Die Herren Bergkamp, Larsson, Kuyt und Koeman wollen gemeinsam einen Klub in England übernehmen. Doch ihr Konzept stößt dort längst nicht nur auf Zustimmung.
Wochenlang waren die schwedischen Zeitungen dicht dran gewesen an einer großen Story. Und doch tappten sie irgendwie im Dunkeln: Wann immer Henrik Larsson ins Flugzeug in Richtung England stieg, sahen die Reporter ihren Nationalhelden kurz vor einem neuen Trainerjob. Diese Mutmaßung war, wie man heute weiß, nicht ganz falsch.
Doch Larssons anfangs geheime Mission war und ist in Wirklichkeit viel größer: Der 48-Jährige, der unter anderem für Feyenoord Rotterdam, Celtic Glasgow, den FC Barcelona und Manchester United auf Torejagd ging, will einen ganzen Verein kaufen. Und er hat durchaus prominente Mitstreiter im Boot: die holländischen Fußball-Ikonen Dennis Bergkamp (50), Dirk Kuyt (39) und Ronald Koeman (56).
Es ist schon ein Club der außergewöhnlichen Gentlemen, der sich da gebildet hat: Rechnet man alles zusammen, haben Larsson, Bergkamp, Kuyt und Koeman stolze 24 Meistertitel in England, Spanien, Holland, Schottland und der Türkei eingeheimst. Hinzu kommen eine Europameister-Trophäe (Koeman), drei Champions-League-Siege, zwei Triumphe im UEFA-Cup und einer im Europapokal der Pokalsieger. Jeder einzelne der vier Herren hat so viel Geld verdient, dass er bis ans Lebensende im Schaukelstuhl sitzen und die eigene Trophäen-Vitrine bewachen könnte.
Heißester Kandidat: Ein Drittligist
Stattdessen wollen es Bergkamp, Larsson, Kuyt und Koeman nochmal wissen – und einen englischen Profiverein mit Potenzial erwerben. Heißester Kandidat waren zuletzt die drittklassigen Wycombe Wanderers; es gab sogar konkrete Gespräche. Laut „The Athletic“ war Larsson eingeflogen und hatte den bisherigen Eigentümern, einem Konsortium von Wycombe-Fans, sein Angebot und seine strategischen Pläne dargelegt. In diskreter Atmosphäre, versteht sich.
Der einzige, der bislang öffentlich über das geplante Investment spricht, ist der frühere Everton- und Southampton-Coach Ronald Koeman. Vielleicht redet es sich auch leichter, wenn man selbst keinen (größeren) Geldbetrag in die Hand nehmen wird: „Die drei haben den großen Traum, einen Klub zu kaufen und daran arbeiten sie“, verriet Koeman dem „Independent“ und fügte an: „Ich bin nicht direkt involviert. Lassen Sie es mich so sagen: Ich bin im Hintergrund, als Ratgeber. Wenn die drei mich brauchen, bin ich da. Aber ich bin nicht derjenige, der investiert und der entscheidet, wie das Prozedere ist.“
Das Prozedere? Henrik Larsson und seine Mitstreiter wollen Geld verdienen, na klar. Wobei sie sich nicht als klassische Investoren sehen, die nur ihr Kapital in einen Klub stecken und (später) Ertrag herausziehen wollen. Larsson, Bergkamp, Kuyt und Koeman, die alle über profunde England-Erfahrung verfügen, wollen ihre geballte Expertise mit einbringen: Koeman könnte als externer Berater à la Matthias Sammer fungieren, Kuyt die interne Trainerausbildung vorantreiben, Bergkamp die Akademie leiten – frei nach dem Vorbild seines Heimatklubs Ajax Amsterdam. Larsson, bis vor kurzem noch mäßig erfolgreicher Coach bei Helsingborgs IF, könnte Cheftrainer werden.
Dass diese Größen des Weltfußballs von den verkaufswilligen Wycombe-Wanderers-Anhängern vorerst vertröstet wurden, könnte auch am Geschäftsmodell des Quartetts liegen: Gemeinsam wollen Bergkamp, Larsson, Kuyt und Koeman ihren künftigen Klub so aufstellen, dass er eines Tages junge Spieler für zwei- bis dreistellige Millionenbeträge an die Großen der Branche verkaufen kann. Das funktioniert natürlich am besten, wenn man selbst mindestens zweitklassig spielt, und ist – gemessen an der derzeitigen Situation der Wycombe Wanderers (aktuell auf Platz zwei der drittklassigen League One) – eigentlich vielversprechend.
Wenig Raum für große Träume
Doch das Ganze klang dem Fan-Konsortium in Wycombe wohl zu sehr nach Ausbildungsverein – ein Begriff, der reichlich unsexy ist und wenig Raum lässt für große Träume. Andererseits passt Larssons Geschäftsmodell bestens hinein in eine Zeit der Goldgräberstimmung, die immer mehr (ehemalige) Spieler als Geldgeber in den Investoren-freundlichen englischen Fußball lockt.
Gerade erst scheiterte Barca-Star Gerard Pique (32) haarscharf an der Übernahme des ältesten Profivereins der Welt: Notts County aus Nottingham. Pique, der auch den FC Andorra kontrolliert, plante mit Notts Ähnliches wie Bergkamp, Larsson, Kuyt & Koeman in Wycombe. Er wollte aus dem klammen Viertligisten eine (O‑Ton) „La Masia des englischen Fußballs“ machen. Den Zuschlag aber bekam letztlich eine dänische Investorengruppe.
Larsson und Kuyt als Trainerduo im Gespräch
Die Anhänger in Wycombe werden wohl letztendlich den Versprechungen eines gewissen Rob Couhig erliegen. Der republikanische US-Politiker, bislang ein Minderheitseigner der Wanderers, will nun die Mehrheit übernehmen. Couhig versprach nicht nur mehr Geld für den Klub. Er bediente auch gekonnt die Sehnsucht nach großen sportlichen Zielen. Ende Oktober wird das Fan-Konsortium über Couhigs Angebot rechtsverbindlich abstimmen, vermutlich positiv.
Larsson & Co. hätten damit ein wichtiges Spiel verloren, aber sie sind weiter im Wettbewerb. Laut „The Athletic“ haben die Herren nämlich noch zwei weitere Drittligavereine im Auge. Einer davon dürfte Southend United sein, wo Larsson und Kuyt seit dem Wochenende als neues Trainerduo im Gespräch sind. Spekulationen zufolge sollen die zwei den abstiegsbedrohten Klub zunächst vor dem Fall in die Viertklassigkeit retten und anschließend als Investoren einsteigen – gemeinsam mit den Herren Bergkamp und Koeman.