Durch den Abbruch der schottischen Premier League steht Heart of Midlothian als Absteiger fest. Noch im Februar waren wir zu Besuch in Edinburgh und haben Daniel Stendel und Jörg Sievers bei ihrem riskanten Abenteuer begleitet.
Als Tabellenletzter ist Heart of Midlothian durch den Saisonabbruch der Scottish Premier League abgestiegen. Weil sie die angewendete Quotientenregel für ungerecht halten, erwägen sie, rechtliche Schritte einzuleiten. Wie der Klub mit seinen deutschen Trainern Daniel Stendel und Jörg Sievers versucht hat, sportlich die Klasse zu halten und dabei in Schottland jede Menge Begeisterung ausgelöst hat, haben wir für 11FREUNDE #220 ergründet. Das Heft ist hier bei uns im Shop erhältlich.
Hier kommt ihr nicht rein. Der kompakte, schottische Stadionordner macht mit grimmiger Miene und Alex-Ferguson-Gemurmel deutlich: Das große Eisentor zur Haupttribüne bleibt verschlossen. Wir wollen mit dem Vorsitzenden der Faninitiative dort ein Foto schießen, erklären, dass wir für eine Reportage über die Hearts und deren deutschen Trainer Daniel Stendel hier seien. „Ihr kennt Daniel?“, fragt der Ordner, während sich sein Gesicht aufhellt. Das reicht. Er öffnet das Tor, „Stendel“ mutiert hier zum schottischen Abrakadabra. Einige Meter entfernt im Fanshop verkauft der Klub Kaffeetassen mit seinem Konterfei und Imitate seiner Steppjacke für 60 Pfund als „Stendel Jacket“. Außerdem haben die Anhänger einen Song für ihn gedichtet. Und spricht man mit ihnen, bitten sie danach noch einmal eindringlich per SMS: Please make sure to let Daniel know that we love him and what he is doing. Sagt Daniel bitte, wie sehr wir ihn lieben.
Stendel arbeitet seit Anfang Dezember als Trainer bei den Hearts. Es ist einer der großen Traditionsklubs des Landes, gegründet 1874, der Name ist einem Tanzlokal entlehnt. Wenn langjährige Fans über die Vergangenheit des Klubs sprechen, dann vorweg über den Ersten Weltkrieg. Das komplette Team der Hearts, damals Tabellenführer, meldete sich 1914 zusammen mit Fans für den Kriegsdienst im footballers battailon – sieben Spieler verloren ihr Leben. 1960 wurden die Hearts zum letzten Mal Meister. In den siebziger und achtziger Jahren schlugen sie im Europacup Lok Leipzig und die Bayern. Doch die Erfolge sind verwelkt. Auch Stendels Bilanz zwei Monate nach Amtsantritt regt nicht gerade zu Hymnen an: fünf Niederlagen, drei Unentschieden, zwei Siege (einer gegen einen Zweitligisten). Die Hearts stehen auf dem letzten Platz. Warum also diese Ehrerbietung? Und warum wirft sich der Trainer hinein in den grauen schottischen Abstiegskampf? Das Liebesabenteuer in Edinburgh lässt sich erklären – mit Tequila, Colt, Diamanten und einer ganzen Menge Risiko.
Am Morgen vor dem Ligaspiel gegen Kilmarnock Anfang Februar schwirrt Stendel über den Trainingsplatz am Oriam Sports Performance Centre, es ist so etwas wie Edinburghs Sportelitezentrum. Die Sonne scheint tatsächlich in Schottland, trotzdem wird es manchmal dunkel, denn die Schränke der schottischen Rugby-Nationalmannschaft trainieren nebenan. Der Rasen ist noch feucht, der Ball titscht, die Rufe hallen über die große Grünfläche. „All in move, guys, all in move“, weist Stendel seine Angreifer an, dann wendet er sich den Verteidigern zu: „Stay not too deep.“ Die Hearts proben das Angriffsspiel von der Innenverteidigung aus, die Offensive soll Kommandos geben, mit welchen Laufwegen sie Lücken reißen. Ein Stürmer kommt kurz, lässt den Ball klatschen, der Ball geht nach außen und hoppelt dann in die Mitte, wo ein Angreifer ohne jede Gegenwehr verzieht. Stendel fragt ab: „Which move was it?“ Sie spielen gegen den Abstieg, und doch proben sie, wie sie eine Abwehrkette auseinanderziehen. Der Gegner morgen, Siebter in der Tabelle, wird sich gegen die Hearts hinten reinstellen. So erwartet es Stendel. Attacke am Abgrund. Die Spieler nicken angetan, sie keuchen den Anweisungen hinterher, doch viele Tore schaffen sie nicht. Tocotronic würden anmerken: Die Idee ist gut, doch die Hearts noch nicht bereit.
