Erneut schmilzt vor der entscheidenden Saisonphase die Personaldecke des FC Bayern bedrohlich zusammen. Ist Pep Guardiola für diese Situation verantwortlich?
Aber gehört es nicht auch zu den Aufgaben eines großen Trainers, in allen Arbeitsbereichen eine ständige Optimierung einzufordern? Er will die beste Mannschaft der Welt auf dem Platz brillieren sehen – das ist sein eigener Anspruch und letztlich auch der Anspruch des FC Bayern und seiner Fans –, und das fordert er bei seinen Experten ein. Inwieweit diese ihm dazu das medizinische Go geben, obliegt ihnen. Dafür sind sie die Experten. Wenn sie etwas nicht verantworten können, darf der Spieler nicht aufgestellt werden. Punkt. Andernfalls wären der Profi kein Arbeitnehmer, sondern ein Leibeigener.
Am Ende liegt es im Verantwortungsbereich des Trainers – zumal er in München auf allen Ebenen die optimalen Voraussetzungen dafür vorfindet –, dass sein Kader gesund und saisonübergreifend den Anforderung gewachsen ist. Sollte es überhaupt einen Punkt geben, in dem der FC Bayern in der Regentschaft von Guardiola Defizite offenbart hat, dann hier: Wenn im Frühjahr die K.o.-Matches in der Champions League und im Pokal anstanden, wurde die Personaldecke seit Winter 2013/14 stets deutlich dünner. In der Crunch-Time der Spielzeit fehlten den Bayern unter Pep jeweils wichtige Akteure, die den Unterschied machen können. Für den Fall, dass sich die düsteren Erwartungen bei Boateng bewahrheiten (Zitat: „Im Normalfall müsste es für die Euro 2016 reichen“), würde es auch in diesem Jahr so sein.
Schweigt auch ein Mann wie Matthias Sammer dazu?
Sollten Guardiolas Kritiker also Recht haben, muss zumindest die Frage erlaubt sein: Wie kommt es, dass ein voll auf Erfolg ausgerichtetes Unternehmen wie der FC Bayern keine Vorkehrungen trifft, wenn eine negative Entwicklung zur Gesetzmäßigkeit wird? Ist es wirklich vorstellbar, dass promovierte Ärzte jede Vernunft fahren lassen, wenn ein Trainer einen cholerischen Anfall bekommt? Schweigt auch ein Mann wie Matthias Sammer dazu, dessen aktive Laufbahn vorzeitig endete, weil sein Körper mit seinem Willen nicht mehr Schritt zu halten vermochte? Was sagen die angeschlagene Spieler zu ihren Physiotherapeuten oder zu ihrem Psychocoach? Blenden sie aus Angst, den Stammplatz zu verlieren, wirklich jedes Alarmzeichen des Körpers aus? Dann wäre zumindest die Vorstellung, dass ein moderner Top-Profi alles der Fitness unterordnet, ad absurdum geführt.
Es fällt jedenfalls schwer, sich vorzustellen, dass Pep Guardiola in diesem herrschaftlichen Klub ein Schreckensregime installiert hat, gegen das sich niemand mehr auflehnen mag. Sollte die gegenwärtige Verletzungsmisere kein Zufall sein, tragen also viele zumindest eine Teilschuld daran.
Vorschlag von 11FREUNDE, um kurzfristig Abhilfe zu schaffen? Wie wäre es, wenn das Trainerteam vom FC Bayern die Rekonvaleszenten bei ihrer Rückkehr ins Mannschaftstraining einem klassischen Belastungstest unterzieht? Vielleicht stählt es die porösen Muskeln. Hermann Gerland schickt die fragilen Jungs sicher gerne zum „Entengang“ auf eine Stadionrunde.