Bayern gegen Dortmund ist das vermeintlich größte Spiel der Saison. Aber hat es außer den Fans der beteiligten Mannschaften eigentlich irgendwen interessiert?
Der Bayern-Fan sah uns an wie einer, dem plötzlich und unerwartet die Gewissheit über das, was die Welt im Innersten zusammen hält, abhanden gekommen war. Sein Blick verriet eine komplexe Mischung von Gefühlen: Unverständnis und Ärger, aber auch eine jäh aufflackernde Angst vor Vereinsamung. Man konnte ihn verstehen: Was für einen Sinn hat es noch, sich zu freuen, wenn die Freude keinen Widerhall in der Außenwelt findet? „Spinnt ihr?“, stieß er schließlich hervor.
Über diese Frage muss ich seit zwei Tagen nachdenken: Spinnen wir? Denn es ist ja richtig: Bayern gegen Dortmund ist vielleicht kein Classico, aber doch DAS Bundesliga-Spitzenspiel der letzten Jahre, stets begleitet von einer Menge Emo-Brimborium und manchmal auch ziemlich ansehnlich. Andererseits haben wir jeder unsere eigenen Sorgen: Der Schalke-Fan will ins Europa-League-Endspiel, der Hannover-Fan will raus der zweiten Liga und ich mit meinen Bielefeldern unbedingt drinbleiben. Dem, dem es egal ist, ist es egal. Wie sollen wir da ein gesteigertes Interesse für ein Spiel aufbringen, bei dem es darum geht, ob der FC Bayern danach zwölf oder achtzehn Punkte Vorsprung auf den Konkurrenten aus Dortmund hat – in einem Wettbewerb, der in der Spitze seit circa Mitte Februar entschieden ist?
Hier gibt’s Ouzo – was macht ihr so?
Die Bundesliga hat ein Problem, wenn ein allenfalls solides griechisches Fleischgericht und einige olle Kamellen aus der gemeinsam verbrachten Kleinstadtjugend spannender sind als das vermeintlich größte Spiel der Saison. Noch mögen sich die Bayern und ihre Anhänger über jeden einzelnen Sieg freuen, aber wenn sich ihre Freude auf Dauer in einem für den Rest der Liga unzugänglichen Bereich abspielt, werden sie irgendwann anfangen, sich mit sich selbst zu langweilen.
Im griechischen Restaurant blickte unser Bayern-Freund wieder aufs Smartphone und sagte: „Nur noch 2:1.“ Es klang fast hoffnungsfroh. Während wir uns über Gott und die Welt unterhielten, blickte er ab und zu verstohlen aufs Display. Längere Zeit passierte nichts, dann sagte er: „3:1. Robben.“ Wir bestellten eine Runde Ouzo und das Thema war für den Rest des Abends erledigt.