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Heiner Back­haus hat nichts ver­lernt. Mit Leich­tig­keit wech­selt er zwi­schen den Spra­chen. Eng­lisch, Grie­chisch, Spa­nisch, Deutsch und wieder zurück. There is no ques­tion who is the better team“, röhrt der Trainer seine Ansprache durch die Kabine, because we have the better players.“ Die Spieler sitzen mit großen Augen vor ihm, fünf Spa­nier, ein Argen­ti­nier, ein Litauer, ein Japaner, ein Grieche, ein US-Ame­ri­kaner, ein Koreaner und eine Hand­voll Deut­sche.

Die meisten von ihnen haben bis­lang Pro­fi­fuß­ball gespielt, dritte spa­ni­sche Liga oder erste Liga in Litauen und Thai­land. Nun sind sie in Leipzig gelandet und treffen auf den Bischofs­wer­daer FV. Ihr Verein, der FC Inter Leipzig, hat vor ein paar Monaten das Spiel­recht des SV See 09 über­nommen und darf des­wegen in der Sach­sen­liga mit­spielen. Inter ist ein Pro­jekt, ein Traum von zwei Fuß­ball­lieb­ha­bern, sagen die einen. Inter ist ein zweites RB Leipzig, schimpfen die anderen. Und der Rest fragt sich: Wie wahn­witzig muss man eigent­lich sein, um in der ver­rückten Fuß­ball­land­schaft Leip­zigs noch einen Verein zu gründen?

Vieles erin­nert an RB

Auch in Bischofs­werda fühlen sich viele Fans an die frühen Jahre des Brause-Klubs erin­nert, statt roter Bullen prange nun eben ein gelbes Ein­horn auf dem Wappen. Schon das ver­stehen sie nicht. Ein Ein­horn im Fuß­ball? Was soll das? Na, das ist ein sagen­um­wo­benes Tier, erklären die Inter-Ver­ant­wort­li­chen. Und das stehe eben für Inters Weg. Die meisten Spieler haben das Glück, dass sie die Kom­men­tare frus­trierter Klein­städter nicht ver­stehen.

Die feind­se­lige Stim­mung können sie aller­dings kaum igno­rieren. Ich hoffe, im Winter zu einem höher­klas­sigen Verein zu wech­seln“, sagt Hayato Wakino. Bis zum Sommer spielte der 21-jäh­rige Japaner in Litauens erster Liga, beim FK Gra­nitas, davor in Aus­tra­lien für die Sydney Uni­ver­sity. Ich will ein­fach Spiel­praxis sam­meln“, erklärt sich der Grieche Christos Papa­di­mi­triou, vor einem Jahr von Back­haus vom AEK Athen zu RB Leipzig gelotst, wo er aber durch­fiel.

Und viel­leicht geht wirk­lich was für Wakino und Papa­di­mi­triou. Werder Bremen inter­es­siert sich für die beiden, die für die sechste Liga über­qua­li­fi­ziert wirken. Angreifer Ladule Lako LoSarah wird Ende November für den Süd­sudan in der Qua­li­fi­ka­tion zum Afri­kacup antreten. Sein Sturm­partner Nerijus Astrauskas hat für Litauen mal drei Aus­wahl­spiele bestritten. Nach dem ersten Sai­son­drittel führt die im Sommer hastig zusam­men­ge­stellte Mann­schaft die Sach­sen­liga an und steht im Vier­tel­fi­nale des Lan­des­po­kals.

Bei uns kann jeder mit­ma­chen“

Auf die Frage, wie die Spieler in Leipzig gelandet sind, ant­wortet jeder von ihnen mit einem knappen aber deut­li­chen Heiner“. Back­haus, 32, war in seiner Kar­riere für mehr Ver­eine als Jahre aktiv und hat mit den meisten Spie­lern von Inter Leipzig noch zusam­men­ge­spielt. Sie kennen ihn aus Malta, Zypern oder Hong­kong. Oder sie kennen je­manden, der ihn kennt. Bei Wakino war es der Berater.

Vor einem Jahr waren Back­haus und sein Freund Chris­tian Meyer noch Spieler. Bei Blau-Weiß Farn­städt in der Lan­des­liga Sachsen-Anhalt. Doch beide strebten nach mehr. Sie wollten einen Verein auf­bauen, der anders sein sollte: Bei uns kann jeder mit­ma­chen“, sagt Back­haus über den inte­gra­tiven Gedanken. Der BSG Chemie stellten sie ihr Kon­zept vor. Doch Vor­stands­chef Frank Kühne mel­dete sich nie zurück. Also dachten wir, na dann machen wir unseren eigenen Verein“, sagt Meyer, der jetzt Prä­si­dent bei Inter ist, auch aus einer gewissen Nai­vität heraus.“ Denn bis auf das Kon­zept, den Antrieb und jede Menge Kon­takte hatten die beiden Männer nichts.

Mona­te­lang suchten sie nach einem koope­rie­renden Verein, um mit aus­rei­chend Jugend­mann­schaften und einer Sport­an­lage zu starten. Doch überall stießen sie auf Skepsis. Wenn du dich hier anbie­test, hat jeder erst einmal Angst, du nimmst ihm was weg.“ Back­haus kennt die lokalen Befind­lich­keiten. Er ist im Ruhr­pott auf­ge­wachsen, lebt aber schon länger in Leipzig. In den ver­gan­genen Jahren spielte er bei For­tuna, Sachsen und Lok Leipzig.

Kein Strom im Ver­eins­haus

Im vorigen Winter war die seit jeher unru­hige Leip­ziger Fuß­ball­land­schaft ordent­lich in Auf­ruhr. Aggressiv würden Meyer und Back­haus vor­gehen, hieß es, Eltern von Jugend­spie­lern anspre­chen und mit großen Ver­spre­chen vor­pre­schen. Zudem buhlten sie um das Spiel­recht von höher­klas­sigen Ver­einen, um mit Inter nicht in der untersten Spiel­klasse starten zu müssen. Beson­ders stark umwarben sie den Bezirks­li­gisten TuS Leutzsch, bis dato Koope­ra­ti­ons­partner der BSG Chemie. Die meisten Ver­eine hielten die Ver­spre­chen aber für unse­riös, Gerüchte über rus­si­sche Ölma­gnaten und ita­lie­ni­sche Mode­zaren im Hin­ter­grund machten die Runde.

Davon ist heute in der neuen Heimat im Mari­an­nen­park wenig zu sehen. Einen dürf­tigen Rasen­platz bekam Inter ver­macht, vom Kreis­klas­se­klub Wacker Leipzig, mit dem man sich nun das Gelände teilt. Ein Schild im knal­ligen Orange, Inter­Of­fice“, weist auf den neuen Mit­nutzer hin, der rechte der beiden Flach­bauten ist frisch gemalt, eben­falls orange. Viel blieb ja nicht übrig, blau-gelb, grün-weiß und rot-weiß sind ja schon ver­geben“, erklärt Meyer die Wahl der Signal­farbe.

Das Büro ist noch eine bes­sere Abstell­kammer. Strom liegt drei Monate nach Sai­son­start nicht an. Wegen eines Streits mit Wacker Leipzig müssen sich die Spieler zudem in pro­vi­so­risch auf­ge­stellten Con­tai­nern umziehen.