Gleich drei Fan-Attacken auf Spieler überschatteten am Wochenende den britischen Liga-Fußball. Nun droht eine massive Wiederaufrüstung der Stadien mit Zäunen.
Es ist etwas kaputtgegangen am vergangenen Wochenende in England. Und die Frage ist, ob es jemals wieder repariert werden kann.
Auf den ersten Blick scheint alles ganz einfach: Der Vollidiot von einem Birmingham-City-Fan, der Aston Villas Kapitän Jack Grealish im Derby hinterrücks attackierte und feige zu Boden drosch, dürfte lebenslanges Stadionverbot erhalten. Auch der Birmingham-City-Ordner, der Grealish nach dessen späterem Siegtor rüde anging, wird wohl so schnell keinen Stadiondienst mehr verrichten.
Ein unschätzbar hohes Gut
Birmingham City entschuldigte sich öffentlich für beide Vorfälle und versprach „hart durchzugreifen“. Und der aufgeblasene Möchtegern-Arsenal-Hooligan in seiner feinen Stone-Island-Jacke und den frisch polierten braunen Lederstiefeletten, der den Rasen des „Emirates“ stürmte, um Manchester Uniteds Chris Smalling einen Schrecken einzujagen, dürfte ebenfalls lange Zeit keine Fußball-Arena mehr von innen sehen. Doch damit ist es nicht getan. Leider.
Am zurückliegenden Wochenende – oder sagen wir: spätestens an jenem Wochenende – ist etwas zerstört worden. Die Rede ist von einem unschätzbar hohen Gut: dem bedingungslosen Vertrauen der Liga und der Klubs in ihre Fans, die bislang nicht hinter hässlichen Zäunen hocken mussten wie in Dortmund, Bremen, Nürnberg oder Bielefeld.
Akute Horrorszenarien
Die 2,50 Meter hohen, kalten Stahlgatter, die in der Bundesliga zum traurigen Alltag gehören wie in einem Zoo der 1970er-Jahre, brauchte man in England nicht. Bislang zumindest. Denn dort, in der Heimat der Hooligans, aber auch des Fairplay, genügte eine unsichtbare rote Linie, um Fans vom Betreten des Rasens abzuhalten. Dieses Vertrauensprinzip funktionierte über die Jahrzehnte nicht immer völlig ohne Zwischenfälle, aber letztlich bemerkenswert gut.
Doch irgendwas ist anders geworden im England der ausgehenden 2010er-Jahre. Das Prinzip der Freiheit, das bislang zumindest jenen Zuschauern zuteil wurde, die all die Einlasshürden vorm Stadion erfolgreich genommen hatten, steht nach einigen unerfreulichen Zwischenfällen akut infrage. „So was kann man nicht einfach beiseite wischen“, mahnt Ex-Torjäger Alan Shearer in seiner Kolumne für „The Sun“ und malt weitere Horrorszenarien an die Wand: „Beim nächsten Mal könnte ein Messer im Spiel sein. Wo sind wir nur angelangt im Fußball, wenn irgendein Verbrecher sich bemüßigt fühlt, so etwas zu tun? Es ist ekelerregend.“
Und gefährlich, das sehen diesmal nicht nur ausgemachte Krawall-Blätter wie „The Sun“ so.