Kommende Woche startet die neue Bundesligasaison. In manchen Stadien mit – und in anderen ohne Zuschauer. Eine schlechte Idee, findet der ehemalige DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig.
Dass hier noch nebenbei subtil Druck auf die Behörden entsteht nach dem Motto: „Warum geht das, was in Sachsen geht, nicht in NRW?“, steht im Widerspruch zu der vor noch nicht allzu langer Zeit an den Tag gelegten Demut. Hier wäre Selbstbeschränkung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, also an der Zahl der zugelassenen Zuschauer des am stärksten reglementierten Bundeslands, als Beitrag zur Wettbewerbshygiene und auch als gutes Signal an die Politik zu verstehen gewesen.
Besonders Bundesgesundheitsminister Spahn, der erst durch seine Genehmigung den Weg für die Austragung der Geisterspiele ebnete, hatte seine Bedenken diesbezüglich bereits öffentlich kundgetan. Warum die Liga nicht bis zum 31. Oktober abwarten kann, um das Ergebnis der von den Ministerpräsidenten eingesetzten Arbeitsgruppe für eine bundeseinheitlichen Lösung abzuwarten, ist nicht verständlich. Bis dahin sind sechs Spieltage absolviert, wirtschaftliche Überlegungen dürften so eine nur untergeordnete Rolle spielen. Das Argument, hier als Wegbereiter für andere Standorte zu fungieren, überzeugt nicht. Denn die Gesundheitsämter in NRW werden sich nach den aktuellen Infektionszahlen und nicht an möglicherweise erfolgreich umgesetzten Hygienekonzepten anderer Klubs orientieren.
Die abgelaufene Saison liefert statistische Evidenz für den Wettbewerbsvorteil der von Zuschauern unterstützten Heimmannschaften: Gewannen im Schnitt 45 % der Heimmannschaften (vor Corona) ihre Spiele, ist die Quote bei Geisterspielen nur ca 32 %. Dass diese Wettbewerbsverzerrung mit dem Bielefelder Trainer Neuhaus und dem Ex-FC-Geschäftsführer Schmadtke zwei ehemalige Sportler thematisierten, spricht für sich. Abzuwarten bleibt, ob hier nicht Einspruchsgründe vorliegen, da die sportlichen Chancen nicht davon abhängig sein dürfen, ob ein Klub in der Nähe eines Fleisch verarbeitenden Betriebes oder in einem nicht so stark betroffenen Bundesland liegt.
Die DFL hat eine Chance verpasst, hier Kante zu zeigen. Und RB Leipzig versäumt eine gute Gelegenheit, ein besonderes Bekenntnis zur Solidargemeinschaft abzulegen, indem der Verein auf die behördlich genehmigte Zuschauerunterstützung im Stadion freiwillig verzichtet. Ich freue mich dennoch auf die Pokalspiele und jeden Zuschauer, der live dabei sein kann. Durch den Modus besteht auch keine Sorge um die die Integrität des Wettbewerbes. Der Pokal hat nicht nur hier seine eigenen Gesetze.