Die Uefa belegt die Eintracht-Fans mit zwei Auswärtsspielen Sperre. Für Klub und Fans kommt die Strafe zur Unzeit. Denn es schwelt bereits ein anderer Konflikt.
Die aktuelle Reaktion des Fanklubverbands hingegen ist jedweder Selbstkritik unverdächtig. Man sei keine Fanszene, die sich Sitzschalen an den Kopf werfen lasse, heißt es dort, und dass die Entscheider der Uefa „korrupte Typen“ seien. Ein, zwei beschwichtigende, diplomatische, entschuldigende Worte wären aber vielleicht dennoch angebracht gewesen. Entsprechend wütend reagierten viele andere Fans online und sahen die Schuld für die Sperre eher bei der eigenen Fanszene. In einer ersten Reaktion des Vorstands hieß es, man prüfe die Erfolgsaussichten einer Berufung zumindest für das zweite Spiel. Es hieß aber auch: „Wir werden uns aber vor allem intensiv mit der Frage zu beschäftigen haben, wie wir unser aller Ziel, gemeinsam sportliche Festtage in europäischen Clubwettbewerben feiern zu dürfen, zukünftigwirksamer vor dem Fehlverhalten Weniger schützen können.“ Die Fronten, sie scheinen sich zu verhärten.
Zumal dieser sich anbahnende Konflikt ohnehin auf unangenehm fruchtbaren Boden fällt. Es ist kaum zwei Wochen her, dass Andreas Möller, erklärtes Feindbild der Fanszene, von Eintracht-Vorstand Fredi Bobic zum Nachwuchsleistungszentrums-Leiter ernannt wurde. Eine Personalie, die an anderen Standorten vielleicht eine Fußnote wäre, in Frankfurt aber dazu führte, dass Fans – und zwar nicht nur die Ultras – und Vorstand offen miteinander kollidierten. Anti-Möller-Banner und allerlei andere Unmutsbekundungen konterte Bobic erstaunlich undiplomatisch: „Ihre Meinung interessiert mich nicht. Wer gegen Möller ist, ist auch gegen mich.“
„Entscheidungen, die dem Geist von Eintracht Frankfurt nicht entsprechen“
Woraufhin die Fans ihm Gutsherrenart vorwarfen. Mehr noch: Wer das folgende Statement des Fanklubverbands liest, stolpert über einen erstaunlichen Satz: „Bei aller Anerkennung und auch Dankbarkeit für das bisher sportlich geleistete, alle arbeiten hier zuerst für Eintracht Frankfurt, dann für sich selbst.“ In der Mitteilung des Nordwstkurve-Rats wurden die Fans noch deutlicher: „Fredi Bobic sollte es mit seinen Entscheidungen, die dem Geist von Eintracht Frankfurt nicht entsprechen, nicht übertreiben.“ Da schwingt relativ offen eine generelle Unzufriedenheit mit, die von den jünsten sportlichen Erfolgen noch kaschiert worden zu sein scheint.
Mitten in diese angespannte Situation, in der sowieso von allen Fingerspitzengefühl gefragt wäre, platzt nun die Auswärtssperre. Und sie trifft alle: Die organisierten wie die moderaten Fans, ebenso den Vorstand, ja sogar die „korrupten Typen“ von der Uefa, deren Wettbewerb durch die Eintracht und ihre Anhänger immens aufgewertet wurde. Nur ziehen alle Beteiligten unterschiedliche Schlüsse daraus, und wenn man nicht aufpasst, bilden sich entlang dieser Fronten Risse. Das ist nicht ungefährlich, denn wie sehr ein grundsätzliches Zerwürfnis zwischen den Verantwortlichen und den Fans einem Verein schaden kann, kann man seit einigen Jahren in Hannover bestaunen. Es ist übrigens noch gar nicht so lange her, dass 96 ebenfalls Europa League spielte, bis die Mechanismen des schnellebigen Geschäfts auch dort zuschlugen. Ein Worst-Case-Szenario, klar. Aber vielleicht auch ein Gedanke, der allen Frankfurtern möglicherweise dabei hilft, ein wenig abzurüsten.