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Hassan Talib Haji bloggt über den FC Schalke 04 und ist in Fan­kreisen mit seinem Blog Hassans Corner“ bekannt.

Wann haben Sie zum ersten Mal von Tön­nies‘ Äuße­rungen erfahren? Und wie war ihre erste Reak­tion?
Das war am letzten Freitag am späten Vor­mittag. Zunächst war ich über­rascht und ungläubig. Ich habe mich gefragt: Hat Cle­mens Tön­nies das jetzt ernst­haft gesagt? Ich sah dann sein offi­zi­elles State­ment auf der ver­eins­ei­genen Web­seite des FC Schalke 04. Da wusste ich, er hat es so gesagt. Es folgte die Ent­täu­schung und als per­sön­lich Betrof­fener natür­lich auch große Ver­är­ge­rung. Ich wurde in Mom­basa in Kenia geboren, meine Mutter stammt aus Kis­maayo in Somalia. Wir haben dort noch Familie.

Wie haben die Fans auf die Aus­sagen reagiert?
Soweit ich das beur­teilen kann, waren viele ent­setzt und haben deut­liche Kritik an diesen ras­sis­ti­schen Äuße­rungen geübt. Es gab auch einige Fans, die diese Aus­sage her­un­ter­ge­spielt und Cle­mens Tön­nies ver­tei­digt haben.

Mitt­ler­weile hat sich Tön­nies öffent­lich ent­schul­digt. Für wie glaub­haft halten Sie diese Ent­schul­di­gung?
Ich habe das schon mehr­fach kund­getan. Cle­mens Tön­nies kann sich nicht ent­schul­digen. Ein Mensch kann sich nicht selbst Abso­lu­tion erteilen und sich los­spre­chen von jed­weder Schuld, die er oder sie ver­ur­sacht hat. Man kann ledig­lich um Ent­schul­di­gung oder Ver­zei­hung bitten. Dies zu gewähren, können nur die Men­schen machen, die man belei­digt hat. Und bis heute hat Herr Tön­nies dies nicht getan. Somit ist diese Ent­schul­di­gung“ für mich völlig wertlos.

Am Dienstag tagt der Ehrenrat zum Thema und will Tön­nies befragen. Was erwarten Sie von diesem Treffen?
Das ist schwierig zu beur­teilen. Vor dem letzten Wochen­ende war ich mir noch relativ sicher, dass Herr Tön­nies mit einem königs­blauen Auge davon­kommen wird. Mitt­ler­weile ist der öffent­liche Druck aber so massiv geworden, dass ich glaube, der Ehrenrat wird ihn zu einem Rück­tritt bewegen wollen oder ihn seines Amtes ent­heben. Bleibt Herr Tön­nies im Amt oder erhält eine Aus­zeit und darf dann als Auf­sichts­rats­vor­sit­zender oder nur noch als ein nor­males Mit­glied des Auf­sichts­rats wei­ter­ma­chen, dann wäre das ein herber Schlag für alle Anti-Ras­sismus-Kam­pa­gnen des Fuß­balls und für den FC Schalke 04 wäre es eine mora­li­sche Bank­rott­erklä­rung.

Welche Kon­se­quenzen hätte es für Schalke 04, wenn Tön­nies von seinen Ämtern zurück­treten würde?
Schalke 04 wäre natür­lich wei­terhin tage­lang Gegen­stand der aktu­ellen Bericht­erstat­tung. Aller­dings würde es Cle­mens Tön­nies ein öffent­li­ches Bild der Ein­sicht ver­schaffen. Er würde seinen fatalen Fehler ein­ge­stehen und er würde zeigen, auch die dafür ein­zige Kon­se­quenz zu ziehen. Näm­lich seinen Rück­tritt. Schalke 04 würde es auch nach Cle­mens Tön­nies geben.

Ist Tön­nies aus Ihrer Sicht über­haupt haltbar?
Nein. Ich glaube, das Ende ist erreicht. Aber die Ent­schei­dung treffe ja nicht ich, son­dern Herr Tön­nies ent­weder selbst oder Schalke 04.

