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Heute treffen sich Borussia Dort­mund und Schalke 04 zum Revier­derby. Das bedeutet auch, dass Freunde der Fuß­ball­sta­tistik wieder auf ihre Kosten kommen, denn zu sol­chen Anlässen werden ja immer alle mög­li­chen Daten, Zahlen und Bilanzen aus­ge­graben. Eine Partie aber, bei der die Schwarz-Gelben und ihre königs­blauen Rivalen auf dem Rasen standen, wider­setzt sich der Ein­ord­nung und Erfas­sung.

Denn einmal spielten die beiden Klubs näm­lich nicht gegen­ein­ander, son­dern wort­wört­lich mit­ein­ander. Ein ein­ziges Mal bil­deten Borussia Dort­mund und Schalke 04 tat­säch­lich so etwas wie eine Spiel­ge­mein­schaft. Wie es dazu kam, das ist aller­dings eine trau­rige Geschichte.

Streit am Bahnhof 

Sie ereig­nete sich am 22. August 1992, dem Tag, als Schalke zum 116. Derby in Dort­mund antrat. Es war nicht nur das erste Spiel, in dem Nor­bert Dickel als Sta­di­on­spre­cher-Azubi eine Ansage machen durfte. Es war auch die berühmte Partie, in der Günter Schlipper zum 0:1 traf und sich Schalkes neuer Trainer Udo Lattek mit Mül­ler­milch-Kappe und in Bal­lon­seide vor dem Gäs­te­block feiern ließ. 

Nach dem Spiel kam es im Bahnhof Dort­mund-Derne zu einem tra­gi­schen Zwi­schen­fall. Ein 19-jäh­riger Dort­munder fing Streit an mit einen 24-jäh­rigen Schalke-Fan aus Lünen namens Werner Möll­mann. Der Kon­flikt eska­lierte und der Teen­ager erstach den Fuß­ball-Anhänger durchs geöff­nete Zug­fenster.

Tat ohne Fuß­ball-Bezug 

Der Angreifer war kein aus­ge­machter BVB-Fan und seine Tat hatte keinen direkten Fuß­ball-Bezug. (Eine lokale Zei­tung schrieb: Der Täter war offenbar der ein­zige Stö­ren­fried unter den zahl­rei­chen fried­li­chen Fans beider Ver­eine im Zug.“) Den­noch ver­ein­barten der BVB und Schalke nur wenige Tage später ein Bene­fiz­spiel, um Geld für die Hin­ter­blie­benen zu sam­meln, schließ­lich hin­ter­ließ der Getö­tete ein Kind und eine schwan­gere Ehe­frau.

In Anbe­tracht der Umstände war es natür­lich kaum sinn­voll, dass die beiden Teams den Rasen als Gegner betreten würden. So wurde ver­ein­bart, dass eine gemischte BVB/­Schalke-Elf im Herbst in Lünen antreten sollte. Dieser Plan konnte wegen Ter­min­pro­blemen nicht ein­ge­halten werden. Kurz vor Weih­nachten gaben die beiden Ver­eine schließ­lich bekannt, dass ihre gemein­same Elf am 26. Januar 1993, einem Dienstag, auf eine eben­falls unge­wöhn­liche Kom­bi­na­tion treffen würde – eine Mann­schaft aus Spie­lern des VfL Bochum und der SG Wat­ten­scheid 09.

Für den BVB sollte es ein Monat voller kari­ta­tiver Kicks werden. Am 20. Januar spielte die Elf in Hagen gegen den Hasper SV, um Geld für Kinder zu sam­meln, die unter den Spät­folgen des Unglücks von Tscher­nobyl litten. Und am 27. Januar trat die Mann­schaft in Werl an, weil sieben Monate zuvor bei einer Gei­sel­nahme Men­schen in dieser Stadt zu Schaden gekommen waren. 

Die meiste Auf­merk­sam­keit erfuhr aber das Spiel in Lünen, denn über das im wahrsten Sinne des Wortes ein­ma­lige Ereignis berich­tete sogar das Fern­sehen. Den­noch schenkte die Öffent­lich­keit der Partie nicht ganz die Beach­tung, die sie ver­dient gehabt hätte. Das lag nicht zuletzt an einem gewissen Mat­thias Sammer. Der wurde in der Win­ter­pause vom BVB ver­pflichtet, traf am Tag des Bene­fiz­spiels in Dort­mund ein und zog so viel Auf­merk­sam­keit auf sich, dass der Kicker“ von einem gigan­ti­schen Medi­en­spek­takel“ sprach.

09/04 verlor 2:3 

Sammer beglei­tete am Abend seine neuen Kol­legen zum Spiel mit – nicht gegen! – Schalke, wurde aber nicht ein­ge­setzt. Knapp 4.500 Zuschauer ver­folgten ab 18.30 Uhr die Begeg­nung im Sta­dion am Freibad in Lünen. Frank Mill brachte Dortmund/​Schalke in Füh­rung, per Elf­meter erzielte der Wat­ten­scheider Uwe Tschis­kale noch vor der Pause den Aus­gleich. In der zweiten Hälfte schossen Michael Rze­haczek und Dimi­trios Moutas (beide vom VfL) Bochum/​Wattenscheid mit 3:1 in Füh­rung. Der Schalker Antoine Hey ver­kürzte für BVB/S04 zwar sechs Minuten vor dem Ende noch auf 2:3, doch mehr war für die Aus­wahl aus Gel­sen­kir­chen und Dort­mund nicht drin.

Die unge­wöhn­liche Ver­an­stal­tung war ein Erfolg und brachte etwa 60.000 Mark ein. Eine Wie­der­ho­lung der schwarz-gelb-königs­blauen Ver­brü­de­rung gab es aller­dings nicht. Ruft man sich den Anlass jenes Spiels vom Januar 1993 in Erin­ne­rung, dann ist es wohl auch besser so.

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Eine kür­zere Ver­sion dieses Textes ver­öf­fent­lichte unser Autor 2016 in dem Buch Alles BVB!“.