Er war Meister, Europacup-Sieger und Alkoholiker. Heute wird er 60 Jahre alt: Uli Borowka über seine Sucht und andere harte Kämpfe.
Kennen Sie das polnische Sprichwort: „Ein Vogel muss fliegen, ein Pole muss saufen“?
Das trifft zu. Was die Sauferei anging, war ich bei Widzew sicherlich nicht im schlechtesten Verein gelandet.
2000 war Ihre aktive Karriere dann endgültig vorbei. Manche Fußballer fallen in ein Loch, wenn sie die Sympathien der Massen nicht mehr spüren.
Das Loch habe ich ja längst hinter mir. Ich habe so viel Dreck fressen müssen, dass dieser ganze Fußball-Zirkus für mich seine Bedeutung verloren hat.
Wenn Sie Ihren ehemaligen Nationalmannschaftskollegen Eike Immel im „Dschungelcamp“ sehen, sind Sie dann froh, dass Ihnen zumindest das erspart geblieben ist?
Mein „Dschungelcamp“ hieß Bad Fredeburg und dauerte vier Monate. Und ich sage Ihnen: Ein paar Würmer zu futtern, ist absolut nichts dagegen. Als in Bad Fredeburg die Tür hinter mir ins Schloss fiel, dachte ich: „Uli, irgendwas in deinem Leben ist aber komplett falsch gelaufen.“
Was würden Sie heute als den größten Erfolg Ihres Lebens bezeichnen: den Sieg mit Werder Bremen im Europapokal 1992 oder dass Sie den Alkoholismus überwunden haben?
Ganz klar: dass ich nicht mehr saufe. Und dass ich noch lebe.
Ist der Uli Borowka des Jahres 1996 heute für Sie ein fremder Mensch?
Nein, das gehört doch alles zu meinem Leben. Wenn ich heute an die Zeit zurückdenke, dann läuft es mir zwar eiskalt den Rücken runter, aber ich weiß, was ich falsch gemacht habe, und dazu stehe ich voll und ganz. Ich bin mit mir im Reinen.
In „Barfuß oder Lackschuh“ sangen Sie: „Ich schlafe unter Brücken und im Himmelbett. Bin Engel und mal Teufel, doch nie bin ich nur nett.“
Gespenstisch, wie gut diese Zeile auf mein Leben passt. Im Original ist das Lied ja von Harald Juhnke. Vielleicht bin ich das: der Harald Juhnke des Fußballs. Mit dem Unterschied, dass ich noch lebe.