Vor 30 Jahren nannte die Band The Wedding Present ihr Debütalbum nach George Best. Dafür lud sie den Fußballer zum Fotoshooting ein – und der kam sogar. Sänger David Gedge erinnert sich.
Als wir 1987 das Album „George Best“ veröffentlichten, ahnte ich schon, dass er irgendwie auf das Cover und den Titel reagieren würde. Er tat es schließlich, indem er den Titel zensierte. Zur Erklärung muss man wissen, dass damals keine Schimpfwörter im Radio gebraucht werden durften. Wenn John Peel etwa Lieder aus Big Blacks „Songs About Fucking“ spielte, sagte er: „Der Titel des Albums lautet ›Songs About …‹, und den Rest könnt ihr euch denken.“
In diesem Stil kündigte er auch uns an: „Hier mal wieder eine Platte, die zwar gut klingt, aber deren Titel ich beim besten Willen nicht im Radio nennen kann.“ Und nach dem Song grummelte er: „Wenn man schon Alben nach alten Fußballern benennt, warum nicht nach Stevie Heighway?“ Aber ganz ehrlich: Stevie Heighway trug zwar einen schicken Moustache, aber wer war er gegen George Best? Gegen einen Mann, der mit seinem Pilzkopf anfangs aussah wie der fünfte Beatle und später mit seinem Bart und den langen Haaren wie Che Guevara?
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Das Debütalbum von The Wedding Present erschien 1987, der „NME“ packte es auf die Liste „Die 500 besten Platten aller Zeiten“.
Ich mochte Best aber nicht nur für seine coole Art, ich liebte auch seine Art zu spielen. Zweifelsohne waren Pelé oder Eusebio herausragende Spieler der Sechziger, aber Bests Spiel war unvorhersehbarer. Er war eine tickende Zeitbombe, du wusstest nie so recht, wann er auf dem Platz explodiert. Du wusstet nur, dass er irgendwann explodiert. Auch deswegen suchten wir nach einem Bild, das ihn im Manchester-United-Trikot zeigt. Ein ikonografisches, würdevolles und kraftvolles Bild. Unser Bassist Keith und ich fanden es schließlich in einem Sportarchiv in Manchester, wo wir stundenlang sämtliche Best-Fotografien durchgeguckt hatten. Als wir dieses Bild erblickten, sagten wir fast zeitgleich nichts weiter als: „Das ist es!“
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Fotoshooting mit George Best (Bild: David Gedge & Andrew Jezard)
Ein paar Wochen, bevor das Album erschien, hatte unser Manager plötzlich die Idee mit dem Fotoshooting. „Ich frage seinen Agenten an“, sagte er. „Wir können die Bilder gut an die Presse geben.“ Ich wurde da schon ein wenig nervös und gab nur mein Okay, weil ich dachte, dass Best eh absagen würde. Aber es kam anders. Best fand Gefallen an der Idee, und dann stand er eines Tages im Fotostudio. Nach meinem Bier-Fauxpas übernahm unser Gitarrist Peter das Reden. Absurderweise ging es in ihrem Gespräch überhaupt nicht um Fußball. Auch nicht um Musik. Ich glaube, Best hatte eh noch nie von uns gehört. Die beiden unterhielten sich stattdessen angeregt übers Angeln, sie tauschten sich aus über Blinker und Ruten, ein totales Nerd-Gespräch. Ich schaute nur verstohlen von der Seite rüber, ein Fanboy, der ihn von all den großen Spielen kannte, der früher sein Poster an der Wand hängen hatte, und der ihm nun sprachlos gegenüberstand.
Seitdem sind 30 Jahre vergangen. Ich finde, die Platte ist gut gealtert. Trotzdem: Heute würde ich ein Album vermutlich nicht mehr nach einem Fußballspieler benennen. Aber vielleicht war es damals ein kluger Schachzug. Die Platte war zwar kein Bestseller, aber sie verkaufte sich durchaus ordentlich, hielt sich lange in den Indie-Charts, und der „NME“ packte sie auf seine Liste der „500 besten Platten aller Zeiten“. Außerdem konnten wir damals ein paar neue Fans gewinnen. Zumindest kauften einige ManUnited-Fans die LP, ohne uns zu kennen. Sie dachten, es handele sich um ein Musikalbum von George Best mit dem Titel „The Wedding Present“.
Der Text stammt aus unserer Oktober-Ausgabe 11FREUNDE #191. Erhältlich am Kiosk oder bei uns im Shop. Digital im iTunes- sowie im Google-Play-Store. Wir präsentieren außerdem die Tour der Band:
22.10. Münster, Gleis 22
23.10. Bremen, Lagerhaus
24.10. Hamburg, Hafenklang
27.10. Dresden, Scheune
28.10. Berlin, Kantine am Berghain
29.10. Frankfurt, Das Bett