Rückhalt im Verein hatte er schon lange nicht mehr – nun hat Josep Bartomeu seinen Rücktritt als Präsident des FC Barcelona bekannt gegeben. In seiner letzten Rede wirbelt der scheidende Vereinsboss den europäischen Fußball auf.
Überraschend an seinem Rücktritt ist deshalb am ehesten der Zeitpunkt. Schließlich hatte der Präsident noch einen Tag zuvor gesagt, er sehe „keine Gründe“ für einen solchen. Doch im November hätte ein Misstrauensvotum angestanden. Ein Organisationsteam um den Präsidentschaftskandidaten Jordi Farré hatte dieses schließlich mit über 19000 Unterschriften erzwungen, weit mehr als eigentlich nötig gewesen wären. Dazu gab es auch prominente Unterstützer – etwa Bartomeus Vorvorgänger Joan Laporta, der verkündete: „Ich habe unterschrieben und wenn ich könnte, würde ich noch 20.000 Mal unterschreiben, um Bartomeu und seinen Vorstand rauszuwerfen.“ Barcas Kluboberhaupt konnte sich also ausrechnen, dass seine Chancen in einem solchen Votum eher schlecht gestanden hätten. Und ein Präsident, der durch eine Mitgliederabstimmung dazu gezwungen wird, zu gehen: Das wäre in der 121-jährigen Geschichte des Vereins ein Novum gewesen.
Mit seinem Rücktritt konnte der Präsident deshalb zumindest sein Ende selbst gestalten. Und fand in seiner Abschiedspressekonferenz sogleich eine Erklärung, weshalb er nicht schon im Sommer sein Amt niedergelegt hatte. „Wer hätte einen neuen Trainer geholt? Wer hätte auf dem Transfermarkt verhandelt und entschieden? Wer hätte das Bleiben von Lionel Messi vorangetrieben?“, zählte er die wichtigsten Dinge auf, die der FC Barcelona in der kurzen Saisonpause zu erledigen hatte. Die in seinen Augen richtige Antwort: Nur Bartomeu und sein Vorstandsteam konnten das. Auch unbequeme und unpopuläre Entscheidungen habe man dabei treffen müssen, erklärte der Präsident außerdem – fast so, als wären das die Gründe für den Unmut der Barcelona-Fans gewesen.
Zum Schluss ließ es sich Josep Bartomeu nicht nehmen, noch eine kleine Bombe platzen zu lassen: Der FC Barcelona hätte die Einladung zum Beitritt in die European Super League angenommen, verkündete der scheidende Vereinschef seinen letzten Streich, kurz nachdem er den Rücktritt bekannt gegeben hatte. Ausgerechnet die European Super League, das Gespenst, dass schon seit Jahren durch den europäischen Fußball schwirrt und von einem Großteil der Fans, der Ligaverbände und der UEFA strikt abgelehnt wird. Dass es bisher höchstwahrscheinlich nur ein Wettbewerb ist, der auf dem Papier von einigen Sponsoren und Großklubs existiert – geschenkt. Die Nachricht vom Beitritt des FC Barcelona war in den Schlagzeilen.
Und die Antwort folgte prompt: La-Liga-Chef Javier Tebas, naturgemäß einer der großen Gegner dieses Projektes, nahm das als Anlass, Bartomeus Rücktritt hämisch zu kommentieren: „Unglückliches Statement von Bartomeu, der Barcas Teilnahme an einem Phantomwettbewerb angekündigt hat, der den Klub ruinieren würde und damit seine Ignoranz gegenüber der Fußball-Industrie unter Beweis stellt“, so Tebas auf Twitter. „Ein trauriges Ende für einen Präsidenten, mit Erfolgen und zuletzt vielen Fehlern.“