zusammen. Er müsste doch eigentlich wissen, wer gewinnt.
Was er aber nicht wahr gemacht hat.
Mit 18, 19 habe ich bei Hertha in der zweiten Mannschaft gespielt, durfte aber immerhin mit den Profis trainieren. Das war super für mich. Sonst hätte ich den Sprung nie geschafft. Ich sage immer: Im Fußball muss man auch Glück haben. Und das hatte ich. So kam ich mit gerade 18 zu meinen ersten Bundesligaspielen.
Alexander Nouri hatte dieses Glück nicht. Er hat nie ein Bundesligaspiel bestritten und wurde von Ihrem Nachfolger Felix Magath in Werders U 23 geschickt. Haben Sie seinen weiteren Weg noch verfolgt?
Erst als er in Oldenburg Trainer geworden ist. Bei dem Klub, für den ich am Ende meiner Karriere noch gespielt habe, bei dem ich Spielertrainer und Trainer war.
Am Samstag treffen Ihre beiden Ex-Klubs Hertha und Werder aufeinander. Beide stecken im Abstiegskampf. Wem fühlen Sie sich emotional stärker verbunden?
Das ist eine ganz schwierige Frage. Wirklich ganz schwierig. Hertha ist der Klub, zu dem ich schon als Kind gegangen bin. Ich war beim Skandalspiel gegen Bielefeld im Olympiastadion, ich war auch gegen den 1. FC Köln da, als es den höchsten Besuch der Bundesligageschichte gab.
Damals sollen weit mehr als die offiziell 88 075 Zuschauer im Stadion gewesen sein.
Das waren eher 100 000. Ich saß im Oberring, direkt neben dem Marathontor. Es war so voll, dass du dich kaum bewegen konntest. Wenn jemand zur Toilette wollte – keine Chance. Wir sind auch immer umsonst ins Stadion gekommen. Die Eintrittskarten haben wir selbst gebastelt.
Wie das?
Die Eintrittskarten waren leicht rötlich. Wir haben uns also ein Löschblatt in der gleichen Farbe besorgt, das fein säuberlich beschriftet und mit einer Nadel die Ecke so perforiert, dass der Ordner sie abreißen konnte.
„Ich weiß doch, wie sehr die jetzt unter Druck stehen“
Und Ihre Verbindung zu Werder?
Ich bin auch heute noch oft im Weserstadion. Das ist einfach was Besonderes. Seit gefühlt zehn Jahren spielt Werder fast nur gegen den Abstieg, aber wenn es um alles geht, steht das Stadion wie eine Wand hinter der Mannschaft. Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen: Ich hab’ mich auch gefragt, für wen ich eigentlich bin. Vor ein paar Jahren hat Hertha in Bremen mal eine Viertelstunde vor Schluss mit 3:1 geführt. Als doch noch das 3:3 fiel, habe ich mich gefreut. „Na ja“, habe ich gedacht, „vielleicht bin ich doch ein bisschen mehr für Werder.“ Ich habe 29 Jahre in Bremen gelebt, als Spieler bei Werder nicht nur eine schöne, sondern auch eine prägende Zeit erlebt. Beide Vereine liegen mir sehr am Herzen.
Machen Sie sich ernste Sorgen um den Klub?
Zur aktuellen Situation will ich gar nichts sagen. Meine Kommentare dazu braucht keiner.
Warum nicht?
Ich kenne mich bei Werder immer noch ganz gut aus. Frank Baumann, der heute Sportdirektor ist, wollte ich schon als Spieler zu Werder holen, als ich dort Trainer war. Er ist dann ein Jahr später gekommen. Und Marco Bode …
… der Chef des Aufsichtsrats …
… hat während meiner Zeit als Trainer die Tore geschossen. Ich weiß doch, wie sehr die jetzt unter Druck stehen. Das hat mit Respekt zu tun. Beide Vereine brauchen jetzt absolute Ruhe. Kommentare von außen – das hilft einfach nicht.