Herr Falkenmayer, im aktuellen 11FREUNDE-Heft ist eine Reportage über die Eintracht erschienen. Menschen im Umfeld des Vereins erzählten uns, dass sie noch immer wissen, wo sie am Tag des Lizenzentzugs der Eintracht waren und was sie in gerade gemacht haben. Wissen Sie es noch?
Wenn ich ehrlich bin: Nein, ich weiß es nicht mehr. Wann war das noch mal?
Im Sommer 2002.
Ach so. Ich war da ja nicht mehr bei der Eintracht. In Frankfurt habe ich 1996 aufgehört zu spielen. Aber wo war ich da? Wahrscheinlich bei der Arbeit.
Wo arbeiten Sie heute?
Ich arbeite in Darmstadt bei einem Großhandel für Laminat und Parkett.
Wann waren Sie das letzte Mal im Schwimmbad, schließlich sind sie gelernter Schwimmmeistergehilfe?
Ich glaube, irgendwann im letzen Jahr. Danach habe ich noch eine Ausbildung zum Automobilkaufmann gemacht. Schwimmen ist eigentlich kein Hobby von mir. Ich mag das kalte Wasser nicht.
Beim Spiel Juventus Turin gegen Eintracht Frankurt im Uefa-Cup 1995 veräppelte sie Fabrizio Ravanelli. Er rief „Falke“, und sie spielten ihm den Ball zu. Woher kannte er ihren Spitznamen?
Ich nehme an, er hat ihn im Spiel von meinen Mitspielern gehört. Das war schon lustig. Nach dem Spiel haben wir beide darüber gelacht.
Nach dem Drama von Rostock und der verspielten Meisterschaft 1992 sagte Uli Stein, dass nur Sie, Manni Binz, Ralf Weber und er selbst Kämpfer für diese Meisterschaft gewesen war. Wie sahen sie das Spiel? Was lief da verkehrt bei der Eintracht?
Das stimmt so nicht, was der Uli damals gesagt hat. Nicht nur wir haben gekämpft. Die Meisterschaft haben wir eigentlich schon eine Woche vorher zu Hause gegen Bremen verspielt. Da führten wir mit 2:0 und spielten am Ende nur unentschieden. Beim letzen Spiel in Rostock war es dann schwer. Hansa war schon abgestiegen und konnte frei aufspielen. Wir mussten gewinnen, haben es aber eben nicht gepackt. Dann war da noch diese Fehlentscheidung… Ach, wir hatten es in der eigenen Hand. Es war halt schade – so leicht wie damals, Deutscher Meister zu werden, war es nie mehr.
Laut einer Statistik schossen Sie in einer Saison, in der Sie als Verteidiger geführt wurden, mehr Tore, als Sie je als Mittelfeldspieler machten. Was war damals ihre eigentliche Position?
Das muss am Anfang meiner Profikarriere gewesen sein. In den ganz frühen 80ern. Ich kam für das Eintracht-Idol Willi Neuberger in die Mannschaft. Er spielte linker Verteidiger, hatte sich verletzt und ich spielte auf seiner Position. Ich konnte da viel nach vorne machen. In der Jugendnationalmannschaft spielte ich eine ähnlich Rolle.
Welche Erlebnisse zählen zu den Höhepunkten ihrer Karriere?
Die schönsten Erinnerungen habe ich an die gewonnene Jugendeuropameisterschaft 1981 in Deutschland. Mit der Eintracht ist es der 1:0 Sieg im Uefa-Cup in Neapel 1994. Ich habe das Tor geschossen. Es gibt mehrere große Spiele, an die ich mich erinnere. Schön und emotional war auch die Saison 1991/92, obwohl es am Ende nicht für die Meisterschaft reichte. Wir waren spielerisch so stark.
Und das Uefa-Cup-Finale 1988 mit Bayer Leverkusen?
Da war ich der einzige, der seinen Elfmeter verschossen hatte. Aber wir haben ja trotzdem gewonnen.
Sie spielten, bis auf zwei Jahre in Leverkusen, immer bei der Eintracht. Was bedeutet der Verein für Sie?
Es ist der Verein, in dem ich groß geworden bin. Ich war seit dem ersten Jahr A‑Jugend dort. Vorher spielte ich bei meinem Heimatverein den SV Niederursel. Ich komme ja auch aus Frankfurt. Der Verein liegt mir schon am Herzen.
Was halten sie von der aktuellen Mannschaft der Eintracht?
In der letzen Saison waren sie besser. Dort, wo sie jetzt stehen, gehören sie nicht hin. Mit dem Abstieg sollten sie nichts mehr zu tun haben. Sie gehören ins obere Mittelfeld.
Welcher Spieler ist für die Mannschaft am wichtigsten?
Darum geht es nicht. Es muss eine geschlossene Mannschaft sein. Jeder Spieler ist auf seine Art und Weise wichtig für das Team.
Und wer hat das größte Talent?
Fenin ist stark. Spycher ist auch ein Guter. Aber ich will keinen herausheben. Wenn alle ihr Potenzial abrufen, ist jeder stark. Aber man ist eben Mensch und nicht Maschine. Manchmal ist es eben so: Der Wille ist zwar da, aber das Fleisch ist schwach.
Haben Sie nach Ihrer Karriere das Leben als Profispieler vermisst?
Auf jeden Fall! Ich habe 1996 bei der Eintracht aufgehört und war danach noch von Oktober bis März bei Eintracht Trier. Dort habe ich mir das Sprunggelenk gebrochen. Das war dann eine harte Zeit für mich. Ich spiele ja, seit ich fünf bin. Profi zu werden, das war schon immer mein Traum. Fußball war mein Leben. Als ich mir die Verletzung zuzog, war ich 34 und so, auf diese Art und Weise, aufhören wollte ich nicht. Ich war dann ein halbes Jahr in der Reha, aber den Fuß konnte ich danach nur noch bis zu einen gewissen Punkt belasten. Die Bewegungen, die man im Spiel braucht, waren nicht mehr drin. Es ging halt nicht mehr. Das war schon schwierig damals. Ich hatte aber meine Familie, meine Frau, die mir geholfen hat.
Trainieren Sie noch diese Bezirksligamannschaft, ihren Heimatverein?
Ja. Ich bin seit fünf Jahren Trainer beim SV Niederursel.
Sie kommen selbst aus der Bundesliga. Überfordern Sie nicht manchmal ihre Spieler?
Manchmal vielleicht. Klar habe ich Ansprüche. Ich muss dann schon Abstriche machen. Hauptsächlich reizt es mich eine Mannschaft, die aus verschiedenen Charakteren besteht, so hinzubiegen, dass sie Spaß und Erfolg hat. Der SV Niederursel ist außerdem mein Heimatverein. Meine Familie und ich sind da sowieso sehr engagiert. Es macht mir Riesenspaß, dort zu trainieren.