Im Juli präsentierte der SV Meppen Torsten Frings als neuen Trainer. Nationalspieler, Vizeweltmeister, viel zu groß für die kleine Provinz. Was will er hier?
Ihre Außendarstellung scheint Ihnen wichtig zu sein. Bei Amtsantritt betonten Sie, entgegen den Gerüchten noch nicht mit Ihrem Ferrari in Meppen gewesen zu sein.
Das war eine banale Geschichte. Über Freunde hatte ich gehört, dass es hieß, ich sei hier mehrfach mit meinem Ferrari gesichtet worden. Aber das stimmt einfach nicht. Auf dem Foto, das herumging, ist im Hintergrund das Bremer Kino zu sehen.
Sie sind heute in einem schwarzen Mercedes vorgefahren.
Ich habe überhaupt kein Problem damit, in einem Ferrari herzukommen, der gehört ja schließlich zu mir. Und ich habe das Auto nicht geklaut, sondern es mir erarbeitet. Aber ein Ferrari passt nicht als Arbeitsfahrzeug hierher. Was mich an der Geschichte aufregt, sind Lügen, die anonym vor allem in den Sozialen Medien verbreitet werden.
Gerade aber sagten Sie, dass Sie zu Meppen passen. Warum dann nicht Ihr Sportwagen?
Wenn ich jeden Tag damit fahre, sinkt der Wert so dramatisch, das kann ich mir gar nicht leisten. (Lacht.) Ernsthaft: Es ist doch Wahnsinn, dass wir seit zwei Minuten über dieses Auto sprechen. Wofür? Damit mich jemand in die Schublade des millionenschweren Profis stecken kann, der nicht in die Provinz passt? Das ergibt für mich keinen Sinn.
Ein Ferrari in Meppen, das würde tatsächlich auffallen. Als Nick Proschwitz vor zwei Jahren einen Vertrag beim SV Meppen unterschrieb, war die Aufregung so groß wie bei Dürrenmatts Besuch der alten Dame. Denn der ehemalige Torschützenkönig der zweiten Liga und Premier-League-Spieler fuhr mit einem Sportwagen vor. Das kam gut an, wenn er traf. Und genauso wurde hinter vorgehaltener Hand gespottet, wenn der SV Meppen am Wochenende verloren hatte. Er hätte wohl auch mit Blaulicht und Martinshorn durch die Kleinstadt fahren können. Nicht weniger neugierige Meppener hätten gewusst, wo sich ihr Stürmer gerade aufhält.
Beim SV Meppen wird immer behauptet, der Verein lebe von der engen Verbindung zwischen Fans und Spielern. Wie stellen Sie die Verbindung her – wenn Kontakte doch verboten sind?
Ich verstehe, was Sie meinen. Mein Vorgänger Christian Neidhart konnte hier auch nicht den Abschied erhalten, den er sich über die sieben Jahre verdient hätte. Wir müssen improvisieren. Wenn jemand beim Training vorbeischauen will, ist er herzlich eingeladen. Die Meppener wissen ja, wo wir trainieren. Und dann gebe ich auch gerne Autogramme.
Zwei Tage nach diesem Interviewtermin taucht bei Instagram das Foto eines Fans auf. „18 Jahre auf die Unterschrift gewartet. Danke Torsten.“ Er hält am Rande des Trainingsplatzes zusammen mit Frings das deutsche WM-Trikot von 2002 hoch. Die Beflockung? „22 – Frings“.
Wird der Fußball durch die Abwesenheit der Fans zum Beruf?
(Überlegt.) Beruf? Nee. Ich will es so erklären: Als Kind habe ich davon geträumt, Profi zu werden. Viel Geld zu verdienen, erkannt zu werden, den Hype zu spüren. Aber nach all der Zeit weiß ich, dass ich sehr gut darauf verzichten könnte. Trotzdem bin ich Trainer – weil die Leidenschaft für Fußball größer ist.
Wären Sie froh, wenn Sie dauerhaft ohne Zuschauer, ohne den Hype spielen würden?
Nein, dann könnten wir ja auch drüben auf die Wiese gehen und dort kicken. Die Zuschauer sorgen dafür, dass wir Entbehrungen auf uns nehmen, dass wir es unbedingt schaffen wollen. Weil wir das Adrenalin am Spieltag spüren, in vollen Stadien spielen wollen, das treibt mich an. Aber klar: Ohne Zuschauer könnten wir nicht unser Einkommen verdienen.
Sie sind Deutscher Meister, dreifacher Pokalsieger, Vizeweltmeister. Was treibt Sie zum Drittligisten SV Meppen?
Ich habe hier die Möglichkeit, bei einer von insgesamt 56 Profimannschaften als Trainer zu arbeiten. Bei einem gestandenen, super geführten Verein, der sich weiterentwickeln will. Das Anspruchsdenken, das von außen hereingetragen wird, lautet: Ein Weltklassespieler muss einen Weltklasseverein trainieren. Ich muss aber nicht Real Madrid trainieren, um mich gut aufgehoben zu fühlen. Wenn ich hier mit den Jungs zusammen bin, gebe ich mein ganzes Herz.
Wie definieren Sie ihren Führungsstil?
Ich muss kein Feldwebel sein, um mir Autorität zu erarbeiten. Die Jungs sollen mit einem guten Gefühl zum Training kommen. Wenn jemand private Probleme hat, soll er mit mir darüber reden können. Ich glaube, dass er nur so seine optimale Leistung abrufen kann.
So eine Entscheidung wächst aus eigenen Erfahrungen.
Ich habe die gemacht, ja. Unter Trainern wie Thomas Schaaf oder Matthias Sammer, die nahbar waren, habe ich bessere Leistungen abrufen können. Und als Spieler hatte ich nur die Möglichkeit, meine Dankbarkeit zu zeigen, indem ich mir den Arsch aufreiße.