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Sebas­tian Schind­zielorz, wie aber­gläu­bisch sind Sie?

Ich denke, dass jeder Fuß­baller seine kleinen Rituale hat. Ich betrete zum Bei­spiel den Platz immer zuerst mit dem linken Fuß und ver­lasse ihn immer mit dem rechten. Den genauen Grund dafür kann ich gar nicht sagen, das hat sich über die Jahre so ein­ge­spielt. Aber ins­ge­samt würde ich sagen, dass ich nicht über­mäßig aber­gläu­bisch bin.

Sie wurden in ihrer Kar­riere immer wieder durch Ver­let­zungen zurück­ge­worfen und mussten sich hoch arbeiten. Helfen einem diese Rituale dabei, wieder ein biss­chen Sicher­heit in seinen Alltag zu bekommen?

Nein, ich denke meine Ver­let­zungen haben keinen Ein­fluss auf bestimmte Rituale gehabt. Da spielten andere Fak­toren eine Rolle. Man sollte das alles nicht über­be­werten.



Also hatte es für Sie auch keine beson­dere Bedeu­tung, dass Sie Ihre Bun­des­liga-Rück­kehr nach über 1000 Tagen gegen ihren alten Verein VfL Bochum feiern konnten?

Das war schon etwas Beson­deres. Ich habe immerhin 15 Jahre in Bochum gespielt. Ich bin ein Junge aus dem Ruhr­ge­biet, das hat man ein­fach in sich. Aber im Grunde hätte es mich auch genauso gefreut, wenn ich gegen einen anderen Verein mein erstes Spiel gemacht hätte.

Wie haben Sie eigent­lich erfahren, dass Sie im Spiel gegen Bochum erst­mals wieder im Kader der Profis stehen würden?

Der Trainer kam nach dem Abschluss­trai­ning zu mir und sagte, dass ich mit nach Bochum fahre. Das war ein wun­der­schönes Gefühl und auch eine Bestä­ti­gung für die harte Arbeit, die ich in den schweren Zeiten nach Ver­let­zungen immer wieder hatte. Ich habe mich ein­fach nur riesig gefreut.

Kannten Sie in Bochum über­haupt noch jemanden aus Ihrer dama­ligen Zeit?

Einige Spieler kannte ich schon noch, wenn auch nicht aus meiner Zeit beim VfL. Mit Chris­toph Dabrowski und Marcel Mal­t­ritz habe ich in der U‑21 Natio­nal­mann­schaft zusammen gespielt, Oliver Schröder kannte ich noch aus Köln. Direkte Mit­spieler aus meiner Bochumer Zeit waren beim Spiel aber nicht mehr dabei, nur im Betreu­er­stab kannte ich noch viele.

Und haben Ihnen die alten Weg­be­gleiter wenigs­tens kurz gra­tu­liert?

Es gab schon kurze Gespräche. Nach dem Spiel haben dann auch ein paar ehe­ma­lige Mann­schafts­kol­legen ange­rufen und mir gra­tu­liert. Es war schön zu merken, dass sich auch andere mit einem freuen.

In Bochum spielten Sie seit der E‑Jugend, wurden dort zum U‑21 Natio­nal­spieler. Wie sehr hängen Sie noch an Bochum?

Ich hänge sehr an der Stadt. Ich habe dort viele Freunde, meine Familie wohnt noch immer da. Mein Ziel ist es, irgend­wann wieder zurück zu kehren. Aber wann das sein wird, steht noch in den Sternen. Ich will auf jeden Fall noch ein paar Jahre erfolg­reich Fuß­ball spielen.


Trotz Ihrer Ver­bun­den­heit zum VfL Bochum zog es Sie zum zur Saison 03/04 zum 1.FC Köln. War der Wechsel der nächst logi­sche Schritt in Ihrem Kar­rie­re­plan?


Natür­lich hatte ich mir so etwas wie einen roten Faden gesponnen, wie meine Kar­riere in etwa laufen sollte. Ich wollte nach 15 Jahren in Bochum raus und einen neuen Verein, eine neue Stadt kennen lernen. Das war mir wichtig, für meine sport­liche und per­sön­liche Ent­wick­lung. Leider kam es dann ganz anders. Ich habe gemerkt, dass man sich im Fuß­ball keine Pläne zurecht legen kann.

