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Seite 4: „Ein Verein, der sich politisch positioniert“

Würden Sie als Ex-Profi sagen, ihr lang­jäh­riger Trainer Otto Reh­hagel hatte recht, als er sagte: Spielen Sie mög­lichst lange, danach wird es schwerer …“
„… den Men­schen das Geld aus der Tasche zu ziehen!“ Ja, wie immer: Otto hat schon recht. Aber trotzdem war es keine fal­sche Ent­schei­dung für mich, schon mit knapp 33 auf­zu­hören. Aber das mit dem Geld stimmt auf jeden Fall: Nir­gendwo lässt sich schöner und ein­fa­cher Geld ver­dienen als im Pro­fi­fuß­ball. Es wäre geheu­chelt, wenn man was anderes behauptet.

Warum hörten Sie so früh auf?
Für mich war es der rich­tige Zeit­punkt. Ich fand es schöner, dass die Leute zu dem Zeit­punkt noch gesagt haben: Schade, dass du auf­hörst“ als irgend­wann später Mensch, jetzt wird es aber Zeit, dass du mal Schluss machst“.

War das Auf­hören schwer?
Auf­hören ist für jeden Pro­fi­sportler eine Her­aus­for­de­rung. Das zu gestalten und irgendwie damit klar zu kommen, ist nicht ein­fach, weil sich das Leben schon dra­ma­tisch ver­än­dert.

Sie waren selbst nie in einem Fuß­ball­in­ternat, son­dern sind als A‑Jugendlicher bei Ihrem Hei­mat­verein VfR Osterode im nie­der­säch­si­schen Harz ent­deckt worden. Würden Sie sagen, ein Bruch wie das Kar­rie­re­ende ist für heu­tige Fuß­baller, die im der­zei­tigen Leis­tungs­um­feld sozia­li­siert werden, noch schwie­riger?
Für mich war es jeden­falls wichtig, eine nor­male Kind­heit und Jugend zu haben. Ich habe in Osterode die Schule beendet, bin nach dem Abi zu den Ama­teuren nach Bremen gegangen und habe dort noch 20 Monate Zivil­dienst gemacht – also noch ein nor­males Leben nebenbei gehabt. Selbst als Profi war das damals noch halb­wegs mög­lich. Ich habe in einem meiner ersten TV-Inter­views gesagt: „‚Ich pro­biere Pro­fi­fuß­ball jetzt zwei Jahre und wenn das nicht klappt, geh ich halt stu­dieren.“

Inwie­fern war der Fuß­ball denn nicht im selben Maße pro­fes­sio­na­li­siert? Gingen die Spieler wirk­lich nach dem Spiel noch trinken, wie man in man­chen Kneipen im Bremer Viertel heute noch hört?
Das kam vor. Obwohl ich, ehr­lich gesagt, auch zu der Gene­ra­tion gehörte, wo das immer weniger wurde. Otto Reh­hagel hat schon darauf geachtet, dass dis­zi­pli­niert gear­beitet wurde. Trotzdem gab es den ein- oder anderen, der mal eine geraucht hat oder Mann­schafts­abende, wo relativ heftig getrunken wurde.

Aber Sie waren da nicht dabei?
Doch, na klar. Aber ich habe es nie über­trieben! Heute ist die Kon­trolle durch Medien viel enger geworden, ebenso ist die Ein­stel­lung von Spie­lern noch pro­fes­sio­neller als damals. Trotzdem, auch in meiner Zeit waren die ganz wilden Zeiten eher vorbei!

Inwie­fern unter­scheidet sich das heu­tige Leben von Fuß­bal­lern?
Ich denke schon, dass es für Profis heute schwie­riger ist, ein nor­males Leben zu führen. Und auch die Inter­nate spielen da bestimmt eine Rolle. Wenn Jugend­spieler mit 15 Jahren da rein kommen, ist das schon ein prä­gendes Alter. Bei denen geht es fast aus­schließ­lich um Fuß­ball – das war bei mir nicht so.

Sie sagten auch kürz­lich, Profis seien heute zu sehr mit Neben­säch­lich­keiten – Stich­wort Insta­gram – beschäf­tigt und sollten sich ruhig auch mal öffent­lich posi­tio­nieren.
In bestimmten Fragen ist es wichtig, eine Hal­tung zu haben und die auch zu ver­deut­li­chen. Das gilt für Werder Bremen als Klub und das dürfen gerne auch unsere Spieler tun. Wir sind ein Verein, der sich sozial enga­giert und auch poli­tisch posi­tio­niert. Unser Prä­si­dent Hubertus Hess-Gru­ne­wald hat das in Rich­tung AfD toll auf den Punkt gebracht, als er gesagt hat: Die Werder-Werte gut zu finden und AfD wählen, dass passt nicht zusammen.“ Des­wegen ver­bieten wir nie­mandem ins Sta­dion zu kommen, aber dass wir uns gegen Ras­sismus und für eine offene Gesell­schaft ein­setzen, ist uns wichtig.