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Auf den ersten Blick wirkt er so harmlos. Fast unauf­fällig. Okay, da ist sein unver­wech­sel­barer roter Voll­bart. Aber sonst nimmt man ihn zunächst nicht son­der­lich wahr. Sobald er aber den Platz betritt, ent­faltet er seine ganze Wir­kung. Xabi Alonso ist kom­pro­misslos. Grät­schen, Ball erobern und mit einem Dia­go­nal­pass das Spiel eröffnen – das ist sein Spiel. Als bei der EM 2008 der Höhen­flug der spa­ni­schen Natio­nalelf begann, musste er sich zunächst mit der Reser­vis­ten­rolle begnügen. Noch war kein Platz für ihn im Team. Aber er bewies Geduld, die sich gelohnt hat. Heute, sechs Jahre später, ist er einer der besten Mit­tel­feld­spieler der Welt. 

Lob von Khe­dira

Alonso hat viele Qua­li­täten: Er ist ein kluger Stra­tege. Seine Pass­quote ist beein­dru­ckend, die Spiel­ver­la­ge­rungen beherrscht kein Profi so wie er“, sagt sein ehe­ma­liger Kol­lege Sami Khe­dira. Als er 2009 aus Liver­pool zu den König­li­chen wech­selte, sollte er die Lücke zwi­schen Angriff und Abwehr schließen, die der Haupt­grund war, dass Real die avi­sierten Titel schuldig blieb. Alonso brachte auf Anhieb Ord­nung ins Spiel. Gemeinsam mit Luka Modric zog er im defen­siven Mit­tel­feld die Strippen, und die vier Angreifer erle­digten den Rest. Die Folge: Eine Meis­ter­schaft, zwei Pokal­siege und in der ver­gan­genen Saison konnte Real auch end­lich den ersehnten zehnten Titel in der Cham­pions League gewinnen. 

Kein Wunder, dass Alonso unter Kol­legen ein hohes Ansehen genießt. Als Spieler stellt er sich stets zu ein­hun­dert Pro­zent in den Dienst der Mann­schaft. Er ist nicht nur ein fili­graner Ball­ver­teiler, son­dern auch ein zwei­kampf­starker, aggres­siver Kämpfer. Die Ver­tei­diger können sich darauf ver­lassen, dass – steht Alonso auf dem Rasen – kaum Bälle durch das Zen­trum gespielt werden. Mit dieser Form der Absi­che­rung gibt er seinen Stürmer reich­lich Gele­gen­heit, Risiken ein­zu­gehen..

Und ein Mann mit diesen Fein­heiten findet nun – im reifen Alter von 32 Jahren – den Weg an die Säbener Straße. Schön und gut, könnte man meinen. Den­noch ist der Transfer ver­wun­der­lich. Schließ­lich herrscht gerade im Mit­tel­feld der Münchner ein Über­an­gebot an her­aus­ra­genden Prot­ago­nisten. Es gibt also nur eine logi­sche Erklä­rung für den Königs­transfer: Pep Guar­diola will den Mit­tel­feld­stra­tegen auf seine alten Tage zum Abwehr­spieler umfunk­tio­nieren.

Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Nach der schweren Kreuz­band­ver­let­zung von Javier Mar­tinez im Supercup stellte sich die Frage, wer bis zu dessen Gene­sung die zen­trale Posi­tion in der Drei­er­kette besetzen soll. Guar­diola hatte sich auf Mar­tinez fest­ge­legt, nach dessen Aus­fall fehlte intern nun ein adäquater Ersatz. Xabi Alonso sollte mit dieser Rolle keine grö­ßeren Pro­bleme haben. Sein Alter spricht für einen Wechsel in die Abwehr. Zudem neigt er nur selten dazu, Kurz­pässe auf die Stürmer zu spielen. Im Gegen­teil: Alonso baut das Spiel durch Quer­pässe auf und über­rascht mit langen Dia­go­nal­bällen. Doch Pep Guar­diolas Ansprüche an einen gelernten Mit­tel­feld­spieler sind bekann­ter­maßen andere. Philipp Lahm, Thiago Alcantara und Bas­tian Schwein­steiger suchen den direkten Weg zum Tor – sie müssen auf ihren Posi­tionen die Kon­kur­renz von Alonso also nicht fürchten.

Gera­dezu ein Schnäpp­chen

Guar­diola lässt sich mit der spek­ta­ku­lären Neu­ver­pflich­tung also auf ein Expe­ri­ment ein. Es ist ein kost­spie­liges Unter­fangen, aber die Bayern können sich der­ar­tige Extra­va­ganzen inzwi­schen erlauben. Für den Neu­zu­gang aus Madrid zahlen sie zehn Mil­lionen Euro Ablöse. Im Ver­gleich zu anderen Trans­fers dieses Kali­bers gera­dezu ein Schnäpp­chen. Zumal ein Profi mit der welt­um­span­nenden Bekannt­heit eines Xabi Alonso allein für das Klub­mar­ke­ting einen immensen Gegen­wert dar­stellt.

Es spricht für seinen großen Ehr­geiz, dass er die letzten Jahre seiner Kar­riere nicht für ein astro­no­mi­sches Salär in einem Golf­staat, Russ­land oder der USA ver­bringt, son­dern es in Mün­chen offenbar noch einmal wissen will. Sollte er aber nicht in der Lage sein, Guar­diolas Ansprü­chen zu genügen, könnte es auch schnell unge­müt­lich für ihn werden. Denn eins ist sicher: Der Kata­lane auf der Bayern-Bank wird sich gut über­legt haben, was er von Alonso will. Und der hat im Gegenzug sicher kein großen Inter­esse, noch einmal so viel Geduld auf­zu­bringen, wie damals, 2008, als Luis Ara­gones ihn auf der Bank schmoren ließ.