Vor vier Jahren kam fast die ganze Mannschaft von AF Chapecoense bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Nun ist der Klub zurück in der ersten Liga. Über ein unerwartetes Comeback.
Die Scheinwerfer, die auf den kleinen Verein im Süden Brasiliens gerichtet waren, leuchteten in den kommenden zwei Spielzeiten fortlaufend schwächer. Mit zunehmender Zeit neigte sich das Interesse der Medien einem Ende. Für AF Chapecoense war dies die Gelegenheit, wieder als Sportverein wahrgenommen zu werden und nicht als Verein von Hinterbliebenen eines Unglücks. Doch Chapé geriet immer mehr in sportliche Bredouille. In der Folgesaison konnte sich AF Chapecoense in den letzten Spielen noch vor einem Abstieg retten. Viele Zu- und Abgänge sowie Trainerwechsel machten den Abstieg in die zweite brasilianische Spielklasse unausweichlich, der schließlich 2019 erfolgte. Die wenigsten rechneten damit, Chapé zeitnah in der Série A wiederzusehen. Wieder einmal stand der Verein vor einem Neuanfang.
Chapés neuer Trainer für die Zweiliga-Saison wurde der gerade einmal 40-jährige Umberto Louzer. Er gilt als Laptop-Trainer der neuen brasilianischen Schule und wird von den Fans liebevoll „professor“ genannt. Helio Neto, einer von drei Spielern, der das Flugzeugunglück überlebte, wurde als Sportdirektor eingesetzt, nachdem er kurz zuvor seine Karriere beendet hatte. Andauernde körperliche Schmerzen verhinderten seine Rückkehr auf den Rasen. Vor der Saison stapelte Chapecoense tief und sprach von einem Neuanfang – mal wieder. Als Saisonziel wurde der Klassenerhalt ausgegeben. Trainer Louzer gelang es, den Kern der Mannschaft aus der Abstiegssaison beizubehalten. Im Sturm verstärkte sich Chapé mit Oldie Anselmo Ramon, was sich als ein Glücksgriff herausstellen sollte. Viel wichtiger noch: Zum ersten Mal seit dem Absturz war Alan Ruschel zu Saisonbeginn fit. Louzer ernannte ihn zum Kapitän. Es sollte auch seine Saison werden.
Die Saison, die erst im August und nicht wie gewohnt im April startete, verlief nicht furios, doch die Mannschaft trat solide auf. Chapés Defensive stand sicher und die Offensive tat ihren Dienst, wenn sie gefragt war. Zehn ihrer 18 Siege gewannen die Grün-Weißen mit 1:0, vier Mal war Anselmo Ramon für den entscheidenden Treffer zuständig. Und Alan Ruschel, der auf der linken Außenbahn sowohl defensiv als auch offensiv eingesetzt wird, spielt so viel wie in den vergangenen drei Spielzeiten zusammen und befindet sich in der Form seines Lebens.
Mit dem 2:1‑Heimsieg gegen den Lokalrivalen Figueirense FC hat Chapé nun den Aufstieg auch rein rechnerisch perfekt gemacht. Trainer Louzer hat unmittelbar danach die Devise ausgegeben, bis zum letzten Spieltag um den ersten Platz zu kämpfen. Aktuell liegt AF Chapecoense mit zwei Punkten und einem Spiel weniger hinter Spitzenreiter América Mineiro auf Platz zwei. Kurz nach dem Spiel ließ es sich der „professor“ dennoch nicht nehmen, mit den Fans zu feiern. Einige Dutzende kamen zum Vereinsgelände und sangen und trommelten rhythmisch in den brasilianischen Nachthimmel hinein, während sie ein großes A in die Höhe hielten. Die Freude ist zurück. Und auch an diesem Abend sangen Chapecoenses Anhänger wieder gemeinsam: Vamos Chapé.