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Eine Kurz­ver­sion dieses Inter­views erschien in unserer Rubrik Der Ball im Netz“ in 11FREUNDE #229. Auch in unserer neuen Aus­gabe wür­digen wir wieder Pod­casts, Blogs und wei­tere Netz-Phä­no­mene. Jetzt am Kiosk und hier bei uns im Shop.

Herr Bela­mi­gović, warum dürfen Spieler wie Rolf-Christel Guié-Mien oder Rado­slaw Gile­wicz nie­mals in Ver­ges­sen­heit geraten?
Weil ich mit ihnen groß­ge­worden bin. Die späten Neun­zi­ger­jahre, die frühen Zwei­tau­sender, das war meine Zeit: ran, Hat­trick im DSF, DFB-Hal­len­mas­ters, Bun­des­liga Clas­sics. Schon wenn ich die Musik dieser Shows höre, fühle ich mich dorthin zurück­ver­setzt.

Unter dem Hashtag #BelaLiga teilen Sie kurze Clips aus diesen Shows. Wie hat das ange­fangen?
An einem Samstag in einer Län­der­spiel­pause vor drei Jahren. Da habe ich aus Lan­ge­weile eine alte Bun­des­liga-Clas­sics-Folge ein­ge­schoben und ein Stand­bild davon auf Twitter geteilt: Rolf-Christel Guié-Mien von Ein­tracht Frank­furt, wie er mit Chen Yang auf seinem Rücken ein Tor beju­belt. Das war die erste Folge. Einen Tag später gab es dann das erste Video. Es zeigte eine der vielen schwe­di­schen Hansa-Legenden: Magnus Arvidsson.

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Welche Gedanken kommen Ihnen heute, wenn Sie dieses Video sehen?
Ich denke an Juri Schlünz, Andreas Zach­huber, Frank Pagels­dorf, Olaf Holet­schek, Jens Dowe, Timo Lange, Viktor Agali. Die ganzen Legenden von Hansa Ros­tock eben. Natür­lich auch an die Schweden: Marcus Lantz, Peter Wibrån, später dann Rade Prica und einige andere. Ich war zwar nie Ros­tock-Fan, aber jetzt im Nach­hinein habe ich schon ein Faible für sie. Wahr­schein­lich hängt das auch mit diesem Song der Puhdys zusammen: FC Hansa, wir lieben dich total.“ Davon hatte ich als Kind immer einen Ohr­wurm. Zur Saison 1994/95, da war ich im Grund­schul­alter, hatte ich eine CD von ran mit allen Ver­eins­hymnen. Nummer eins war Wer wird Deut­scher Meister? BVB Borussia“, das habe ich immer geskipped, klar, weil ich Schalker bin. Aber der Hansa-Song hat es mir echt angetan. An all das muss ich denken, wenn ich das Arvidsson-Video sehe.

Also jede Menge Nost­algie.
Es ist für mich ein Rück­blick auf unbe­schwerte Zeiten. Auch wenn objektiv betrachtet die Kom­mer­zia­li­sie­rung damals so richtig ange­fangen hat. Natür­lich roman­ti­siere ich diese Gene­ra­tion. Aber mir macht das Spaß.

Offenbar nicht nur Ihnen.
Ich habe gemerkt, dass viele User, die mir folgen, eben­falls ein Herz für den Fuß­ball dieser Zeit haben. Also habe ich beschlossen, jeden Tag ein Video mit einem Spieler oder einer Per­sön­lich­keit der jün­geren Bun­des­li­ga­ge­schichte zu teilen.

Welche Kri­te­rien muss ein Spieler erfüllen, um in die #BelaLiga auf­ge­nommen zu werden?
Er muss zwi­schen 1990 und 2010 gespielt haben. Das ist das #BelaLiga-Fenster. Es zählen nur Liga­spiele. Außerdem darf der Spieler heute nicht mehr aktiv sein. Nur wenn einer mit Ende 30 noch irgendwo in der Lan­des­liga zockt, drücke ich auch mal ein Auge zu.

Eher würde ich mir die Hand abha­cken, als ein Video von Smo­la­reks Tor gegen Schalke 2007 zu ver­öf­fent­li­chen“

Vertragsamateur Belamigović, Schalke-Fan

Seit Oktober 2017 jeden Tag ein Video. Wie behalten Sie da den Über­blick? Führen Sie Buch?
Tat­säch­lich führe ich eine Excel-Tabelle. Dort trage ich alle Spieler nach Verein sor­tiert ein, damit sich nichts dop­pelt. Den­noch ist mir vor kurzem der erste Fehler unter­laufen: Von Thomas Rath­geber habe ich zwei Videos gepostet: Einmal aus seiner Zeit bei Unter­ha­ching und dann noch einmal bei Offen­bach. Und mit Mario Eggiman ist es mir Anfang November auch noch einmal pas­siert. Ein Video vom KSC, eines aus Han­nover.

