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3. Liga

Seite 3: „Es ist doch Wahnsinn, dass wir seit zwei Minuten über dieses Auto sprechen“

Ihre Außen­dar­stel­lung scheint Ihnen wichtig zu sein. Bei Amts­an­tritt betonten Sie, ent­gegen den Gerüchten noch nicht mit Ihrem Fer­rari in Meppen gewesen zu sein.
Das war eine banale Geschichte. Über Freunde hatte ich gehört, dass es hieß, ich sei hier mehr­fach mit meinem Fer­rari gesichtet worden. Aber das stimmt ein­fach nicht. Auf dem Foto, das her­um­ging, ist im Hin­ter­grund das Bremer Kino zu sehen.

Sie sind heute in einem schwarzen Mer­cedes vor­ge­fahren.
Ich habe über­haupt kein Pro­blem damit, in einem Fer­rari her­zu­kommen, der gehört ja schließ­lich zu mir. Und ich habe das Auto nicht geklaut, son­dern es mir erar­beitet. Aber ein Fer­rari passt nicht als Arbeits­fahr­zeug hierher. Was mich an der Geschichte auf­regt, sind Lügen, die anonym vor allem in den Sozialen Medien ver­breitet werden.

Gerade aber sagten Sie, dass Sie zu Meppen passen. Warum dann nicht Ihr Sport­wagen?
Wenn ich jeden Tag damit fahre, sinkt der Wert so dra­ma­tisch, das kann ich mir gar nicht leisten. (Lacht.) Ernst­haft: Es ist doch Wahn­sinn, dass wir seit zwei Minuten über dieses Auto spre­chen. Wofür? Damit mich jemand in die Schub­lade des mil­lio­nen­schweren Profis ste­cken kann, der nicht in die Pro­vinz passt? Das ergibt für mich keinen Sinn.

Ein Fer­rari in Meppen, das würde tat­säch­lich auf­fallen. Als Nick Pro­schwitz vor zwei Jahren einen Ver­trag beim SV Meppen unter­schrieb, war die Auf­re­gung so groß wie bei Dür­ren­matts Besuch der alten Dame. Denn der ehe­ma­lige Tor­schüt­zen­könig der zweiten Liga und Pre­mier-League-Spieler fuhr mit einem Sport­wagen vor. Das kam gut an, wenn er traf. Und genauso wurde hinter vor­ge­hal­tener Hand gespottet, wenn der SV Meppen am Wochen­ende ver­loren hatte. Er hätte wohl auch mit Blau­licht und Mar­tins­horn durch die Klein­stadt fahren können. Nicht weniger neu­gie­rige Meppener hätten gewusst, wo sich ihr Stürmer gerade auf­hält.

Beim SV Meppen wird immer behauptet, der Verein lebe von der engen Ver­bin­dung zwi­schen Fans und Spie­lern. Wie stellen Sie die Ver­bin­dung her – wenn Kon­takte doch ver­boten sind?
Ich ver­stehe, was Sie meinen. Mein Vor­gänger Chris­tian Neid­hart konnte hier auch nicht den Abschied erhalten, den er sich über die sieben Jahre ver­dient hätte. Wir müssen impro­vi­sieren. Wenn jemand beim Trai­ning vor­bei­schauen will, ist er herz­lich ein­ge­laden. Die Meppener wissen ja, wo wir trai­nieren. Und dann gebe ich auch gerne Auto­gramme.

Zwei Tage nach diesem Inter­view­termin taucht bei Insta­gram das Foto eines Fans auf. 18 Jahre auf die Unter­schrift gewartet. Danke Torsten.“ Er hält am Rande des Trai­nings­platzes zusammen mit Frings das deut­sche WM-Trikot von 2002 hoch. Die Beflo­ckung? 22 – Frings“.

Wird der Fuß­ball durch die Abwe­sen­heit der Fans zum Beruf?
(Über­legt.) Beruf? Nee. Ich will es so erklären: Als Kind habe ich davon geträumt, Profi zu werden. Viel Geld zu ver­dienen, erkannt zu werden, den Hype zu spüren. Aber nach all der Zeit weiß ich, dass ich sehr gut darauf ver­zichten könnte. Trotzdem bin ich Trainer – weil die Lei­den­schaft für Fuß­ball größer ist.

Frings 8 W2 A9239 WEB
Max Slo­bodda

Wären Sie froh, wenn Sie dau­er­haft ohne Zuschauer, ohne den Hype spielen würden?
Nein, dann könnten wir ja auch drüben auf die Wiese gehen und dort kicken. Die Zuschauer sorgen dafür, dass wir Ent­beh­rungen auf uns nehmen, dass wir es unbe­dingt schaffen wollen. Weil wir das Adre­nalin am Spieltag spüren, in vollen Sta­dien spielen wollen, das treibt mich an. Aber klar: Ohne Zuschauer könnten wir nicht unser Ein­kommen ver­dienen.

Sie sind Deut­scher Meister, drei­fa­cher Pokal­sieger, Vize­welt­meister. Was treibt Sie zum Dritt­li­gisten SV Meppen?
Ich habe hier die Mög­lich­keit, bei einer von ins­ge­samt 56 Pro­fi­mann­schaften als Trainer zu arbeiten. Bei einem gestan­denen, super geführten Verein, der sich wei­ter­ent­wi­ckeln will. Das Anspruchs­denken, das von außen her­ein­ge­tragen wird, lautet: Ein Welt­klas­se­spieler muss einen Welt­klas­se­verein trai­nieren. Ich muss aber nicht Real Madrid trai­nieren, um mich gut auf­ge­hoben zu fühlen. Wenn ich hier mit den Jungs zusammen bin, gebe ich mein ganzes Herz.

Wie defi­nieren Sie ihren Füh­rungs­stil?
Ich muss kein Feld­webel sein, um mir Auto­rität zu erar­beiten. Die Jungs sollen mit einem guten Gefühl zum Trai­ning kommen. Wenn jemand pri­vate Pro­bleme hat, soll er mit mir dar­über reden können. Ich glaube, dass er nur so seine opti­male Leis­tung abrufen kann.

So eine Ent­schei­dung wächst aus eigenen Erfah­rungen.
Ich habe die gemacht, ja. Unter Trai­nern wie Thomas Schaaf oder Mat­thias Sammer, die nahbar waren, habe ich bes­sere Leis­tungen abrufen können. Und als Spieler hatte ich nur die Mög­lich­keit, meine Dank­bar­keit zu zeigen, indem ich mir den Arsch auf­reiße.