Am schlimmsten war vielleicht, dass sie nicht aufhörten. Dass sie nicht auskuppelten, in den In-fünf-Tagen-geht-es-doch-schon-weiter-Modus schalteten und es dann mal gut sein ließen. Dabei war das Spiel doch spätestens nach einer guten Stunde endgültig entschieden, nach dem 5:2, das ein Außenverteidiger vorbereitete und der andere ins Tor schoss. Der unglaubliche Alphonso Davies legte für den unglaublichen Joshua Kimmich auf. Aber da waren noch neun weitere Unglaubliche, am Ende sogar 16, die einfach nicht aufhörten.
Sie hörten aber nicht deshalb nicht auf, weil sie etwas beweisen wollten. Oder weil sie noch eine Rechnung offen hatten, die hier und jetzt für immer beglichen werden musste. Oder weil sie Arturo Vidal seine Kampfansage tief in den Rachen zurück stopfen wollten. Für die Bayern gehe es „nicht gegen ein Team aus der Bundesliga, sondern die beste Mannschaft der Welt“, hatte er gesagt. Sie hörten einfach deshalb nicht auf, weil Hansi Flick diesen FC Bayern in eine Mannschaft verwandelt hat, die prinzipiell nicht aufhört.
Die Logik dahinter hat der Bayern-Trainer in einem Interview erklärt, das in der nächsten Ausgabe von 11FREUNDE zu lesen sein wird, die in der kommenden Woche erscheint. „Nur wenn wir alles gegeben haben, fühlt sich ein Sieg wirklich gut an“, sagt er da. Und auf die Rückfrage, ob sich nicht jeder Sieg gut anfühlt, antwortete er: „Schon, aber es geht um die Art und Weise. Überzeugend zu spielen und zu gewinnen, bewahrt das Urvertrauen in deine Stärke. Deshalb muss jeder Gegner unseren Willen und unsere Mentalität spüren.“ Und das bis zur letzten Minute.
Es ist im Grunde eine Neuversion des „Immer weiter“, das in der DNA des Klubs eingeschrieben ist. Vorher bedeutete es, dass immer weiter gemacht wird bis zum Sieg, nun reicht das nicht mehr. Jetzt geht es immer weiter, bis man alles herausgeholt aus einem Spiel und müde und komplett zufrieden ins Bett sinken kann. Wenn der Gegner dabei auf eine Weise zerstört wird, die bei ihm alles in Frage stellt, dann ist das eben so. Seit Hansi Flick übernommen hat, hat die Mannschaft 16 mal vier oder mehr Tore geschossen. Auf diese Weise kommt ein sich selbst verstärkender Mechanismus in Gang, der dazu führt, dass man kaum mal eine Mannschaft gesehen hat, die über so viel Selbstbewusstsein verfügt, wie der FC Bayern dieser Tage.