In Köln ver­letzten Sie sich schwer. Nach einem Mit­tel­fuß­bruch fielen Sie die kom­plette erste Saison aus. Nach dem Auf­stieg im zweiten Jahr, kamen Sie unter Hans­peter Latour nur noch spo­ra­disch zum Ein­satz. Bereuen Sie diesen Wechsel in die Dom­stadt im Nach­hinein?

Nein, ich bereue gar nichts. Vor meinem Wechsel nach Köln, habe ich mich hin­ge­setzt und Pro und Contra abge­wogen. Alles sprach für einen Wechsel. In Köln hatte ich dann viel Pech, daran kann man nichts mehr ändern. Wenn ich heute in der glei­chen Situa­tion wäre, würde ich mich genauso ent­scheiden. 

Als Ihr Ver­trag in Köln endete, wech­selten Sie zum IK Start Kris­ti­an­sand nach Nor­wegen. Gab es kein Inter­esse aus Deutsch­land?

Nach meinen Ver­let­zungs­pro­blemen in Köln war klar, dass mein Ver­trag nicht ver­län­gert würde. In den Gesprä­chen mit anderen Ver­einen kamen dann immer wieder Zweifel auf, ob mein Fuß der Bun­des­liga Belas­tung stand­halten könnte. Ich wollte mir und allen anderen beweisen, dass mein Körper den Ansprü­chen des Pro­fi­fuß­balls gewachsen ist, und bekam die Mög­lich­keit nach Nor­wegen zu gehen.

Die nor­we­gi­sche Liga liegt nicht gerade im Fokus des öffent­li­chen Inter­esses. Was haben Sie sich vom Wechsel nach Nor­wegen ver­spro­chen?


Der Vor­teil ist, dass die Saison dort im Kalen­der­jahr gespielt wird. Die Saison ist also Ende November vorbei. Mein Plan war es, bis November bei Kris­ti­an­sand Spiel­praxis zu sam­meln, und dann in der neuen Winter-Trans­fer­pe­riode fit für die Bun­des­liga bereit zu stehen.

Sie waren schluss­end­lich nur wenige Monate bei Kris­ti­an­sand. Haben Sie ver­sucht sich der neuen Umge­bung zu nähern oder war es für Sie ein rein pro­fes­sio­nelles Arbeits­ver­hältnis?

Ich wurde sehr freund­lich bei Kris­ti­an­sand emp­fangen. Für mich ist es selbst­ver­ständ­lich, sich gegen­über dem Land in dem man lebt, respekt­voll zu ver­halten. Dazu gehört eben auch, dass man sich dem all­täg­li­chen Leben anpasst und auch die Sprache lernt. Mir war aber von vorn­herein klar, dass Kris­ti­an­sand nur eine Zwi­schen­sta­tion ist. Der Fuß­ball stand schon klar im Vor­der­grund.

Als Sie aus Nor­wegen zurück­kamen nach Deutsch­land fanden Sie keinen neuen Verein. Ihr Plan ist also nicht ganz auf­ge­gangen. Was macht man ein halbes Jahr lang als arbeits­loser Fuß­baller im besten Alter?

Ich wollte damals im Dezember nach Deutsch­land zurück­kehren, um in der Winter-Trans­fer­pe­riode einen neuen Verein zu finden. Leider habe ich mir kurz vor dem Sai­son­ende in Nor­wegen eine Menis­kus­ver­let­zung zuge­zogen. Ich musste des­wegen ope­riert werden, und es war uto­pisch bis zum 31. Januar, also dem Ende der Wech­sel­frist, wieder fit zu werden. Ich fand also keinen neuen Verein und bin dann acht Wochen zu Klaus Eder in die Reha nach Donaus­tauf gegangen. Da war ich täg­lich damit beschäf­tigt, meinen Körper wieder auf Vor­der­mann zu bringen.

Haben Sie einen Moment gezwei­felt, ob Sie noch das rich­tige tun?

Nein, denn ich hatte schon relativ früh Kon­takt nach Grie­chen­land und merkte, dass Inter­esse an mir besteht. Ich wusste also, dass sich die ganze Arbeit, die ich wieder einmal in der Reha machen musste, lohnen wird. Das moti­viert unge­mein.

Wie ent­stand der Kon­takt nach zu PAE Leva­diakos?

