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Seite 4: Was ist eigentlich mit Wayne Rooney?

In der Tat scheint es, als hätten Roy Hodgson und sein E‑Team das Momentum auf ihrer Seite. Eine Laune des Schick­sals hat dafür gesorgt, dass Lei­cester City das erste Mal in den 132 Jahren seines Bestehens den Meis­ter­titel gewann. Die Mann­schaft ist ohne die Zusatz­be­las­tung der Cham­pions League durch die Spiel­zeit getän­zelt. Auch aus den Pokal­wett­be­werben hat sich der Klub früh ver­ab­schiedet.

Ähn­lich geht es den Profis von Tot­tenham Hot­spur, deren Des­in­ter­esse an der Europa League im Ach­tel­fi­nale gegen den BVB selbst für Fuß­ball­laien unüber­sehbar war. Die Spieler sind – im Gegen­satz zu vielen Kol­legen bei euro­päi­schen Spit­zen­klubs – am Ende dieser Spiel­zeit nicht aus­ge­laugt und über­spielt. Zudem fahren sie mit der Beschwingt­heit tri­um­phie­render Under­dogs nach Frank­reich.

Was kann moti­vie­render sein als Erfolg? Da ist eine große Vor­freude. Nur wenige Spieler haben Erfah­rung auf Tur­nie­r­ebene. Sie alle eint die Sehn­sucht nach Wahr­neh­mung und der Hunger auf Erfolg. Roy Hodgson sollte es leicht fallen, in dieser Gemenge­lage einen Team­geist zu schüren, der Eng­land bei der EM neue Mög­lich­keiten eröffnet.

Hodgsons Leit­wolf­de­batte

Eigent­lich könnte sich der 67-Jäh­rige zurück­lehnen, huld­voll die Lob­prei­sungen als Erneuerer emp­fangen und die Zeit bis zum Beginn der EM genießen. Auf der Insel ist der Mann mit dem Ant­litz des bier­zelt­ge­gerbten Kom­mu­nal­po­li­ti­kers inzwi­schen bei­nahe sakro­sankt. Nie­mand würde es ihm noch ankreiden, wenn er einen alt­ge­dienten Star nicht mehr berück­sich­tigte, so wie es noch 2012 war, als Hodgson Rio Fer­di­nand aus dem Kader strich.

Aus­ge­rechnet in dieser Situa­tion aber ver­lässt er frei­willig die Kom­fort­zone und stößt eine Leit­wolf­de­batte an: Als Wayne Rooney sich im Februar eine Bän­der­ver­let­zung im Knie zuzog und kaum noch zum Ein­satz kam, stellte Hodgson früh­zeitig klar: Wayne ist Kapitän und hat ent­schei­denden Anteil an der erfolg­rei­chen Qua­li­fi­ka­tion. Es ent­täuscht mich sehr, wenn jetzt, da er ver­letzt ist, spe­ku­liert wird, ob man ihn über Bord gehen lassen sollte.

Ein empha­ti­sches Bekenntnis, das sich als Bume­rang erweisen könnte. Denn Rooney ist wieder ein­satz­fähig, von seiner Best­form aber sichtbar ent­fernt. Viele trauen Dele Alli auf der zen­tralen Posi­tion längst mehr zu als ihm. Dass aber hit­zige Spiele den Youngster noch über­for­dern, bewies Alli im Match gegen den FC Chelsea, als er einem Gegen­spieler einen Schlag in die Magen­grube ver­setzte und für drei Spiele gesperrt wurde.

Zu oft hat Eng­land schon seinen nächsten großen Star aus­ge­rufen – und wurde am Ende doch ent­täuscht. Rooney war der neue Michael Owen, nun soll Alli der neue Wayne Rooney sein. Abwarten. Fuß­ball ist ein Geschäft mit Träumen. Trotzdem wäre es ein deut­li­ches Zei­chen, dass die Zukunft begonnen hat, wenn Hodgson seinen Kapitän nicht zwangs­läufig als gesetzt betrachten würde.

Eng­land hofft auf ein Signal

Die Buch­ma­cher sind nach wie vor skep­tisch. Als Optimum wird gemeinhin das Errei­chen der Runde der letzten Acht betrachtet. Wer den Three Lions das Halb­fi­nale zutraut, bekommt drei Wochen vor Tur­nier­be­ginn noch das Vier­fache seines Ein­satzes geboten, für den Titel gäbe es mehr als das Zwölf­fache. Aber es ist wirk­lich ent­schei­dend, dass Hodgsons Elf am Ende etwas Zähl­bares mit zurück auf die Insel nimmt? Wäre es nicht wich­tiger, dass die Mann­schaft nach so vielen ver­lo­renen Jahren neue Hoff­nung auf bes­sere Zeiten ver­mit­telt? Und dass es wieder Spaß macht, ihr zuzu­sehen.

Dass sie Men­schen vorm Fern­seher ver­eint, die ihr Ver­trauen schenken. So wie es der Klins­mann-Elf beim Som­mer­mär­chen 2006“ gelang, das doch der Prolog für etwas war, das acht Jahre später in Mara­cana in einem Tri­umph mün­dete. So ähn­lich könnte die EM 2016 ein Signal sein, dass mit Eng­land wieder zu rechnen ist. Ein Ver­spre­chen auf die Zukunft.

Und so wie der Zettel im Stutzen von Jens Leh­mann die WM 2006 in der Retro­spek­tive stets wie eine Erfolgs­ge­schichte aus­sehen lassen wird, könnte auf der Insel nichts den Beginn einer neuen Zeit besser illus­trieren als ein gewon­nenes Elf­me­ter­schießen.

Der Text erschien in 11FREUNDE #175, unserem großen EM-Son­der­heft: Jetzt am Kiosk, bei uns im Shop und in digi­taler Ver­sion im iTunes- sowie im Google-Play-Store.