Vor sechs Jahren spielte Jonas Hector noch beim SV Auersmacher, jetzt bei der EM in Frankreich. Das Erfolgsgeheimnis des Kölners: seine Freunde vom Dorf.
Fußballprofi wollten Sie nicht werden?
Das war schon ein Kindheitstraum. Auf der anderen Seite kam es mir aber nie realistisch vor, in der Bundesliga oder gar der Nationalmannschaft zu spielen. Damit hatte ich mich abgefunden und das war auch in Ordnung so.
Als Sie mit knapp 18 Jahren in die erste Mannschaft des SV Auersmacher kamen, in welcher Klasse spielte sie damals?
In der Verbandsliga, also in der sechsten Klasse. Wir sind dann aber direkt in die Oberliga aufgestiegen.
Kamen dann Anfragen?
Ja, ich hatte mit der U21-Saarlandauswahl im Länderpokal gespielt, und darüber wurden wohl ein paar Scouts geweckt. Die erste Anfrage kam Anfang 2009 vom VfL Bochum II, aber da habe ich mich noch nicht bereit gefühlt. Übrigens waren alle Probetrainings, die ich damals gemacht habe, bei zweiten Mannschaften. Ende des Jahres auch das beim FC Bayern.
Hat der damalige Trainer des FC Bayern II, Mehmet Scholl, Ihnen wirklich geraten, in die vierte statt zu ihm in die dritte Liga zu wechseln?
Ja, er war der Meinung, dass ich Schritt für Schritt gehen soll. Das habe ich so akzeptiert.
Der 1. FC Köln wollte Sie Anfang 2010 für die Regionalligamannschaft. Stimmt es, dass Sie die vertröstet haben: „Ich möchte erst noch mit meinen Freunden die Saison in der Oberliga zu Ende spielen“?
Naja, das Ganze hat mich damals etwas überrumpelt, muss ich ehrlich gestehen. Vielleicht wäre ein halbes Jahr Eingewöhnungszeit in Köln auch nicht verkehrt gewesen, auf der anderen Seite wollte ich nicht so plötzlich aus Auersmacher weggehen.
Ist es Ihnen schwergefallen?
Leicht war das nicht. Wenn man zwanzig Jahre lang zu Hause wohnt und in erster Linie von der Mutter versorgt wird, ist es schon aufregend, auf eigenen Beinen zu stehen.
Haben Sie denn bei Ihrer Ankunft in Köln, mit immerhin schon 20 Jahren, ernsthaft erwogen, dass es mit dem Profifußball vielleicht was werden könnte?
In Köln war erst mal ganz klar Regionalliga angesagt, ich wusste aber natürlich, dass ich mich darüber profilieren kann. Ich habe mir dann meinen Plan gemacht, dass ich in zwei Jahren den Sprung schaffen möchte.
Sie kamen damals aus einer relativ beschützten heimischen Welt in den Profifußball, woher hatten Sie die nötige Härte, um sich gegen die Konkurrenten in der Mannschaft durchzusetzen?
Ich hatte bis heute relativ viel Glück, weil ich immer relativ schnell meine Position in der Mannschaft gefunden und so gut wie immer gespielt habe. Das war bei den Amateuren so und bei den Profis später ebenfalls.
Wenn auch auf wechselnden Positionen.
Das stimmt, für mich ging es auf dem Platz quasi Schritt für Schritt nach hinten. Ich bin in Auersmacher und auch anfangs in Köln noch Zehner gewesen oder habe auf der offensiven Außenbahn gespielt. Dann wurde ich Sechser und später links hinten eingesetzt.
Und irgendwann werden Sie im Tor stehen?
Oh nein, bitte nicht!
Wie kommt es, dass Sie Positionen mit ganz unterschiedlichen Anforderungen fast selbstverständlich besetzen?
Weiß ich nicht. Mir ist egal, wo ich spiele. Ich stelle mich so schnell wie möglich auf die Gegebenheiten ein.
Christofer Clemens, Spielanalytiker bei der deutschen Nationalmannschaft, sagt über Sie: „Er hat das Spiel verstanden.“
Das ist nett, aber vor allem fokussiere ich mich auf das, was ich kann. Ich versuche keine Überdinge, das habe ich noch nie gemacht. Außerdem setze ich mich mit dem Spiel auseinander, indem ich etwa bei anderen Spielern schaue, wie sie die Position angehen. Und ich frage natürlich bei den Trainern nach, was ich besser machen soll.