Wir bauen unsere Seite für dich um. Klicke hier für mehr Informationen.

Seite 2: „Martina, ich kann einfach nicht“

Was ist denn wichtig für guten Schlaf?
Ich habe fest­ge­stellt, dass ich um die acht, neun Stunden schlafen muss, um wirk­lich gut erholt zu sein. Und in meinen Werten ist zu erkennen, dass ich relativ lange im REM-Schlaf liege. Also, in einem unru­higen Schlaf, in dem ich viel träume und eben nicht in den Tief­schlaf komme. Was sicher­lich auch damit zu tun hat, dass man im Schlaf ver­ar­beitet, was man tags­über erlebt hat. Und je mehr das ist, desto unru­higer kann der Schlaf werden. Und gleich­zeitig habe ich mit durch­schnitt­lich zwei Stunden pro Nacht sogar einen ver­gleichs­weise langen Tief­schlaf. Das ist extrem wichtig, um in die Erho­lungs­phase zu kommen, weil erst dann die Rege­ne­ra­tion der Mus­ku­latur beginnt.

Zu allem Über­fluss haben Sie sich kurz vor der EM noch mit Corona infi­ziert. Inwie­fern hat sich die Erkran­kung in Ihren Leis­tungs­daten bemerkbar gemacht?
Ich konnte zumin­dest sehen, dass ich ein paar Tage vor dem posi­tiven Test­ergebnis schlechte Schlaf­werte hatte. Meine Herz­fre­quenz war auch nicht in dem Bereich, wie ich es eigent­lich von mir kenne. Spe­ziell wäh­rend des Schla­fens. Ich habe mich trotzdem okay gefühlt und war dem­entspre­chend völlig über­rascht über das posi­tive Ergebnis. Wäh­rend der Qua­ran­täne war dann aber sehr klar zu sehen, dass meine Werte in den Keller gegangen sind. Das war nicht so schön. Eine Sache fand ich beson­ders span­nend.

Welche?
Ich habe mit­unter wirk­lich brutal lange geschlafen – aber hatte nie eine gute Erho­lung. Ich kam mit­unter auf mehr als zehn Stunden Schlaf, aber meine Erho­lungs­werte waren immer nur bei rund 40 oder 50 Pro­zent. Was total paradox ist. Aber sobald ich dann wieder gesund war, haben sich diese Werte zum Glück recht schnell nor­ma­li­siert.

Ich habe zum ersten Schuss aufs Tor ange­setzt und mir war sofort klar: Das kann ich ver­gessen“

Und dann konnten Sie im Finale gegen Eng­land nicht spielen – wieder mal ver­let­zungs­be­dingt. Diesmal war es der linke Ober­schenkel.
Ich hatte am Vor­abend des Finals schon das Gefühl, dass es nicht klappen würde. Die Ver­let­zung ist im Abschluss­trai­ning so extrem geworden. Nach dem Trai­ning saß ich in meinem Zimmer und habe gespürt, dass da etwas nicht stimmt. Abends war ich noch in der Behand­lung bei den Phy­sios und später haben wir noch in den Muskel rein­ge­spritzt. Keine Schmerz­mittel, son­dern eher, um den Mus­kel­tonus run­ter­zu­fahren, um die Span­nung aus dem Muskel zu nehmen. Am nächsten Morgen bin ich auf­ge­standen, hatte keine Pro­bleme und habe ich ein klit­ze­kleines biss­chen Hoff­nung gespürt. Den­noch war ich den ganzen Tag über extrem skep­tisch. Mein Ober­schenkel hat sich ein­fach nicht normal ange­fühlt. Wir haben dann abge­macht, dass ich es beim Auf­wärmen pro­biere und schaue, wie der Muskel reagiert. Tja, dann habe ich zum ersten Schuss aufs Tor ange­setzt und mir war in dem Moment sofort klar: Das kann ich ver­gessen.

Wes­halb?
Ich habe über­haupt keinen Druck hinter den Ball bekommen, egal wie sehr ich es ver­sucht habe. Ich hatte extreme Schmerzen und hätte auch gar keinen län­geren Sprint anziehen können. Der Anpfiff rückte aber näher und natür­lich musste ich eine Ent­schei­dung treffen. Und ganz ehr­lich: Das war so unglaub­lich hart. Ich konnte es nicht fassen. Zu Beginn des Tur­niers saß ich noch auf der Bank, habe dann durch die Coro­na­in­fek­tion von Lea Schüller meine Chance bekommen und Leis­tungen gebracht, die mir kein Mensch mehr zuge­traut hatte. Ich selbst mir übri­gens auch nicht. Und dann macht der Muskel genau vor diesem Spiel, vor diesem Traum­fi­nale im Wem­bley, zu.

Inhalt aus Datenschutzgründen blockiert

(Bei Anzeige erfolgt möglicherweise Tracking durch Drittanbieter)

Wie haben Sie das dem Team mit­ge­teilt?
Ich bin zur Trai­nerin gegangen und habe gesagt: Mar­tina, ich kann ein­fach nicht. Ich kann nichtmal richtig schießen.“ In dem Moment ist für mich kurz­zeitig die Welt in sich zusam­men­ge­bro­chen. Gleich­zeitig war mir aber klar, dass das Team mich trotzdem braucht. Ich weiß bis heute nicht, wie ich es geschafft habe, aber plötz­lich habe ich einen Schalter umge­legt und mich nur noch darauf kon­zen­triert, das Team zu pushen. Ich war es der Mann­schaft auch ein­fach schuldig. Weil das Team und die Mit­spie­le­rinnen mich in den Tagen zuvor durch all die Unter­stüt­zung erst auf das Level gebracht haben, auf dem ich dann gespielt habe. Ich musste ihnen also etwas zurück­geben.

Inwie­fern hat in diesen Momenten der Kopf über das Herz gesiegt?
Natür­lich bin ich in meinem Kopf noch etliche Sze­na­rien durch­ge­gangen. Ich hatte aber das Gefühl, noch nicht mal bei 80 Pro­zent gewesen zu sein. Ich hätte wahr­schein­lich ein­fach nur vorne rum­ge­standen und gewartet, bis der Ball irgend­wann mal auf meinen rechten Fuß fällt. Mit links konnte ich ja nicht schießen. Aber ich hätte unser Spiel gar nicht auf­ziehen können, weil wir so ein extremes Pres­sing gespielt haben. Ich hätte mit dem Tempo und mit dieser Aggres­sion gar nicht mit­gehen können. Das wäre der Mann­schaft gegen­über ein­fach nicht gerecht gewesen. Ich bin bis heute über­zeugt davon, dass es keinen Sinn ergeben hätte. Egal wie viele Leute im Nach­hinein gesagt haben: Naja hät­test du mal.“ Nein. Keine Chance.