Kann bei der Menge an Spie­lern ja mal pas­sieren. Hand aufs Herz: Erin­nern Sie sich tat­säch­lich an jeden Ein­zelnen? Oder stoßen Sie auch auf Spieler, die selbst vorher noch gar nicht kannten?
Oft schaue ich mir Videos an und dann kommt ein Spieler vor, den ich über­haupt nicht mehr auf dem Schirm hatte. Und dann sehe ich das Gesicht bei Wiki­pedia und denke: Den hat­test du doch als Panini-Bild! Diese Fälle sind aller­dings selten. Ich würde sogar behaupten: Ich kenne viel mehr Spieler aus den Neun­zi­gern und Zwei­tau­sen­dern als aus den Kadern der aktu­ellen Bun­des­liga.

Wel­cher Verein hat bis­lang die meisten Spieler in Ihrem Format unter­bringen können?
Ich ver­suche, das aus­ge­gli­chen zu gestalten. Aktuell liegen Schalke, Cottbus und Kai­sers­lau­tern mit jeweils 34 Spie­lern vorne. Dahinter kommen Ros­tock. Glad­bach, Bochum und Biel­feld mit 33. Schalke ist so weit vorne, weil ich vor dem Derby 2017, dem 4:4, zur Ein­stim­mung die ganze Woche nur Schalke-Tore raus­ge­bal­lert habe.

Sie sind Schalke-Fan, posten aber auch Videos von Dort­mund-Spie­lern. Können Sie das mit Ihrem Gewissen ver­ein­baren?
Einige, die das Format schon lange ver­folgen, sind BVB-Fans. Außerdem habe ich den Anspruch, alle Ver­eine zu berück­sich­tigen. Das Tor von Ebi Smo­larek, mit dem er uns 2007 die Meis­ter­schaft ver­saut hat, würde ich aber zum Bei­spiel nicht ver­öf­fent­li­chen. Da würde ich mir eher die Finger abha­cken. Ein Smo­larek-Video gibt es dann eben von einem Tor gegen Kai­sers­lau­tern oder so. Das tut mir nicht weh. Wahr­schein­lich würde ich sogar irgend­wann mal ein Tor von Thomas Müller bringen, wenn es soweit ist, obwohl ich nicht der größte Fan von ihm bin.

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Woher stammt eigent­lich das ganze Video­ma­te­rial? Haben Sie den Geheim­schlüssel zum DSF-Archiv?
Ich habe noch viele VHS-Kas­setten der Shows. Ich habe mir damals immer sofort die Schalke-High­light auf Video­kas­sette von ran, Sport­schau oder Pre­miere gekauft. Davon stammt sehr viel Mate­rial. Bun­des­liga Clas­sics habe ich als Kind so oft gesehen, da konnte ich mit­spre­chen. Irgend­wann habe ich sie digi­ta­li­siert. Mitt­ler­weile greife ich aber auch auf You­tube zurück.

Haben Sie ein Lieb­lings­video?
Schwierig. Aber spontan fällt mir ein Video von Nebojša Krup­ni­ković von Han­nover 96 ein. Der hatte sich vor dem Spiel gegen Lau­tern über Trainer Ralf Rang­nick und seine Mit­spieler beschwert. Rang­nick würde ihn nicht wür­digen und Jiri Sta­jner die Frei­stöße nur auf Knie­höhe schießen, Fredi Bobic sich nicht genug mit nach hinten bewegen. Im Hin­ter­grund sieht man, wie gerade das Nie­der­sach­sen­sta­dion umge­baut wird. Wun­der­volle Szenen. Vier Minuten nach seiner Ein­wechs­lung haut er dem jungen Tim Wiese den Ball aus 25 Metern per Frei­stoß rein und jubelt dann, indem er mit beiden Daumen ent­spannt auf seinen Namen auf dem Trikot deutet. Pures Gold!

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Das hier ist aber auch ziem­lich groß­artig, oder?

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Auf jeden Fall. An das Spiel kann ich mich noch sehr gut erin­nern. Es war ein Mon­tag­abend, Schalke hatte am nächsten Tag das erste Cham­pions-League-Spiel der Saison 2010/11 in Lyon. Unmit­telbar nach dem Abpfiff des Cottbus-Spiels bin ich nach Gel­sen­kir­chen und dann mit dem Bus nach Frank­reich. Im Bus mit den Kum­pels haben wir erst einmal nur über dieses ver­rückte Spiel gespro­chen: 5:5 und dann am Ende dieses Tor.

