Jens Lehmann geht mit einer Kettensäge auf das Grundstück seines Nachbarn zu und zerfetzt die Dachbalken der neuen Garage. Wir sind auf Stimmenfang gegangen. Was haben ehemalige Weggefährten gedacht, als sie von der neuesten Nachricht um Jens Lehmann gehört haben?
„Komisch fand ich es im ersten Moment nicht, als ich von Jens’ Wutausbruch gelesen habe. Man hat nunmal Phasen, in denen es nicht so läuft. Jens Lehmann war immer ein Spieler, der erstens nicht sehr intelligent ist, und der zweitens von seiner Art absolut den Anlass gegeben hätte, dass man da hätte denken können, da ist irgendetwas. Und ich meine: Mit ihm duschen wollte ich sowieso noch nie.“
„Ich habe grad’ Gänsehaut.“
„Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Lehmann nicht als Nachbarn haben.“
„Der Herr Lehmann war vorherige Woche bei uns im Laden. Im Nachhinein wird mir einiges klar, er hat so seltsame Fragen gestellt. Zum Beispiel wollte er wissen, was für Kettensägen wir hätten, er kenne sich damit nicht so gut aus. Ganz eigenartig. Ich habe ihn natürlich direkt mal gefragt, ob er ein 1,1er oder 1,6er Treibglied braucht und die Kettenteilung auf einem Viertelzoll oder Dreiachtelzoll bemessen werden soll. Das hat er schon nicht verstanden. Also habe ich der Einfachheit halber gefragt, ob er denn mit hochlegiertem Chrom-Nickel-Stahl einverstanden ist. Er hat nur den Kopf geschüttelt und sieben verschiedene Kettensägen gekauft.“
„That’s my boy.“
„Ich weiß, dass das nicht der Jens ist, den ich kenne, sondern dass das ein jemand ist, der unter heftigstem Einfluss von Kettenfett stand.“
„Lösch meine Nummer, du Freak!“
„Dieses Adrenalin, dieser ewige Kampf gegen sich selbst, der Druck, immer alles abliefern zu müssen – der macht dich irgendwann kaputt. Und dann geht es nicht mehr. Dann muss es raus. Und zwar auf einen Schlag. Ich habe den Jens Zeit seiner Karriere verachtet: diese Locken, dieses schlumpfige Grinsen, sein Besserwissertum. Zum ersten Mal hatte ich nun das Gefühl, mich ihm verbunden zu fühlen. Ich verstehe den Impuls. Es lässt sich einzig darüber streiten, ob es unbedingt meine Garage hätte sein müssen.“
„Hahahahahaha. Was’n das für ne Frage?“
„Dabei hat er in der Kabine immer so freundlich gegrüßt. Wir sind alle fassungslos.“
„Als ehemaliger Nationalspieler ist er sehr fachkundig und hat eine tolle Präsenz und bringt bei BILD Quote.“
„If it wasn’t for my neighborhood then I wouldn’t be nothing.“
„Jetzt wird mir so einiges klar. Über 20 Jahre habe ich nichts von Jens gehört. Bis zur vergangenen Woche. Da rief er plötzlich an und bat mich um 300 Euro. Er müsse dringend eine Besorgung unternehmen. Ich habe ihm das Geld gegeben, schließlich konnte ich nicht wissen, was er vorhat.“
„Ich hab’s nicht gesehen, sorry.“
„Ich bin die Bilder aus dem Spiel gegen Unirea Urziceni 2009 nie wieder losgeworden. Als ich gestern von ihm und seiner neuesten Eskapade gelesen habe, ist alles wieder hochgekommen. Die armen Nachbarn. Es ist grausam. Und auch ein bisschen eklig.“
„Ich wusste immer: irgendwann kommt sie, meine Breakthrough-Story. Danke, Jens Lehmann!“
„Liebe Zuhörerinnen, liebe Zuhörer, herzlich Willkommen zu einer neuen Folge meines Podcasts „Zeit Verbrechen“. Heute beschäftige ich mich mit eine ganz besonders widerwärtigen Geschichte. Sie handelt von einem kranken Psychopathen, der sich mit einer Kettensäge an den Dachbalken seines Nachbars zu schaffen machte. Grausig! All die Kaltblütigkeit dieses Mannes zeigt sich darin, dass er noch bevor er zur Tat schritt, die Kabel der Überwachungskamera auf dem Nachbarsgelände durchtrennte. Abscheulich!“
„Ich wüsste nicht, was wir reden sollten. Ich habe keine Kettensäge zu Hause, mit der ich fremde Grundstücke beschädige, verfasse keine rassistischen WhatsApp-Nachrichten, habe keine Angst vor schwulen Männern und pinkel nicht vor einem Millionenpublikum hinter irgendeine Bande. Ich habe ein anderes Leben.“