Von den vergangenen acht Derbys hat der HSV nur eines gewonnen. Wie der FC St. Pauli zum Angstgegner wurde – und was das für den Aufstiegskampf bedeutet.
Jüngere Fußballfans mögen sich wundern, aber der größte Angstgegner des FC Bayern war einst der 1. FC Kaiserslautern. Zwischen 1972 und 1982 reiste der Rekordmeister 13 Mal an den Betzenberg – und gewann nur einmal. Dafür waren einige Niederlagen krachend, 4:7, 0:3 oder 2:4. Nach einer obligatorischen Pleite Anfang der Achtziger sagte Paul Breitner: „Das nächste Mal schicken wir die Punkte gleich mit der Post, dann sparen wir uns die Anreise.“
Auch der HSV hatte in den vergangenen Jahren einige Angstgegner. In schlechter Erinnerung haben die Hamburger Fans vor allem den FC Bayern zwischen 2011 und 2018. Der HSV wurde regelmäßig aus dem Stadion geschossen, 2:9, 0:8, 0:6. Einmal jubelte die Lokalpresse, weil die Hamburger nur 0:1 verloren hatten. Und ein 0:0 im September 2014 feierte die Hansestadt beinahe wie den Gewinn der Meisterschaft. Es fehlte nur, dass der damals regierende Bürgermeister Olaf Scholz die Spieler auf dem Rathausbalkon empfing.
Auch Wattenscheid war Anfang der Neunziger ein extrem unangenehmer Gegner. Zwischen Dezember 1990 und April 1993 konnte der favorisierte HSV in sechs aufeinanderfolgenden Spielen nicht gegen die SG gewinnen. Auch weil Souleymane Sané so gerne gegen den HSV traf.
Einige Leute sagen hingegen, der größte Angstgegner der Hamburger war in den vergangenen Jahren der Fußball an sich, und vielleicht stimmt das auch.
„Wir gewinnen 8:0″
Der neueste Angstgegner ist aber, so bitter es ist, der Lokalrivale. Von den letzten acht Derbys gewann der HSV nur eines, St. Pauli hingegen vier. In der Saison 2019/20 schoss der HSV nicht mal ein Tor gegen die Mannschaft vom Millerntor.
Dazu muss man wissen, dass ein Derbysieg des FC St. Pauli viele Jahre beinahe etwas Märchenhaftes hatte. Zwischen Bundesligastart 1963 und 2011 konnte St. Pauli nur ein einziges Mal gegen den HSV gewinnen, und diese Geschichte erzählte man sich in Hamburg vor jedem Aufeinandertreffen aufs Neue. Damals, 1977, als Peter Nogly vor dem Spiel tönte, das Star-Ensemble des HSV werde St. Pauli mit 8:0 aus dem Stadion schießen. Damals, als „Schlangenfranz“ Gerber das Solo seines Lebens mit dem Tor seines Lebens krönte. Damals, als sogar die HSV-Fans auf der Südtribüne dem Underdog vom Kiez applaudierten.
Danach verliefen die Derbys über 30 Jahre lang recht unspektakulär, in den wenigen Spielen zwischen 1977 und 2011 holte St. Pauli höchstes mal ein Unentschieden. Der HSV war nicht nur unabsteigbar, er schien auch unbesiegbar (zumindest im Derby).
-