Ges­tern hat Enrico Valen­tini seinen Ver­trag beim 1. FC Nürn­berg um zwei Jahre ver­län­gert. Das Inter­view mit ihm ent­stand im Früh­jahr 2019, als der Club um den Klas­sen­er­halt in der Bun­des­liga kämpfte.

Enrico Valen­tini, Sie sind nicht nur Profi in Nürn­berg, son­dern auch in der Stadt geboren und seit Ihrer Kind­heit Club-Fan. Achten Sie im Spiel auf die Gesänge der Fans?
Natür­lich, ich singe auch manchmal mit. Beim Ein­laufen zum Bei­spiel, wenn wir uns auf­reihen. Oder wenn Die Legende lebt“ ange­stimmt wird.

Hat Sie des­wegen schon mal ein Gegen­spieler schief ange­guckt?
Nein, ich singe ja nicht laut, son­dern nur ganz leise vor mich hin. Manchmal auch nur in Gedanken. Aber ich kenne die Songs nun mal, ich stand ja oft genug selbst in der Kurve. Und gegen manche Melo­dien kann man sich gar nicht wehren.

So nah, wie Sie als Kind am Sta­dion wohnten, müssten Sie die Lieder in-und aus­wendig kennen.
Tue ich auch. Wir konnten an Sams­tagen dem Spiel­ver­lauf allein anhand der Geräu­sche folgen. Ich musste nur über die Straße gehen, durch ein Loch im Zaun steigen und stand auf einem der Trai­nings­plätze.

Das Haus, in dem Sie groß geworden sind, war gleich­zeitig das Restau­rant Ihrer Eltern. Mussten Sie dort als Kind oft aus­helfen?
Viel weniger als meine älteren Geschwister, ich war im Ver­gleich zu ihnen faul und konnte mich gut drü­cken. Ich war der Jüngste, der kleine Prinz. Aber trotzdem hatte das Restau­rant großen Ein­fluss auf meine Kind­heit. Wir hatten zum Bei­spiel ganz andere Essens­zeiten als andere Fami­lien, zu Abend aßen wir frü­hes­tens um 21:00 Uhr. Mein Vater hat mir mal erzählt, dass er mich als Baby oft nachts um 01:00 Uhr aus dem Bett geholt hat, wenn er von der Arbeit kam. Dann legte er mich auf seiner Brust ab, um über­haupt etwas von mir zu haben. 

Wann kamen Ihre Eltern aus Ita­lien nach Deutsch­land?
1980. Mein Vater hat ganz klas­sisch als Kellner in einer Trat­toria ange­fangen und dann 1989, als ich geboren wurde, sein erstes eigenes Restau­rant eröffnet. Mitt­ler­weile besitzt er eine Vino­thek.

War es auch Ihr Vater, der Sie für den Fuß­ball begeis­tern konnte?
Ja. Er war und ist ein fana­ti­scher Juve-Fan, und, seit wir hier leben, auch ein Club­berer. Er hat mir viele Ver­eins­le­genden näher­ge­bracht: Dieter Eck­stein, Sergio Zarate, Alain Sutter, Stefan Reuter, Samy Sané. Die haben zwar teil­weise gespielt, bevor ich geboren wurde, aber er hat mir Szenen von ihnen gezeigt. Samy Sané zum Bei­spiel, der war schneller als der Ball. Der war sogar schneller als es sein Sohn Leroy Sané heute ist. Unfassbar. 

Haben Sie einen All-Time-Nürn­berg-Lieb­lings­spieler?
Von denen, die ich im Sta­dion habe spielen sehen, ist es Jacek Krzy­nowek. Sein linker Hammer war der Wahn­sinn. Ein geiler Typ. Außerdem hatte ich das Glück, in der A‑Jugend schon ab und zu bei den Profis mit­trai­nieren zu dürfen. Das war die Hans-Meyer-Zeit. Da stand ich dann mit Zvjezdan Misi­movic auf dem Platz. Ein beein­dru­ckender Zehner. Weil er nicht schnell war, son­dern alles mit Technik löste. Das, was er konnte, spielte er per­fekt. Ohne Schnick-Schnack, ohne Tricks, immer sauber.