Adi Hütter muss sich rechtfertigen, in Italien haben sie auch große Pokale und Marco Reus‘ EM-Verzicht stößt nicht überall auf Verständnis: Unser Newsletter „11FREUNDE am Morgen“.
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Immer eine Frage der Perspektive. Hätte man den Anhängern der Frankfurter Eintracht vor der Saison gesagt, dass am Ende die Qualifikation zur Europa League stünde, hätte wohl jeder Fan freudig reagiert. Konstant oben mitzuspielen, mit kleinerem Etat als Bayern, Wolfsburg, Dortmund und Leipzig, ist nach wie vor für die Eintracht nicht selbstverständlich. Und doch geriet die gestrige Pressekonferenz vor dem letzten Heimspiel gegen Freiburg beinahe zum großen Scherbengericht. Der nach Gladbach abwandernde Coach Adi Hütter rechtfertigte sich, als sei er gerade abgestiegen. „Auch bei mir ist die Enttäuschung noch immer sehr groß, dass wir es gemeinsam nicht geschafft haben, etwas Historisches zu vollbringen. Das wäre der Platz in der Champions League gewesen“, sprach er mit gedämpfter Stimme. „Ich bin genauso enttäuscht wie sehr viele andere Menschen auch“.
Und das ist ihm, bei aller Feindseligkeit, die ihm in den letzten Wochen entgegengeschlagen ist, auch abzunehmen. Denn die Niederlagenserie, mit der die Eintracht sieben Punkte Vorsprung auf den BVB und ihre Chance auf die Königsklasse verspielte, verdarb Hütter am Ende auch ein wenig die herausragende Gesamtbilanz. Denn man sollte nie vergessen, dass Hütter ein schweres Erbe antrat. Niko Kovac hatte der Eintracht mit dem Pokalsieg einen großen Triumph, seinem Nachfolger aber auch eine schwere Bürde hinterlassen. Aber Hütter meisterte die Herausforderung, transformierte den agressiven Konterfussball seines Vorgängers in ein stabileres System und etablierte die Eintracht als eine Art erster Verfolger der Spitzengruppe.
Unbestritten, dass Hütter seinen Weggang besser hätte orchestrieren können. Und unglücklich, dass sich nahezu zeitgleich auch noch Fredi Bobic vom Acker machte. Aber Hütter ist ein verdienstvoller Trainer, wie ihn sich die Eintracht in den letzten Jahren keinen besseren hätte wünschen können.
Neue Designs. Angesichts der etwas dröge auslaufenden Saison wenden sich die Anhänger des FC Bayern den wirklich wichtigen Dingen zu, nämlich der Frage, wie denn das neue „Pre match“-Trikot des FC Bayern aussieht. Das wurde nämlich gestern geleakt, veröffentlicht, was weiß ich. Auf jeden Fall ist das Design ein wenig gewöhnungsbedürftig, je nach Lichteinfall gemahnt es entweder an den Flecktarn eines Rekruten in der Grundausbildung oder an die Sitze der Berliner U‑Bahn. Trötzlich ist aber zu wissen, dass sich die Designer schon in der Vergangenheit nicht allzuviel Mühe gaben. Mal ließen sie sich von einer EKG-Nadel inspirieren, mal verzichteten sie ganz auf Gestaltung, mal ließen sie offenbar den VHS-Kurs „Abstrakte Malerei“ an die Trikots. Insofern fast ein Fortschritt.
Schwergewicht. Gestern spaßte ich ein bisschen über die Größe des Pokals, den der Meister der slowenischen Liga überreicht bekommt. Aber nach dem Anblick der Trophäe, die Juventus für den Sieg im Endspiel der Coppa Italia gegen Atalanta Bergamo überreicht bekam, möchte ich mit Crocodile Dundee sagen: „Das ist doch kein Pokal. DAS ist ein Pokal!“ Es war übrigens das erste Mal seit 2018, dass Juve wieder Pokalsieger wurde. Außerdem war es das letzte Spiel von Gianluigi Buffon für den Klub. Aufhören will der Keeper auch im betagten Alter von 43 Jahren noch nicht. Er gab bekannt, er suche nun „einen verrückteren Verrückten“ als sich, der ihn nochmal unter Vertrag nimmt.
„Zuallererst müssen wir unsere Hausaufgaben in Bremen erledigen, aber wir sind auf ein passendes Ergebnis in Berlin angewiesen. Wenn das nicht stimmt, dann haben wir ein Problem“
Wette verloren. Warum der Präsident und der Coach des portugiesischen Erstligisten Santa Clara in Kuh-Kostümen zur Pressekonferenz erschienen? Die beiden hatten für den Fall der Qualifikation für die UEFA Conference League versprochen, als Rinder verkleidet vor der Presse aufzukreuzen. Eine stimmungsvolle Reminiszenz an die Herkunft des Klubs von den Azoren, der Heimat der glücklichen Milchkühe.
Falsche Prioritäten. Die Absage von Marco Reus traf bundesweit auf großes Verständnis. Halbfit zu einem Turnier zu reisen, um anschließend wieder über Monate dem Klub zu fehlen, macht wenig Sinn. Erstaunlich, dass sich trotzdem jemand fand, der Reus der Wehleidigkeit zieh, nämlich Lukas Martin von „t‑online“. Der schrieb: „Ein ganzes Heer von Profis würde auf Krücken nach München humpeln, um beim ersten Spiel dabei zu sein. Gegen Frankreich. Den Weltmeister“ und schloss markig: „Es ist die EM, verdammt nochmal!“. Und da hat er ja recht. Es ist tatsächlich nur die EM, verdammt nochmal. Ich erinnere in diesem Zusammenhang immer gerne an René Adler, der kurz vor Ende seiner Karriere mal zu mir sagte, sein großes Ziel sei angesichts des körperlichen Verschleiß’ als Profifussballer mit 40 Jahren noch schmerzfrei mit dem Nachwuchs im Park Fußball spielen zu können. Und das wünschen wir Marco Reus auch.
Der tägliche Friedhelm. Auch am Donnerstag hat Kölns Trainer Funkel mal wieder über die Teilnehmer des Abstiegskampfes und deren Gegner philosophiert. Diesmal waren die Gldbacher dran, die in Bremen antreten. Funkel hatte erstaunliche Erkenntnisse zu verkünden: „Das sind Sportler, das sind hochambitionierte Fußballspieler. Christoph Kramer hat ja gesagt, dass sie voll motiviert sind, die Conference League zu erreichen.“ Schau an, man wäre nicht drauf gekommen.
Ich wünsche einen hochambitionierten und voll motivierten Freitag!