Mit ihm sollen Mats Hummels und Jerome Boateng bei der Nationalmannschaft in Vergessenheit geraten. Warum Niklas Stark sich vor Nachrichten nicht retten konnte, wo er seine Zukunft sieht und weshalb er im Moment quasi keine Fehler macht.
Nationalspieler Niklas Stark – wie hört sich das an, Herr Stark?
Klingt grundsätzlich gut. Aber noch ist es ja nicht so weit. Jeder Fußballer träumt doch davon, für sein Land spielen zu dürfen. Es war schon etwas Besonderes, mit der U 21 und der U 19 Europameister zu werden, aber jetzt für die Nationalmannschaft nominiert zu sein, ist natürlich eine besondere Auszeichnung und ein großer Schritt für mich. Ich freue mich total drauf, für mich ist das der Ansporn, weiter Woche für Woche richtig Gas zu geben.
Was hat Ihnen der Bundestrainer gesagt?
Dass ich dabei bin. (lacht)
Wie sehr haben Sie der Nominierung am Freitag entgegengefiebert?
Natürlich hatte ich das im Hinterkopf. Wenn ich jetzt was anderes sagen würde, würden Sie wahrscheinlich denken: Was ist denn mit dem los? Aber ich habe nicht zu Hause gesessen und gegrübelt: Ja, nein oder vielleicht. Ich habe auch keine Pro-und-Kontra-Liste aufgestellt, ob ich wohl nominiert werde. Man darf nicht vergessen, dass wir mit Hertha ein schwieriges Spiel vor der Brust hatten. Darauf habe ich mich konzentriert.
Aber als Joachim Löw Thomas Müller, Mats Hummels und Jerome Boateng aus der Nationalmannschaft verabschiedet hat, haben Sie da nicht mal gedacht: O, da werden ja jetzt zwei Plätze in der Innenverteidigung frei?
Es war kaum zu vermeiden. Was meinen Sie, was ich für Nachrichten bekommen habe?
Hat Löws Entscheidung Sie überrascht?
Ich glaube, die hat jeden überrascht. Mats, Thomas und Jerome haben sehr lange für die Nationalmannschaft gespielt, sie haben unglaublich viel erreicht und spielen immer noch einen sehr guten Fußball. Wenn man Mats im Hinspiel gegen Liverpool gesehen hat: Das war schon sehr, sehr stark. Aber der Bundestrainer hat eine Entscheidung getroffen und die gilt es zu akzeptieren.
Wenn man sich Ihren Werdegang anschaut: U‑19-Europameister, U‑21-Europameister –, dann ist die A‑Nationalmannschaft in gewisser Weise eine logische Konsequenz.
Ich habe schon oft gesagt: Natürlich ist es die Nationalmannschaft ein Ziel. Aber wie kommt man in die Nationalmannschaft? Nicht über Reden, sondern nur über Leistung in der Bundesliga.
Pal Dardai, Ihr Trainer, hat am Wochenende gesagt, dass Sie inzwischen fast fehlerfrei spielen, nachdem Sie in der Vergangenheit gelegentlich Lehrgeld hätten zahlen müssen.
Das habe ich gar nicht mitbekommen. Natürlich ist es schön, wenn er so etwas sagt. Für junge Spieler ist es normal, dass sie Fehler machen. Aber alte Spieler machen auch Fehler. Selbst Toni Kroos hat wahrscheinlich schon zweimal den gleichen Fehlpass gespielt. Nur redet da niemand mehr von Lehrgeld. Da sind es einfach Fehler. Fehler sind Teil des Fußballs. Aus Fehlern lernt man. Wichtig ist, wie man mit ihnen umgeht – und wie man sie wieder ausbügelt.
Wie gehen Sie damit um?
Der Trainer hat doch gesagt, ich mache zurzeit keine Fehler (lacht). Nein, Spaß. Man darf sich von einem Fehler nicht beeinflussen lassen, muss das einfach ausblenden. So wie bei meinem Eigentor gegen Mainz. Sobald der Fehler passiert ist, ist es in gewisser Weise egal – weil du ihn sowieso nicht mehr rückgängig machen kannst. Das muss man gerade als junger Spieler erst lernen. Viele sind nach einem Fehler übermotiviert. Sie wollen es unbedingt wieder gut machen, machen und tun alles – und gehen dann vielleicht auch Wege, die nicht so gut sind, weil sie dem Gegner Räume eröffnen. Man muss einfach ruhig bleiben.
Haben Sie das auch erlebt?
Ja, natürlich. Da muss jeder jüngere Spieler mal durch. Aber mir geht es gerade ein bisschen viel um Fehler. Jeder Fehler hat mich dahin gebracht, wo ich jetzt bin. Genauso jede gute Aktion, jede entscheidende Aktion, jedes Tor. Das gehört zu mir. Alles ist gut.
Reden wir über die Anerkennung, die Sie gerade erhalten: die Nominierung für die Nationalmannschaft, das angebliche Interesse großer Vereine, erst Bayern, jetzt Dortmund. Was macht das mit Ihnen?
Gar nichts. Was irgendwann passiert, lasse ich einfach auf mich zukommen. Im Moment gilt mein Fokus allein Hertha.
Was geht mit Hertha noch?
Wenn wir wirklich noch mal angreifen wollen, müssen wir eine kleine Serie starten. Das wissen wir auch. Bis zum Saisonende stehen noch Spiele an, die wir auf jeden Fall gewinnen können – wenn wir da alles reinhauen. Es ist noch was drin. Wie viel, das wird man am Ende sehen.
Weil ein intelligenter Spieler wie Sie auch ein paar unangenehme Fragen vertragen kann…
… ich werde sowieso ausweichen (schmunzelt).
Wie weit hängt Ihre persönliche Karriereplanung vom Abschneiden des Vereins ab?
Gut formuliert. Ich bin keiner, der nach einem guten Spiel sagt, dass er jetzt für irgendeinen Weltverein spielen muss. Aber ich sehe mich nach einer schlechten Leistung auch nicht gleich als Zweitligaspieler. So bin ich nicht. Ich versuche nicht, mich irgendwohin zu denken. Ich versuche, konstant meine Leistung zu bringen. Nach der Saison setze ich mich hin und ziehe ein Fazit, und dann wird man sehen. Wir haben jetzt eine wichtige Phase mit Hertha. Das zählt.
Mit wem ziehen Sie Bilanz?
Vor allem mit mir selbst. Wie viel Prozent von meinem Potenzial ich abgerufen habe, das kann ich schon ganz gut einschätzen. Wo ich aber im Gesamtvergleich zu anderen Spielern stehe, das ist schon schwieriger. Das mache ich eher mit meinem Berater. Ich habe ein gutes Verhältnis zu ihm, deshalb sagt er mir auch ehrlich die Meinung. Und für persönliche Sachen stehen natürlich meine Eltern bereit. Aber ob ich fußballerisch einen Schritt nach vorne gemacht habe oder nicht – ich glaube, mit der Einschätzung wäre die Mama dann doch ein bisschen überfordert (lacht).