Georgi Was­silew, der jah­re­lang Trainer bei Union Berlin war, kam zu dieser Saison nach Leva­diakos. Er hatte von meiner Situa­tion erfahren und bot mir die Mög­lich­keit wieder in der ersten Liga zu spielen. Ich hatte dort eine schöne Zeit. Wir haben als Auf­steiger die Klasse gehalten, damit hatte kaum einer gerechnet. Für mich per­sön­lich war es wichtig, dass ich ver­let­zungs­frei geblieben bin und regel­mäßig spielen konnte.

Wenn man bei einem Verein wie PAE Leva­diakos ist, steht man in Deutsch­land nicht unmit­telbar im Fokus des Inter­esses. Hatten Sie zwi­schen­zeit­lich einmal Angst, dass Sie in der Ver­sen­kung ver­schwinden könnten?

Für mich per­sön­lich war der Wechsel nach Grie­chen­land wichtig. Ich war sehr weit weg von zu Hause, musste mich wieder mit einer neuen Sprache und einer neuen Kultur aus­ein­ander setzen. Das hat mich mensch­lich weiter gebracht. Natür­lich ist die Bun­des­liga das Ziel gewesen, aber ich habe gelernt, dass man auch woan­ders glück­lich sein kann.

Sie sind in Ihrer Kar­riere viel her­um­ge­kommen. Welche Sta­tion hat Sie im Nach­hinein am meisten geprägt?

Das war ein­deutig die Zeit in Köln. Ich hatte zuvor einen steilen Auf­stieg erlebt. Mit 18 Jahren war ich bereits Stamm­spieler in Bochum, war in der U‑21 Natio­nal­mann­schaft, einmal sogar im Kader der A‑Mannschaft. In Köln habe ich dann das erste Mal erlebt, dass es auch in die andere Rich­tung gehen kann. Das hat mich auf­ge­weckt. Heute gehe ich mit dem Fuß­ball-Geschehen wesent­lich bewusster um und weiß, was es bedeutet, wenn man einem Bun­des­liga Sta­dion auf­laufen darf. Ich habe gelernt, die Zeit zu genießen.

Zur neuen Saison kamen Sie dann nach Wolfs­burg. Hat Felix Magath Ihnen eigent­lich erzählt, wie er auf Sie auf­merksam geworden ist?

Meine Frau und ich haben nach der Saison in Grie­chen­land ent­schieden, dass wir gerne zurück nach Deutsch­land wollen. Zu diesem Zeit­punkt war Bernd Hol­ler­bach bereits Trainer der U‑23 in Wolfs­burg. Er suchte einen erfah­renen Spieler, der die jün­geren Spieler an die Bun­des­liga her­an­führen kann. Nach den ersten Gesprä­chen war mir schon klar, dass das Gesamt­paket, was der VfL Wolfs­burg mir bietet, her­vor­ra­gend ist. Ich bekam also die Mög­lich­keit, bei einem Top­verein in der Bun­des­liga eine wich­tige Rolle zu über­nehmen. Für mich per­sön­lich war natür­lich die Per­spek­tive wichtig, dass ich bei ent­spre­chender Leis­tung die Chance bekam, wieder in der Bun­des­liga auf­zu­tau­chen. Da musste ich nicht lange über­legen und habe zuge­sagt.

Jetzt haben Sie ein paar Mal in der ersten Mann­schaft gespielt, zuletzt kamen Sie wieder in der Regio­nal­liga zum Ein­satz. Was ist Ihr per­sön­li­ches Ziel für die lau­fende Saison?

Auf­grund meiner Ver­gan­gen­heit habe ich auf­ge­hört mir weit­läu­fige Ziele zu setzen. Ich ver­suche, jeden Tag im Trai­ning 100% zu geben, und die Zeit zu genießen. Im Fuß­ball kann sich von einem Tag auf den anderen alles kom­plett ver­än­dern. Da hilft dir auch kein großer Plan.

Sie könnte ja sogar mit Wolfs­burg noch Deut­scher Meister werden. Wie gut schätzen Sie die Chancen ein?

Wie sind her­vor­ra­gend aus der Win­ter­pause gekommen und stehen im Moment gut da. Uns ist aber klar, dass wir uns dafür noch nichts kaufen können. Wir müssen jedes Spiel hoch­kon­zen­triert angehen und wenn wir das tun, dann wird es schwer uns zu schlagen. Mit jedem Spieltag erhöht sich also unsere Chance, ganz oben anzu­greifen.