Nach monatelangem Streit zwischen Vorstandschef Jens Redlich und aktiver Fanszene von TeBe Berlin kam es gestern zum Machtwechsel. Allein: Wie ist das möglich?
Und plötzlich waren die Schlösser am Mommsenstadion ausgetauscht. Gestern Nachmittag fand der monatelange Machtkampf um Tennis Borussia Berlin seinen vorläufigen Höhepunkt, als der Verein den Rücktritt von Vorstandschef Jens Redlich mitteilte und zugleich fan-freundliche Personen in das entscheidende Vereinsgremium berufen wurden. Doch der umstrittene Fitnessketten-Besitzer und Vereinsboss Redlich ist zurzeit im Urlaub und wusste von alldem nichts. Was war passiert?
Seit der Winterpause ist das Mommsenstadion in Berlin an Spieltagen wesentlich schlechter besucht. Nach dem Einstieg von Hauptsponsor Jens Redlich, der die Fitness-Studios „CrunchFit“ betreibt, hatte sich das Verhältnis zwischen ihm und der aktiven Fanszene zunehmend verschlechtert. Als bei einer Mitgliederversammlung zahlreiche unbekannte, aber stimmberechtigte Personen für Redlichs Kandidaten bei einer Abstimmung zum Aufsichtsrat votierten, kam es zur Trennung. Die Fans von TeBe pilgerten fortan als „Caravan of Love“ durch die Bundesrepublik. Nur zu den eigenen Spielen kamen sie nicht mehr. Zu heftig der Schmerz, was aus dem einst geliebten Verein geworden war. Zu klein die Hoffnung, dass sich daran in naher Zukunft etwas ändern würde.
Freiwilliger Abgang?
Umso größer war das Erstaunen am gestrigen Abend als die Pressemitteilung des Vereins eintrudelte, dass Jens Redlich als Vorstandschef gemeinsam mit Michael Scholich zurückgetreten sei. 2,5 Millionen Euro soll der starke Mann bisher in den Verein gepumpt haben. Und nun ist plötzlich Schluss?
Der Aufsichtsrat jedenfalls hatte Steffen Friede und das Vereins-Urgestein Günter Brombosch in den Vorstand berufen. Nach Recherchen des Tagesspiegels war die Änderung im Vereinsregister schon am 24. Juli vorgenommen worden.
Juristische Überprüfung
„Jens Redlich hat vor mehreren Monaten seinen Rücktritt erklärt. Diese Erklärung liegt vor und wurde von Anwälten, einem Notar und dem Amtsgericht überprüft. Der Aufsichtsrat musste deshalb handeln“, sagt Tobias Schulze, der für die Abteilung Aktive Fans spricht – also jener Gruppe, die zuletzt über das Land tourte.
„Nach intensiven juristischen Prüfungen und vielen Gesprächen im Verein haben wir uns zu dieser Nachbesetzung entschlossen. Uns war wichtig, dass zum Start der neuen Saison und des neuen Geschäftsjahres der Vorstand wieder satzungsgemäß besetzt und der Verein handlungsfähig ist“, sagt Aufsichtsratsvorsitzende Franziska Hoffmann in einer Pressemitteilung. Alles also richtig am Mommsen?
Zumindest Jens Redlich, der sich aktuell in den USA aufhält, sieht das völlig anders. Gegenüber dem „Tagesspiegel“ sagte er am gestrigen Abend: „Ich bin nicht zurückgetreten. Das stimmt alles nicht. Wir werden das alles rechtlich prüfen lassen.“ Fraglich ist also, ob Redlich zu irgendeiner Zeit schriftlich seinen Rücktritt verkündet hat – denn selbst wenn er kurz darauf den Rücktritt vom Rücktritt erklärt haben sollte, wäre das nach Vereinsrecht wohl nicht gültig.
„Wir würden uns über ein persönliches Gespräch freuen, damit wir den Verein geordnet übernehmen können. Möglicherweise steht uns auch ein Rechtsstreit bevor. Wir glauben aber, dass wir im Recht sind“, so Schulze. Er und der fan-freundliche Teil des Aufsichtsrats scheinen sich ihrer Sache jedenfalls sicher. Dass der Platzwart am Mommsenstadion nach Ansicht des Vereinsregisters Tür und Tor öffnete, um dem neuen Vorstand Einlass in die Räumlichkeiten zu gewähren, spricht für die Gruppe.
Der Kampf geht weiter
Wie der Kampf um den Verein in den kommenden Wochen eskalieren könnte, davon erhielt man am gestrigen Nachmittag eine Kostprobe. An der Geschäftsstelle trugen, so beschreiben es Augenzeugen, mehrere Personen Kisten aus den Büros. Der „Tagesspiegel“ schreibt, dass laut der Aufsichtsratsvorsitzenden Hoffmann unter anderem PCs fehlen würden. Kurz darauf wurden durch den neuen Vorstand die Schlösser ausgetauscht.
Am Sonntag beginnt für TeBe die neue Saison mit einem Auswärtsspiel bei Tasmania Berlin. Unklar ist, ob die Mannschaft in den neuen Trikots spielen wird. Die ziert der Schriftzug von Redlichs Fitnesskette „Crunch Fit“.