Nach dem Training stellen sich einige Jünglinge mit dünnem Kreuz und hohen Rückennummern vor ein Waschbecken. Sie putzen mit der Bürste die Schuhe und könnten als Jugendspieler durchgehen, doch zwei von ihnen werden morgen von Anfang an spielen. Der 19-jährige Andy Irving soll das Mittelfeld sortieren. Daniel Stendel setzt auf den Nachwuchs, er scherzt mit den Jungs nach dem Training. Große Namen wie der langjährige Kapitän Christophe Berra oder der irische Nationalspieler Glenn Whelan spielen hingegen keine Rolle mehr. Sie beklagten sich lautstark in der schottischen Presse über ihr Aus. „Ich wurde unter den Bus geworfen“ oder „Das war amateurhaft“, zischten sie.
Daniel Stendel seufzt, als er auf die Vorwürfe angesprochen wird. Er wirft sich kurz zurück in die Polster des Steakrestaurants, in dem er am Abend sitzt. Sein Vorgänger hat das Lokal empfohlen, als er Stendel vor dem Amtsantritt durch die Stadt führte. „Wir hatten relativ viele ältere Spieler und brauchten einen Cut. Der Umgang mit den Spielern war ganz normal, wurde aber später medial aufgebauscht“, sagt er. Er kann von seinem Platz aus auf das Edinburgh Castle blicken, unten vor dem Eingang stehen dem Klischee getreu eine Kuh und eine William-Wallace-Figur. Es ist hier schwer, sich von Ikonen zu trennen.
Mitten in seinen Ausführungen spricht ihn der Kellner von der Seite auf die guten Ergebnisse an. Stendel entgegnet, dass nur letzte Woche ein gutes Ergebnis herausgesprungen sei, da hatten die Hearts endlich in der Liga gewonnen – und das ausgerechnet gegen die großen Rangers. Es war der Höhepunkt der großen Euphorie um ihn und den Klub, doch Stendel blickt fast skeptisch auf die Preisungen. Schon einmal, im Jahr 2016, hatte er einen Klub wiederbelebt: Hannover 96. Hatte die Fans wieder mit ins Boot geholt, junge Spieler ins Team gebracht, die Verbindungen zum Nachwuchs verbessert und die Öffentlichkeit mit Offensivfußball verzückt. Nach nicht einmal einem Jahr wurde er entlassen, weil im aufgeregten Hannover gut nicht mehr gut genug war. „Am Ende dankt dir das alles keiner, da geht es nur um die Ergebnisse“, sagt er.
Nach dem Aus bei 96 musste er länger als gedacht auf ein neues Engagement warten. Dann riss sich plötzlich der englische Drittligist Barnsley um ihn, ein Klub mit Eigentümern aus China und den USA, die nach dem „Moneyball“-Prinzip Spieler und Trainer casten, also auf Basis von Daten und Statistiken. Stendel und Adi Hütter waren 2018 ganz oben auf der Liste bei der Fahndung nach offensiv denkenden Coaches. Er sollte die Erwartungen übererfüllen, stieg mit Barnsley direkt auf und wurde zum „besten Trainer der Liga“ gekürt. Doch bei der Auswahl neuer Spieler überwarfen sich Besitzer und Trainer, so ist es aus England zu hören. Im Oktober setzte ihn der Klub vor die Tür. Stendel will sich dazu nicht äußern, die Parteien treffen sich wegen ausstehender Zahlungen voraussichtlich noch vor Gericht.
