Seite 2: „Jobst will den Klub entschalkern"

Die Mel­dungen vom Wochen­ende passen zu einer Reihe von Auf­re­gern der ver­gan­genen Monate: Schalke hatte Bus­fah­rern der Jugend­ab­tei­lung gekün­digt und einen Här­te­fall­an­trag“ bei der Ticket­rück­erstat­tung for­mu­liert. Zudem lavierte der Klub bei den Eklats des ehe­ma­ligen Auf­sichts­rats­chefs Cle­mens Tön­nies rund um die Arbeits­be­din­gungen in dessen Firma und um seine ras­sis­ti­schen Äuße­rungen. Schalke ver­steht sich selbst als Arbei­ter­verein; Klub und Fan­szene enga­gieren sich seit Jahr­zehnten gegen Ras­sismus und Frem­den­feind­lich­keit.

Viele Fans und Teile der Beleg­schaft auf Schalke stellen sich daher die Frage: Setzen die Vor­stände Alex­ander Jobst und Jochen Schneider die Iden­tität des Kumpel- und Malo­cherklubs“ aufs Spiel?

Neue Macht­struk­turen nach Tön­nies‘ Abgang

Jobst gilt als trei­bende Kraft hinter den jüngsten Umstruk­tu­rie­rungen. Der Mar­ke­ting­fach­mann arbeitet seit 2011 auf Schalke, vorher war er bei der Fifa und bei Real Madrid ange­stellt. Aus seinen Plan­spielen, die Pro­fi­ab­tei­lung aus­zu­glie­dern, machte Jobst zuletzt immer sel­tener einen Hehl. Er und sein Kol­lege Jochen Schneider hatten sich lange hinter den all­mäch­tigen Auf­sichts­rats­vor­sit­zenden Cle­mens Tön­nies gestellt.

Nach dessen Rück­tritt sehen viele Beob­achter Jobst auf dem Weg, sich als den neuen starken Mann im Klub zu posi­tio­nieren – auch weil Sport­vor­stand Jochen Schneider gerade genü­gend Bau­stellen bei der abstiegs­ge­fähr­deten Mann­schaft zu erle­digen hat und eigent­lich nicht ins Ram­pen­licht drängt.

Jobst denkt betriebs­wirt­schaft­lich, doch er arbeitet, anders als bei der Fifa, in einem tra­di­ti­ons­be­wussten und hoch­emo­tio­nalen Umfeld. In anderen Ver­einen würden der­ar­tige Per­so­nal­ro­chaden wohl geräusch­loser von­statten gehen, doch der Tra­di­ti­ons­verein Schalke mit einer lange zusammen gehal­tenen Mit­ar­beiter-Familie“ reagiert natur­gemäß sen­si­bler auf die Umwäl­zungen. Die Rei­bung war vor­pro­gram­miert und scheint nun zu kul­mi­nieren.

Abfin­dungen für ent­las­sene Bus­fahrer

Doch nicht nur aus fach­li­cher Sicht stößt das Vor­gehen des Vor­stands auf Kritik, son­dern auch aus öko­no­mi­scher. Schalke 04 ist finan­ziell stark ange­schlagen und war auf eine Bürg­schaft des Landes NRW ange­wiesen.

Den­noch erscheint frag­lich, ob der Verein durch die Per­so­nal­ro­chaden viel Geld ein­spart, wenn Posten neu besetzt und hohe Abfin­dungen gezahlt werden. Nach der Kün­di­gung von Fah­rern der Jugend­spieler beauf­tragte der Klub einen externen Dienst­leister.

Der Klub teilte 11FREUNDE nun mit, dass sieben der bis­he­rigen Fahrer von jenem Dienst­leister über­nommen worden und vier nun in anderen Berei­chen im Verein tätig seien. Schalke über­nahm nach eigenen Angaben die Kosten für den not­wen­digen Per­so­nen­be­för­de­rungs­schein und zahlte anderen Fah­rern Abfin­dungen. Ins­ge­samt waren laut WAZ 24 Fahrer zuvor raus­ge­worfen worden.

Bei den aktu­ellen Que­relen geht es augen­schein­lich nicht primär um Ein­spa­rungen, son­dern um einen anderen Schnitt. Die Funk­tio­näre scheinen bei ihrem neuen Kurs die Para­meter Ver­dienste und Ver­bun­den­heit zum Klub hint­an­zu­stellen. Ein Kenner der internen Vor­gänge beschreibt es so: Jobst will den Klub ent­schal­kern.“

Ein Riss auf der Geschäfts­stelle

Auf der Geschäfts­stelle gilt Jobst einigen als ehr­gei­ziger Hans Dampf in allen Gassen“, der aber selbst sach­liche Kritik an seinen Ent­schei­dungen als Illoya­lität auf­fasse. Der Umgang falle so mit­unter her­risch und arro­gant aus, heißt es, die Ent­schei­dungen würden nicht mehr mit den Abtei­lungen abge­stimmt, son­dern nur noch ver­ordnet werden.

Immer wieder wird der Ver­gleich zu einem anderen starken Mann“ auf Schalke in der Ver­gan­gen­heit gezogen, der kom­pro­misslos heu­erte und feu­erte: Felix Magath. Es gibt aber auch Stimmen, die das über Jahre eta­blierte Per­so­nal­ge­füge als Hemmnis und Jobst nur als Buh­mann für unpo­pu­läre, aber nach­voll­zieh­bare Ent­schei­dungen wahr­nehmen.

Vor­stände sehen sich mit neuen Plänen nicht selten har­scher Kritik aus­ge­setzt – und Jobst selbst hatte im Sommer ange­kün­digt: Wir werden Ein­spa­rungen außer­halb des Kern­ge­schäfts für die kom­mende Saison im hohen sie­ben­stel­ligen Bereich vor­nehmen.“ Doch im Klub wächst eben nicht nur der Unmut über die Ent­schei­dungen an sich, son­dern auch über die Art des Umgangs und über die man­gelnde Kom­mu­ni­ka­tion.

Auf Schalke wird der­zeit ein Zitat des Vor­stands Schneider als Freud­scher Ver­spre­cher her­um­ge­reicht: Wir müssen empa­thi­scher wirken.“ Schneider sagte wirken“, nicht sein“.