Als Heilsbringer angepriesen, enttäuschte Lewis Holtby in seiner ersten Saison beim Hamburger SV. In diesem Jahr ist alles anders. Auch weil der HSV wieder zu einer Mannschaft geformt wurde.
Auffällig wurde er oft nur, wenn Videos von den Fans auftauchten wie Holtby am Zaun stand, an seinem Trikot zerrte und wütete: „Ich reiß mir den Arsch auf, aber ich bin auch nur ein Mensch.“ Mangelndes Engagement, den unbedingten Erfolgswillen, konnte man ihm nie vorwerfen.
In diesem Jahr ist Holtby der „Dauerbrenner“ wie es in den Boulevard-Medien so schön heißt, wenn gesagt werden soll, dass ein Spieler noch kein Pflichtspiel seines Vereins verpasst hat. Auch, weil Trainer Bruno Labbadia seinen Spieler etwas defensiver aufstellte. Nicht mehr allein im offensiven Mittelfeld, aber auch nicht als Abräumer vor der Abwehr. Als Achter. Holtby gefällt das.
Endstation Klassenerhalt
„Auf der Acht fühle ich mich schon am wohlsten. Dort kann ich pressen, den Gegner immer wieder nerven und habe das gesamte Spielfeld vor mir.“ Zuletzt sah man das in der ersten Halbzeit des Nordderbys, als Holtby seinen Gegenspieler Clemens Fritz band, im Spielaufbau immer wieder unter Druck setze und zu Fehlpässen zwang und dabei zugleich die Räume für konterstarke Spieler wie Nicolai Müller öffnete.
2:1 lautete gegen Bremen das Ergebnis, drei wichtige Punkte im Abstiegskampf, der an diesem Wochenende gegen den VfL Wolfsburg mit dem Klassenerhalt beendet werden könnte.
Eine beispielhafte Entwicklung
Auf der Acht kann der Deutsch-Brite seine größte Stärke, die Ausgewogenheit zwischen defensiver Stärke und offensiver Spielfreude bestens ausbreiten. Mit drei Tackles pro Spiel führt Holtby nicht nur die vereinsinterne Rangliste an, sondern belegt hinter Julian Baumgartlinger (Mainz) und Marc Stendera (Frankfurt) auch den dritten Rang aller Bundesligaspieler in dieser Statistik. Zeitgleich sind 1,2 erfolgreiche Dribblings pro Spiel auch ein offensiver Spitzenwert in Hamburg. Allein beim Toreschießen hapert es. Weil Holtby in aussichtsreicher Position den besserpostierten Mitspieler finden will. Bestes Beispiel? Als er im Heimspiel gegen Gladbach allein auf Torhüter Yann Sommer zulief und im letzten Moment querlegte. Sein Pass fand: nichts.
Dennoch meint Trainer Bruno Labbadia: „Lewis ist ein gutes Beispiel dafür, welche Entwicklung ein Spieler nehmen kann, wenn das Team erst funktioniert.“ Vielleicht ist das die Erklärung der starken Saison seines Schützlings: Der Führungsspieler reißt sich immer noch den Arsch auf, in diesem Jahr zieht die Mannschaft mit.