Der FC Bayern ist in der Krise. Und ist damit unter den Spitzenklubs der großen Ligen nicht allein. Warum sich das auch anhand des fehlenden Publikums erklären lässt.
Nachdem der FC Bayern zweimal innerhalb von sechs Tagen als Verlierer vom Platz gegangen war, twitterte Oliver Kahn: „Jetzt müssen wir schleunigst im neuen Jahr ankommen.“ Der designierte Vorstandsvorsitzende verband diese Ermahnung jedoch überraschenderweise mit der Erinnerung an eine für ihn peinliche Niederlage. Auf dem Foto zum Tweet sah man ihn nach dem Pokalaus beim damaligen Drittligisten Magdeburg bedröppelt vom Platz schleichen. „Vor gut 20 Jahren schieden wir ebenfalls in der 2. Runde [im] DFB-Pokal aus. Ein halbes Jahr später haben wir die Champions League geholt“, schrieb Kahn.
Das war bemerkenswert. Anders als bei ehemaligen Spielern oft üblich, scheint der ehemalige Titan nicht so tun zu wollen, als hätte es in seiner Karriere keine Niederlagen, Krisen und Pleiten gegeben. Außerdem signalisierte er, dass eine Niederlage mal passieren kann und nicht weiter tragisch ist, wenn sie denn einen Effekt hat. Das ist deshalb erwähnenswert, weil Niederlagen beim FC Bayern eigentlich per Satzung verboten sind und reflexhaft Krisengeheul auslösen – schon gar zwei in Folge.
Die Diskussion, ob Bayerns Kader für diese gestopft volle Saison wirklich ausreicht, muss natürlich trotzdem geführt werden. Außerdem fragt man sich, wann im Fanshop des Bayern endlich „Wir müssen unsere Defensivprobleme abstellen“-T-Shirts verkauft werden oder ob sie wirklich abgestellt werden. Doch irgendwie scheint es in dieser Saison bei den Bayern das leise Gefühl zu geben, dass man mit der ein oder anderen verlorenen Spiel wohl wird leben müssen. „Es gehört im Fußball dazu, auch mal Niederlagen zu kassieren“, hatte Flick nach dem 2:3 in Mönchengladbach gesagt.
Das ist nicht so banal, wie es sich anhört, weil die Kaste der internationalen Superklubs in den letzten Jahren das Verlieren quasi verlernt hat. Die Bayern haben vor den Niederlagen in Gladbach und Kiel von den vorangegangenen 53 Pflichtspielen nur eines verloren. Finanziell hochgerüstet haben die großen Vereine in den großen europäischen Ligen eine solche Dominanz entwickelt, dass sie kaum noch Punkte liegen lassen. Für den FC Liverpool reichten vor zwei Jahren nicht einmal mehr 97 Punkte, um die englische Meisterschaft zu gewinnen. In der letzten Saison holte Klopps Mannschaft noch zwei Punkte mehr und nach 30 Jahren endlich wieder den Titel.
In dieser Saison hat der FC Liverpool schon acht Spiele nicht gewonnen, eine der beiden Niederlagen war ein unfassbares 2:7 bei Aston Villa. Aus dem Ligapokal ausgeschieden ist der Klub auch. Die betonsichere Abwehr, die im Vorjahr nur 33 Gegentore in 38 Spielen kassierte, steht bei porösen 21 Gegentoren in 17 Spielen. Manchester City kassierte ein 2:5 daheim gegen Leicester City und Lokalrivale United, der sich gerade über die erste Tabellenführung seit acht Jahren freut, verlor ebenfalls zuhause 1:6 gegen Tottenham. Ganz zu schweigen von Uniteds Aus in der Champions League wegen einer Niederlage gegen Basaksehir.