So spek­ta­kulär geht es aber nicht immer zu. Manchmal wirken die Videos fast ein biss­chen trostlos: Mäßige Spiel­züge und Tore vor spär­lich besetzen Tri­bünen.
Ja, es sind nicht nur schöne Tore. Das ist aber auch nicht Sinn und Zweck des For­mats, da gibt es ja schon genü­gend andere Kanäle für. Bei mir sieht man eben auch mal ein halb­leeres Sta­dion in Wat­ten­scheid bei einem Spiel gegen Gütersloh. Oder ein Kopf­balltor von Hilko Ristau gegen den KFC Uer­dingen. Total unspek­ta­kulär. Aber ich mag sie gerne. Und solange es ein paar Leuten ähn­lich geht, wird es sie auch wei­terhin geben. Es ist auch eine Wür­di­gung von Spie­lern, die etwas in Ver­ges­sen­heit geraten sind. Manchmal bekomme ich Nach­richten, in denen Leute erzählen, dass dieses Tor bei ihrem ersten Sta­di­on­be­such gefallen ist. Die bedanken sich, weil sie es seitdem nicht mehr gesehen haben. Das freut mich dann natür­lich sehr.

Mitt­ler­weile ver­öf­fent­li­chen Sie Ihre Videos auch auf Insta­gram.
Schon länger haben mir Leute damit in den Ohren gelegen, dass Insta­gram die per­fekte Platt­form für das Format wäre. Außerdem haben manche meiner Kum­pels kein Twitter, wollen die Videos aber trotzdem sehen. Irgend­wann habe ich dann nach­ge­geben. Jetzt poste ich dort täg­lich die Videos, die bei Twitter vor zwei und drei Jahren gelaufen sind. Es ist also eine Art Archiv.

„Die DFB-Hal­len­mas­ters hätte ich gerne zurück, spon­sored by Has­seröder Pre­mium Pils und Sport­wetten Gera“

Sind Sie damit jetzt im Main­stream ange­kommen?
So würde ich es nicht bezeichnen. Ich glaube, es ist immer noch ein Spar­ten­sender.

Die erhöhte Reich­weite macht sich bemerkbar. Neu­lich hat Peter Peschel ein Video von Ihnen geteilt.
Nachdem ich die Folge mit ihm ver­öf­fent­lich habe, hat er mir bei Insta­gram eine Nach­richt geschickt und gefragt, ob ich noch mehr Mate­rial von ihm hätte. Ich habe ihm dann einige Tor-Videos zuge­schickt. Ein paar hatte ich noch im Fundus. Er hat sie dann als Insta­gram-Sto­ries raus­ge­hauen und mich ver­linkt. Scheint ein guter Typ zu sein.

Auch Valdas Iva­n­auskas hat sich bei Ihnen für sein Video bedankt.
An ihn habe ich als Spieler gar nicht so viele Erin­ne­rungen. Da denke ich immer an das Tor aus dem Video. Und vor allem an sein Inter­view danach bei Johannes B. Kerner. Da steht er mit einer Öger Tours“-Kappe und spricht über das Ende seiner Torlos-Serie nach fast einem Jahr. Wenn so jemand dann ein so bedeu­tendes Tor noch einmal bei mir sieht und sich dar­über freut, ist das natür­lich sehr cool. Dafür mache ich das.

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Schonmal daran gedacht, Ihren Ruhm auch kom­mer­ziell aus­zu­schlachten? Kommt bald der dicke Wer­be­deal mit Taxofit?
Wenn, dann mit Reusch! Mitte der Neun­ziger ist gefühlt jeder Trainer mit einer über­großen Reusch-Sta­di­onjacke rum­ge­laufen. Vor zwei, drei Jahren habe ich Reusch mal ange­schrieben und gefragt, ob sie die Jacken nicht wieder raus­bringen können. Leider habe ich keine Ant­wort erhalten. So eine klas­si­sche Horst-Ehr­mann­traut-Gedächt­nis­jacke zu besitzen, das wäre schon stark.

Wei­tere Wün­sche?
Die DFB-Hal­len­mas­ters hätte ich gerne zurück, spon­sored by Has­seröder Pre­mium Pils und Sport­wetten Gera. Da würde ich gerne mit meiner Twitter-Fuß­ball­mann­schaft Loco­mo­tivo teil­nehmen.

Wie lange werden Sie Ihre Fol­lower noch mit Videos ver­ges­sener Bun­des­liga-Helden erfreuen können?
Noch ist das Archiv gut gefüllt. Wenn ich mein Pensum bei­be­halte, kann ich 2021 auf jeden Fall noch kom­plett bespielen. Zudem über­lege ich, den Zeit­raum im nächsten Jahr auf 2011 aus­zu­weiten – so dass immer ein Abstand von zehn Jahren gewahrt wird. Solange die Leute und ich Spaß daran haben, mache ich weiter. Und wenn es mir zu viel wird, muss ich viel­leicht mal ins Trai­nings­lager in Belek.

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