Der Norddeutsche Fußballverband hat den Saisonabbruch der Regionalliga Nord verkündet. Die Entscheidung sorgt für Unruhe – weil es auch einen umstrittenen Alternativvorschlag gibt.
Der bislang letzte Spieltag liegt schon mehrere Monate zurück: Mit einem 2:1‑Auswärtssieg gegen den Lüneburger SK Hansa übernimmt der SC Weiche Flensburg im Oktober 2020 die Tabellenführung in der Gruppe Nord der zweigeteilten Regionalliga Nord. Danach ist Schluss. Wegen der steigenden Coronazahlen werden die Spiele in den kommenden Monaten ausgesetzt. Wann, wenn überhaupt, darf weitergespielt werden? Sollen die Vorstände der Vereine eine Lizenz für die 3. Liga beantragen – und den dafür benötigten Aufwand im Kauf nehmen – oder die Sache vorerst liegen lassen? Kurz: Es herrschen Unsicherheit und Frust.
Während der Spielbetrieb in den Regionalligen West und Südwest weiter läuft, werden in den Stadien Schleswig-Holsteins, Hamburgs und Niedersachsens keine Fehlpässe gespielt und keine Tore geschossen, niemand wird umgegrätscht oder mit Gelb verwarnt. Je länger der Spielbetrieb ruht, desto näher rückt der Saisonabbruch. Am 20. April, als die ganze Welt erst über die Super League staunt und dann lacht, kommt die Mitteilung des Norddeutschen Fußballverbandes (NFV): „Eine Fortführung der Saison scheint nach Ermessen des Präsidiums und der spielleitenden Ausschüsse nicht mehr denkbar.“
„Die enorm hohen Anforderungen lassen keine andere Entscheidung zu“
Teutonia Ottensen, SV Drochtersen/Assel, TSV Havelse, BSV Rehden: In der nördlichsten Regionalliga befinden sich nicht die prominentesten Fußballvereine Deutschlands. Einen Kandidaten für das Relegationsspiel gegen den Gewinner der Regionalliga Bayern um den Aufstieg in die 3. Liga braucht sie natürlich dennoch. Das Problem: Wer will überhaupt aufsteigen? Mit 24 Punkten hat aktuell der SC Weiche Flensburg die meisten der Liga. Doch der Verein nahe der dänischen Grenze gab Ende Februar in einer Pressemitteilung bekannt, dass er wegen der aktuellen Lage auf einen Lizenzantrag verzichten wird.
„Die große Unsicherheit über die weitere Entwicklung bei der Bekämpfung der Pandemie sowie die enorm hohen Anforderungen für Drittliga-Profi-Fußball im organisatorischen Bereich lassen in realistischer Betrachtung der Lage derzeit keine andere Entscheidung zu“, schrieb der Verein. Sie hätten in Flensburg alle das gemeinsame Ziel, die 3. Liga, zwar vor Auge, aber es benötige Substanz und Nachhaltigkeit, so Christian Jürgensen, Geschäftsführer von Weiche Flensburg. Statt auf Flensburg fiel die Wahl deswegen auf den TSV Havelse, den bestplatzierten Verein, der eine Lizenz für die 3. Liga beantragt hat. Doch so einfach ist es nicht.
Denn kürzlich kam der VfB Oldenburg, der ebenfalls eine Lizenz für die 3. Liga beantragt hat, mit einem offenen Brief um die Ecke. Und forderte, dass die sechs Mannschaften, die die Lizenz beantragt hätten, die Möglichkeit bekommen müssten, sich „in einem sportlich fairen Wettbewerb für die Relegationsspiele gegen den Meister der Regionalliga Bayern zu qualifizieren.“ Der Verein erwarte, dass die Interessen der Vereine berücksichtigt würden. Neben dem VfB Oldenburg und dem TSV Havelse handelt es sich um Teutonia 05 Ottensen sowie die Zweitmannschaften des Hamburger SV, Hannover 96 und des VfL Wolfsburg.
Die Entscheidung des Norddeutschen Fußballverbandes, die Quotientenregelung bei der Aufstiegsfrage, aber nicht bei der Abstiegsfrage einzusetzen, sei nicht nachvollziehbar, so der VfB Oldenburg weiter. Zudem begründen die Huntestädter die Aufforderung so: „Ohne das Vertrauen des VfB Oldenburg in den NFV, die Fortführung des Spielbetriebes ernsthaft anzustreben und somit eine Chance auf eine sportlich faire Qualifikation zu erhalten, wäre dieser finanzielle Kraftaufwand (der Lizenzantrag, d. Red.) durch den VfB Oldenburg selbstverständlich nicht geschehen.“ Das Ziel, den Spielbetrieb in der Regionalliga Nord fortzusetzen, sei vom NFV nicht ernsthaft verfolgt worden.
Quotientenregelung oder Qualifikationsrunde – wie der Gewinner der Regionalliga ausgewählt werden soll, darüber wird der NFV in den kommenden Tagen entscheiden. Laut Berichten ist eine Mehrheit der Vereine für die erste Option. Doch der VfB Oldenburg hat mit seinem Vorschlag einen neuen Ball ins Spiel geworfen. Noch unklar ist auch, auf welchen Gegner der norddeutsche Vertreter treffen wird. Eine Entscheidung über das Ergebnis der Regionalliga Bayern wird in den kommenden Wochen erwartet.