Barnsleys Fans waren da schon lange auf seiner Seite und organisierten eine Abschiedsparty für ihn. Ein Video der Feier zeigt Stendel, wie er in einem Pulk von Leuten Tequila trinkt. Es sei der einzige an diesem Abend gewesen, meint er, aber irgendwer hielt mit dem Handy drauf. Und eigentlich spielt es auch keine Rolle, ob an diesem Abend die Bar geplündert wurde – schließlich hängt auch in einem Pub von Barnsley, den er nur zwei Mal besucht hat, ein Foto von ihm mit der Aufschrift „Stendel’s corner“. Die Leute dürsten nach Fußballern, die mal einen mittrinken. Stendel inszeniert die Nähe nicht aus Selbstzweck, er wirkt wie ein Fan vor der Absperrung, unprätentiös und unverstellt. Hearts on his sleeve. Verbringt man einige Stunden mit ihm, lässt sich kein Unterschied erkennen zwischen der Person und dem Trainer, er spricht mit Kellnern genauso wie mit Spielern oder Pressevertretern. Duzt, drückt die Schultern, ist immer in Bewegung. Man habe einen scheuen Deutschen erwartet, sagte die Hearts-Klubbesitzerin mal, und einen Italiener bekommen.
Ja, für die Geduld, da habe er schließlich Jörg, scherzt Stendel. Jörg Sievers sitzt neben ihm, er ist eigentlich „Colt“ und Kult in Hannover. Der ewige Pokalheld war 30 Jahre lang im Verein, zuletzt als Torwarttrainer, nun ist er Co-Trainer bei den Hearts. Sievers, nach der Fernsehfigur „Colt Seavers“ gerufen, strahlt die Unerschütterlichkeit und Ruhe eines Vertrauenslehrers aus. Ein Ruhepol neben dem Cheftrainer. Jahrzehnte bei Hannover 96 lehren die Menschen wohl Unverzagtheit gegenüber den Aufgeregtheiten der Welt. Noch vor zwei Monaten schien es, dass eher die Leine durch Edinburgh fließt, als dass Sievers 96 verlässt. „Für Außenstehende mag mein Wechsel schwer nachvollziehbar sein, für mich war die Entscheidung nicht schwer“, sagt Sievers. „Das lag zum einen an meinem Vertrauen zu Daniel, zum anderen habe ich mir die Frage gestellt: Nur Hannover – ist es das gewesen? Ich bin noch nicht so alt und wollte so ein Abenteuer noch mal wagen.“
Auch Stendel kann das Abenteuer ausführlich erläutern. Er hätte genauso gut auf Jobs aus der zweiten Liga, in Deutschland oder England, warten können. Schottland hingegen gilt nicht als Hotspot des europäischen Fußballs. Deswegen sagte er zunächst ab, doch der Klub ließ nicht locker. Bei seinem ersten Besuch bemerkte er in den Bars, Taxis oder Hotels, wie jeder Bewohner entweder über die Hearts oder den großen Rivalen Hibs sprach. Ins Stadion kommen regelmäßig um die 18 000 Zuschauer, Tausende reisen auswärts mit, sieben Medien berichten über jedes Spiel. „Es ist, als würdest du in Deutschland Schalke trainieren. Und am wichtigsten: Ich kann mich hier ausleben und spüre das volle Vertrauen des Klubs.“ Sievers ist direkt bei seinen ersten Besuchen rund um Weihnachten aufgefallen, wie familiär die Hearts daherkommen. Dieses Credo verfolgen viele Klubs, doch hier lässt sich ohne Pathos feststellen: Die Fans und die Community haben den Verein vor dem sicheren Tod gerettet. Zusammen mit anonymen Spendern haben sie seit 2014 für den finanziell gebeutelten Klub stattliche zehn Millionen Pfund aufgetrieben.
