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Seite 3: „Jetzt bist du da!“

Cle­mens lobt auch Ihr aus­ge­prägtes Ver­ständnis für Räume auf dem Platz. Sind Sie in der Defen­sive ver­gleichbar mit dem, was der selbst­er­nannte Raum­deuter“ Thomas Müller in der Offen­sive ist?

Ähn­lich ist viel­leicht, dass ich mich in den Zwi­schen­räumen auf dem Platz gut zurecht­finde. Ich weiß, wo ich zu stehen habe, um ange­spielt zu werden. Das macht Thomas Müller im offen­siven Bereich bekannt­lich immer sehr gut, wenn er zwi­schen Mit­tel­feld und Abwehr steht. Ich habe das als ehe­ma­liger Zehner mög­li­cher­weise noch im Blut. 

Ist das Ver­ständnis für Raum auch für den defen­siven Part von Nutzen? 

Auf jeden Fall, wobei ich mich anfangs als Links­ver­tei­diger an die defen­siven Räume und Abstände zum Neben­mann erst gewöhnen musste. 

Aber in der Mitte hat man eine Menge mehr Platz um sich herum. Ist es nicht hinten links leichter zu spielen? 

Dafür ist man dann aber auch Teil der letzten Kette. Wenn man dort über­spielt wird, brennt’s meis­tens richtig. Das ist eine grö­ßere Ver­ant­wor­tung: Wenn der Ball durch die Schnitt­stelle geht und man seinen Mann mal laufen lässt, ist sofort eine Eins-gegen-eins-Situa­tion gegen den Tor­wart da. Darauf musste ich mich ein­stellen.

In der Natio­nal­mann­schaft waren Sie 2015 der Spieler mit den meisten Län­der­spiel­mi­nuten. Gab es einen Moment, der für Sie inner­lich ein Durch­bruch war? 

Als ich im März letzten Jahres gegen Aus­tra­lien mein erstes Spiel über 90 Minuten gemacht habe, war ich schon zufrieden, weil ich das Ver­trauen vom Trainer bekommen habe. Die Mit­spieler haben mich eben­falls akzep­tiert, das war schon ein gutes Gefühl. Und nach meiner ersten Tor­vor­lage im Polen-Spiel dachte ich: Jetzt bist du da!“

Nun haben Sie das Pro­blem, in Köln mit­unter als Sechser ein­ge­setzt zu werden, wäh­rend Sie in der Natio­nal­mann­schaft Links­ver­tei­diger sind. Bringt Sie das viel­leicht sogar um ihren Platz im Natio­nal­team? 

Das war noch kein Thema und ist, denke ich, kein Aus­schluss­kri­te­rium für die Natio­nal­mann­schaft. Man hat in der Ver­gan­gen­heit doch gesehen, dass auf der anderen Seite die Außen­ver­tei­di­ger­po­si­tion eben­falls von gelernten Sech­sern gespielt wurde, wie etwa Emre Can oder Sebas­tian Rudy. Es kann sogar ein Vor­teil sein, das Spiel im Zen­trum zu kennen. Man hat heute als Außen­ver­tei­diger schließ­lich auch Räume nach innen. 

Sie spre­chen über Fuß­ball sehr ana­ly­tisch, lösen Sie im Spiel viel über den Kopf? 

Das ver­suche ich auf jeden Fall. Man kann sich einige Meter sparen, wenn man richtig steht oder richtig läuft.

War das immer schon so? 

Ja, ich habe immer darauf geguckt, wie Fuß­ball gespielt wird. Mich inter­es­siert das Spiel an sich. Ich habe für mein Frei­wil­liges Soziales Jahr, das ich bei uns im Verein absol­viert habe, sogar die C‑Lizenz als Trainer gemacht. Da habe ich schon einen kleinen Ein­blick in das Trai­ner­da­sein bekommen und tak­ti­sche Dinge gelernt, die man als Spieler des SV Auers­ma­cher so nicht durch­ge­ar­beitet hätte.

Bedauern Sie es, nicht im Nach­wuchs­leis­tungs­zen­trum gewesen zu sein, wo Sie das alles viel früher gelernt hätten? 

Ich habe mich schon mal gefragt, was anders gelaufen wäre. Aber ich möchte meine Jugend­zeit nicht ein­tau­schen, wenn ich ehr­lich bin, weil ich nicht nur auf Fuß­ball fixiert war. 

In der Rück­schau über­wiegt für Sie der Vor­teil, mit den Freunden im gewohnten Umfeld gewesen zu sein, den Nach­teil, nicht früher mehr Fuß­ball gelernt zu haben? 

Auf jeden Fall!

Inzwi­schen sind Sie zwar Fuß­ball­profi, aber wei­terhin nicht kom­plett auf Fuß­ball fixiert. Wie viel Zeit und Enga­ge­ment wenden Sie für Ihr BWL-Fern­stu­dium auf? 

Ich ver­suche, beides so zu ver­binden, dass nichts dem anderen schadet. 

Macht Ihnen das Stu­dium denn Spaß? 

Es gibt da schon tro­ckene Fächer, die nicht so viel Spaß machen. Ande­rer­seits hat man Berüh­rungs­punkte mit Themen, die nichts mit Fuß­ball zu tun haben.

Brau­chen Sie das denn? 

Manchmal tut es echt gut.