Wie groß ist Tön­nies Ein­fluss bei Schalke 04?
Seinen Ein­fluss schätze ich als immens ein. Er ist seit 1994 im Schalker Auf­sichtsrat, seit 2001 ist er Vor­sit­zender des Gre­miums. In all diesen Jahren haben sich Struk­turen ent­wi­ckelt. Zudem hat Herr Tön­nies in der Bun­des­liga und bei der Presse viele Freunde, wie ich glaube. Er hat eine große Macht beim FC Schalke 04. Des­halb gibt es nicht wenige Men­schen, die auf­grund dessen glauben, er könnte diese Situa­tion über­stehen und wei­ter­ma­chen dürfen. Aber, wie bereits gesagt, dann zeigt das nur, wie es bei Schalke 04 wirk­lich aus­sieht. Cle­mens Tön­nies wäre größer als die Werte des FC Schalke. Und das darf nie­mals der Fall sein. Hier muss der Verein Rück­grat beweisen.

Welche Rolle hat er beim Ein­fä­deln großer Spon­soren-Deals gespielt (etwa bei Gaz­prom)?
Dazu kann ich natür­lich keine hand­festen Beweise offen­legen. Dass Herr Tön­nies maß­geb­lich an den Deals mit Gaz­prom betei­ligt war, lässt sich jedoch nicht von der Hand weisen. Da darf ich gerne an das Foto mit Wla­dimir Putin erin­nern. Dass er in sämt­li­chen großen Spon­so­ren­deals seine Finger im Spiel hat, hört man aller­dings schon sehr oft.

Könnte es sein, dass es den Ver­such äußerer Ein­fluss­nahme auf den Ehrenrat gibt, um Tön­nies gewis­ser­maßen zu retten?
Mög­lich wäre es natür­lich. Prof. Dr. Klaus Berns­mann ist ein Mit­glied des Ehren­rats. Was viele nicht wissen, ist, dass Herr Berns­mann jah­re­lang der Rechts­an­walt von Cle­mens Tön­nies war. Ob er das immer noch ist, ist mir nicht bekannt. Jeden­falls sieht es so aus, dass Herr Berns­mann ein enger Ver­trauter von Herrn Tön­nies ist. Ob das aber seine Stimme pro oder contra Tön­nies in irgend­einer Form beein­flusst, kann ich nicht beur­teilen.

Im Falle eines Rück­tritts: Befürchten Sie, dass ein Image­schaden für den Verein bleibt?
Nein, das befürchte ich ganz und gar nicht. Der FC Schalke 04 hat jetzt die große Chance, welt­weit für alle öffent­lich einen enormen Image­ge­winn zu erzielen. In dem der Klub sich klar gegen Ras­sismus posi­tio­niert, seine mora­li­schen Werte ver­tei­digt und Herrn Tön­nies die Tür zeigt. Etwas, das ein sol­cher Verein mit dieser His­torie meiner Mei­nung nach auch zwin­gend machen muss.

Glauben Sie, dass sich die Schlag­zeilen um den Ver­eins­chef negativ auf sport­liche Belange aus­wirken könnten?
Das glaube ich eher weniger. Natür­lich wird diese Geschichte ein Thema in der Kabine sein. Aber des­wegen wird keiner Spieler einen Pass unsauber spielen, die Ball­an­nahme ver­sauen oder das Tor nicht treffen. Das geht auch so. (lacht)

Wenn Sie zum Ehrenrat gehören würden: Was würden Sie Tön­nies sagen und emp­fehlen?
Ich würde Ihm für seine jah­re­langen Bemü­hungen und Dienste für den FC Schalke 04 danken. Aber auch klar und deut­lich ver­mit­teln, dass es in dieser Ange­le­gen­heit um die Werte des Klubs geht, auch um die Zukunft und das hier jetzt Schluss ist. Keine Person ist größer als der Verein – auch Herr Tön­nies nicht.