„Wir standen haarscharf vor dem Aus. Die Hearts wären ausgelöscht gewesen“
Alastair Bruce, ein zuvorkommender schottischer Gentleman, trinkt in der Fankneipe Orangensaft. Bruce zieht sich den dunkelrot-weißen Balkenschal sanft zurecht. Er sitzt im Vorstand der Initiative „Foundation of Hearts“, die den Verein mit letzter Kraft am Leben hielt. Bruce kann mit akkurater Erinnerung die Schritte in die Hölle nachzeichnen: Klubbesitzer Wladimir Romanow, ein russischer Unternehmer aus Litauen, führte mit seinen waghalsigen Transfers und seiner Pleite die Hearts 2014 geradewegs in die Insolvenz. Die Folge: 30 Millionen Pfund Schulden und 15 Punkte Abzug. Dann verschwand Romanow spurlos. Bis heute. „Wir standen haarscharf vor dem Aus. Die Hearts wären ausgelöscht gewesen“, sagt Bruce. Die heutige Klubbesitzerin, eine erfolgreiche IT-Unternehmerin und Dauerkarteninhaberin, sprang damals mit ihrem Geld ein. Das war die Rettung in letzter Sekunde. In diesem Frühjahr wird die letzte Rate an sie zurückgezahlt, die Anhänger übernehmen ihre Anteile. Mit über 75 Prozent hält die „Foundation of Hearts“ dann die Mehrheit und zwei Sitze im Vorstand. Die Hearts werden damit einer der größten fangeführten Vereine auf der Insel sein.
Finanziell steht der Verein heute so gesund da wie lange nicht, aber sportlich rutschte er zuletzt immer weiter ab. Der Fußball war unansehnlich, die Spieler wirkten träge und satt. Aus genau dieser Erfahrung speist sich die Faszination für Daniel Stendel und seinen Stil. Die traditionsreichen Hearts, im Selbstverständnis Nummer drei des Landes, haben ihr Ende mit letzter Kraft abgewendet. Sie wollen ein Team, das ebenso furchtlos sein Schicksal in die eigene Hand nimmt.
In der Straße direkt neben dem Stadion Tynecastle können sich Fans frisieren, tätowieren und volllaufen lassen. Im Stimmengewirr des Pubs fallen tatsächlich auch deutsche Worte. „You need legs for the gegenpressing.“ Das Wort hat im Englischen Karriere gemacht wie autobahn oder zeitgeist – und Stendels Version hat hier mittlerweile sogar eine eigene Bezeichnung: das Gorgiepressing, angelehnt an Gorgie, den hiesigen Stadtbezirk. Vor dem Pub „The Diggers“ steht Duncan Porteous, ein hagerer aber lebhafter Typ. Wie viele Schotten scheint er für dicke Kleidung im Winter noch weniger übrig zu haben als für England. So wippt er im dünnen Pulli von einem Bein aufs andere, doch erklärt mit breitestem Grinsen: „Daniel hat uns den Glauben zurückgegeben. Mit ihm geht’s irgendwann zurück nach Europa.“ Er habe alles richtig gemacht, die alten Spieler auszusortieren. Für den Spielstil brauchen sie halt Frische. „Daniel weiß, was er tut, Mann.“ Nach dem Sieg gegen die Rangers erfand Porteous unter der Dusche einen neuen Text auf die Melodie des Klassikers von Creedence Clearwater Revival „Bad Moon Rising“: We’ve got a diamond Daniel Stendel! Sein Kumpel und er stimmten es in einer Bar an, immer mehr sangen mit und dann ging ein Video davon durch die Fanszene.
