Der DFB wird kritisiert, weil sein Präsidium die Wiederwahl von Fifa-Präsident Gianni Infantino einstimmig begrüßte. Dabei gibt es dafür gute Gründe.
Die Antwort liefern zwei ehemalige DFB-Präsidenten. Zum einen: Reinhard Grindel. Ausgerechnet er hatte im Mai 2017, noch zu Beginn seiner Amtszeit, seine erste Kongresswoche des Fifa-Exekutivkomitees „mit gemischten Gefühlen“ verlassen. Im Inland wurde der DFB mal wieder dafür kritisiert, dass er im entscheidenden Rahmen keine Zeichen gesetzt hätte. Im Ausland hingegen wurde Reinhard Grindel dafür gelobt, dass er „die üblen Tricks“ (Daily Mail) von Gianni Infantino aufgedeckt habe. Es war die Sitzung, in der die Justiziare Borberly und Eckert abgelöst werden sollten. Grindel soll sich vehement für Eckert und Borberly eingesetzt und bei der Abstimmung sogar enthalten haben. Ein nutzloser Symbolakt, aber innerhalb der abnickenden Gepflogenheiten der Fifa ein Affront.
Grindel legte sich auch danach noch öfters mit Infantino und der Fifa an. Kritisierte öffentlich, wenn auch für die deutsche Öffentlichkeit nicht laut genug, und gab intern Widerworte. Gut möglich, dass Grindel die Rolle des Reformers durchaus ernst nahm. Allein mit seiner Art spielte er sich immer weiter ins Abseits. Als Grindel einen Besuch von Infantino bei EM-2024-Mitbewerber Türkei in einem Brief anmahnte und sich solche Einflussnahme in der Folge verbat, weil er um den Erfolg seines eigenen Prestigeobjekts fürchtete, antwortete Infantino einen Monat später: „Erst einmal muss ich meine Überraschung und Enttäuschung über den Ton und den Inhalt Ihres Briefes zum Ausdruck bringen.“ Ein gravierender taktischer Fehler von Grindel, der mehr und mehr seinen eigenen Einfluss überschätzte.
Die Fifa macht abhängig
„Wer in einem solchen System den Mut zur Wahrheit hat“, erklärte sein Vorgänger, Dr. Theo Zwanziger, in einem 11FREUNDE-Interview (»> Das Heft zum Interview), „gilt als Nestbeschmutzer“. Die Fifa, das wusste Zwanziger aus eigener Erfahrung, habe ein Problem mit „Abhängigkeitsverhältnissen in einem korruptionsgeneigten Umfeld.“
Denn der unehrenhafte Abgang von Reinhard Grindel nach dem Skandal um eine geschenkte Luxusuhr hatte für den DFB auf der Bühne des Weltfußballs verheerende Folgen. Mit Grindel verlor der deutsche Fußball auch seinen Sitz im Fifa-Exekutivkomitee. Ihn ersetze der Franzose Noel Le Graët. Frühestens am 3. März 2020, beim Uefa-Kongress in Amsterdam, hätte die Deutschen eine Chance, um einen eigenen Kandidaten für die Fifa zur Wahl zu stellen – das sie den Sitz auch bekommen, ist aber längst nicht sicher.
Das Ziel des DFB
Und so stimmte der DFB, der durch die Ära Grindel gewaltig an Einfluss verloren hat, mit ein in den Applaus aller Mitgliedsverbände, als Infantino per Akklamation für eine weitere Legislaturperiode bestätigt wurde. Ohne Widerworte, ohne Symboliken, die nichts verändert, sondern nur das Ziel der Deutschen gefährdet hätten: einen erneuten Sitz im Komitee. Im Sinne des deutschen Fußballs ist diese Duckmäuserei also notwendig.
Zwanziger sagte über seine Zeit: „Ich wollte unbedingt an einer Fifa-Reform mitwirken. Wenn ich aber einen Kriegsschauplatz herbeigeführt hätte, wäre das Unverständnis bei vielen groß gewesen und meine Möglichkeiten eingeschränkt worden. Da muss man manchmal um der Sache willen mit den Wölfen heulen.“ Es scheint, als würde der DFB in nächster Zeit viel heulen. Den Ton wird Infantino angeben.