Unsere 222. Ausgabe ist seit dieser Woche im Handel. Und was könnte besser zu dieser Schnapszahl passen als eine von Torsten Mattuschka erzählte Schnapsgeschichte? In der es um einen besonderen Mannschaftsabend von Union geht? Und um Jägermeister? Eben!
In der aktuellen Ausgabe 11FREUNDE #222 erzählen uns Spieler, Trainer und Funktionäre von den Momenten ihrer Karriere, die ihnen die besondere Kraft des Fußballs zeigten. Hier erzählt Torsten Mattuschka von einem Mannschaftsabend auf der Spree. An den er und besonders seine Teamkollegen besonders gerne zurückdenken.
Denke ich an meine schönsten Momente im Fußball, dann denke ich an all die Aufstiege mit Union, an meine Anfänge in der siebten Liga, als ich 100 Kilo wog und nebenher auf dem Bau ackern musste, an mein Derby-Tor im Olympiastadion vor 76.000 Zuschauern – und an einen legendären Mannschaftsabend vor der Saison 2013/2014. Besser gesagt: an einen wunderbaren Rausch und ein ausgedehntes Nickerchen auf der Spree.
Seit 2006 mieteten wir mit der Mannschaft vor jeder Saison ein Schiff, um damit einmal quer durch Berlin zu schippern und die Sau raus zu lassen. Wir kannten den Vermieter Eddy, ein leider viel zu früh verstorbener Union-Fan, er fuhr uns vorbei am Kanzleramt, dem Berliner Dom und anderen Sehenswürdigkeiten, einmal die Spree entlang. Und er machte uns immer super Preise. Essen, Trinken, DJ, Kellner: alles vom Feinsten. Vor allem die Neuzugänge waren trotzdem Jahr für Jahr skeptisch: Fünf Stunden auf dem Ding? Nur Typen? Ganz schön lange. Und am Ende der Fahrt wollte niemand mehr aussteigen. Diese Abende waren wichtig fürs Team, wir lachten uns noch Monate später den Arsch ab über bestimmte Szenen und Sprüche. Klar, als Profi kann man sich nicht jedes Wochenende wegballern, aber ein- oder zweimal im Jahr braucht auch eine Fußballmannschaft diese Feten. Man lernt sich richtig kennen, man schafft Erinnerungen. Das schweißt zusammen.
2013 hatten wir eine besonders wilde Truppe zusammen. Ich saß unten im Schiffsbauch mit Fabian Schönheim und den Neuzugängen Mario Eggimann, Sören Brandy und Martin Dausch. Und habe mir gesagt: „Tusche, die neuen Jungs machste jetzt mal schön voll.“ Ich fing also an, doppelte Jägermeister-Shots zu bestellen, das volle Programm, 4 cl. Ich kannte diese Art Besäufnisse ja von meiner Jugend auf dem Dorf, vom Amateurfußball, vom Bau, und ich dachte mir dementsprechend: Von den Profis, da kann mir sowieso keiner was. Ich bestellte munter Runde um Runde. Die Jungs schüttelten sich vor Ekel – und bestellten zu meiner Überraschung zwischendurch auch immer wieder auf eigene Faust. „Na kommt schon, ihr Mickey-Mäuse“, dachte ich, „bestellt ihr nur!“ Ich kachelte die Dinger weg. Wir tranken einen, zwei, drei, acht, zehn, zwölf Kurze. Irgendwann musste ich anerkennen: Alter, die Burschen halten aber gut durch.
„Na kommt schon, ihr Mickey-Mäuse“
Nach etwa einer Stunde ging ich kurz nach oben an Deck, etwas Luft schnappen. Was mir im Nachhinein zum Verhängnis wurde. Denn es ist ja so: Wenn man einen genascht hat und vom Warmen ins Kalte geht oder umgekehrt, dann schlägt der Hammer zu. Dann guckst du plötzlich wie ein Monchhichi. Dann wirkt der Alkohol erst richtig. Genau so war es bei mit in dem Moment, ich war fix und alle, ich brauchte eine Pause. Aber zum Glück gab es ja die Schiffstoilette! Ich torkelte also in die kleine Kabine, setzte mich hin – und pennte einfach ein. War wichtig.
Wieder eineinhalb Stunden später kam ich langsam zu mir, verließ die Kabine, bestellte mir erstmal einen Drink (keine Sorge, ich bin ein Bauer, ich kann das!), lief dann rüber zur Gang und fragte entgeistert: „Mensch Männer, wieviel sauft ihr denn?“ Und was antworteten die Dreckschweine? „Tusche: Wir haben die ganze Zeit nur Cola getrunken.“
Ich habe mich kaputt gelacht. Die Jungs natürlich auch. Vor allem, weil normalerweise ich derjenige war, der solche Aktionen brachte. Heimlich einen Tropfen eine Million Scoville scharfe Soße aufs Essen von Keeper Marcel Höttecke schütten, Salzstreuer aufdrehen (lieben Gruß an Marco Gebhardt), diese Sachen. Und so wie ich ausgeteilt habe, musste ich eben auch ab und zu einstecken. Wie gesagt: Eine Mannschaft braucht diese Erlebnisse. Wir reden heute noch von dem Abend.