Beim Spiel gegen Kilmarnock erhebt sich in der fünften Minute ein großer Teil der Haupttribüne, um ihn anzustimmen. Die Hearts erspielen sich in den ersten Minuten gleich drei Ecken. Kilmarnock verschanzt sich tatsächlich. Stendel kommandiert, wandert und wirbelt durch die Luft. Im Mittelfeld spielt der Deutsche Marcel Langer, im Winter von Schalke geholt, durchaus engagiert. Der andere ehemalige Schalker Donis Avdijaj hingegen fehlt im Kader. Der einst so Hochbegabte hat nach Stationen in ganz Europa und aufsehenerregenden Videos von Stendel eine neue Chance in Schottland bekommen. Aber sie bislang nicht genutzt. Verletzt sei er, so die Mitteilung, aber im Klub sind sie auch der Meinung, dass Selbsteinschätzung und bisherige Leistung nicht unbedingt in gesundem Verhältnis zueinander stehen. Avdijaj ist an diesem Tag auch nicht im Stadion zu finden. Seine Energie könnten die Hearts durchaus gebrauchen, die Offensive stochert relativ hilflos umher. In der Luft ziehen die Hearts immer wieder den Kürzeren, vorne und hinten: Nach einer Ecke und einem Konter liegen sie 0:2 zurück. „Hearts are falling apart again“, singen die Gästefans. Das Stadion ist gut besucht, die Atmosphäre pendelt zwischen den Extremen. Es wirkt, als würde der Betrunkenste auf einer Party an den Lautstärkereglern hantieren. Mal ist es so leise, dass man die Rufe wie bei einem Testkick hört, dann schwillt bei einer gelungenen Grätsche der Roar der Ränge an. Als der Hearts-Torwart einen einfachen Distanzschuss durchlässt, ist der lautstarke Unmut fast körperlich spürbar. Danach jedoch bekommen die Hearts einen Elfmeter, und das Publikum brüllt zur Aufholjagd. Stendel schwingt die Arme mit, nur unterbrochen von kurzen Besprechungen mit Jörg Sievers. Die Spieler drängen mit allem, was sie haben, in den Strafraum, doch niemand öffnet den Durchgang. Die Hearts verlieren den Verstand, bringen keinen durchdachten Angriff mehr zuwege. Der Schiedsrichter pfeift ab. 2:3‑Niederlage daheim. Und die Konkurrenz hat gewonnen. Es wird eng.
Eine Dreiviertelstunde später steht Daniel Stendel im schwarzen Trainingsanzug vor den Kabinen. Er ist heiser, der Blick leer. Doch die Hände schwingen weiter mit. Auf die weißen Steine in der Flurwand malt er mit den Fingern die Bewegungen der beiden Innenverteidiger vor dem 0:2 nach. Sie haben sich auseinanderziehen lassen und das Zentrum geöffnet. Es ist zum Verzweifeln. Der Trainer von Kilmarnock hatte kurz vorher gesagt, dass sein Plan aufgegangen sei: Sie hatten mit dem Vorrücken der Hearts gerechnet und auf den Raum hinter den hochstehenden Verteidigern spekuliert. Stendels Mannschaft ist ins Messer gelaufen. Ist also das Risiko zu groß?
Die Spieler zeigen die Leidenschaft und die jugendliche Hingabe, den Gegner im Rudel zu bedrängen. Jörg Sievers sagt: „Die Mannschaft hat Klasse, ich bin sicher, dass sie nicht absteigt.“ Der Sieg gegen die Rangers gibt ihm Recht. Doch für die hohe Verteidigungslinie brauchen sie auch Automatismen und Sicherheit im Passspiel, um nicht übertölpelt zu werden. Beides ließe sich in einer Vorbereitung einstudieren, doch viel Zeit haben Stendel und Sievers nicht mehr. Die bittere Erkenntnis aus Hannover schwebt wie ein Damoklesschwert über Tynecastle: Viel Lob und Liebe zählen am Ende nicht – sondern nur Ergebnisse.
Daniel Stendel wischt sich in den Katakomben mit den Händen durchs Gesicht. Klatscht kurz aufmunternd. Sie brauchen jetzt Ergebnisse. Das 2:3 war ein herber Rückschlag, klar. Doch: „Ich will nicht nur drauf hoffen, dass der Gegner kein Tor schießt. Wir wollen unser eigenes Spiel durchziehen, dazu gehört: hoch pressen, hoch verteidigen, damit der Weg zum gegnerischen Tor kürzer und der Weg zu unserem länger ist.“ Am Tabellenende heißt es jetzt ruhig Mut bewahren. Stendel fügt an: „Wir rücken von unserem Stil nicht ab.“
Drei Tage später schickt Duncan Porteous Videos vom folgenden Pokalsieg in Falkirk. In einer Sportsbar tanzen und springen Dutzende ekstatische Hearts-Fans, zwei werden auf den Schultern getragen, spritzen ihre Getränke durch die Gegend. Vor dem Spiel, wohlgemerkt. Als wären sie nicht Letzter, sondern auf dem Weg zur Meisterschaft. Sie grölen den Text, der Porteous unter der Dusche eingefallen ist. Minutenlang versichern sie sich ihrer Entdeckung des Diamanten. Beseelt und trotzig. He brought in high press attacking football. Stendel’s got us playing. Hearts are back!