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Jetzt am Kiosk: Heft #223

223 Cover Quadrat

Für unsere aktu­elle Aus­gabe #223 reisen wir mit euch quer durch das Land und zeigen euch die 150 geheimen und weniger geheimen Fuß­ball­orte, die man gesehen haben muss. Als kleinen Vor­ge­schmack prä­sen­tieren wir an dieser Stelle die Lieb­lings­orte der 11FREUNDE-Redak­teure. Diesmal: Uli Hesse über einen Friedhof im Schatten des West­fa­len­sta­dions.

Ort: Ruhr­sta­dion
Adresse: Cas­troper Str. 145, 44791 Bochum
Region: Ruhr­ge­biet

Ver­mut­lich ist der Lieb­lingsort eines jeden Fuß­ball­fans das Sta­dion seines Lieb­lings­ver­eins. Mag es da auch noch so scheuß­lich sein, blühen doch selbst auf den trost­lo­sesten Tri­bünen noch die schönsten Emo­tionen. Ich kenne Men­schen, die bis heute in tiefster Rüh­rung von unver­gess­li­chen Momenten in den zugigen Weiten des Ham­burger Volks­park­sta­dion erzählen, im lebens­feind­li­chen Schalker Park­sta­dion oder gar im Rhein­sta­dion Düs­sel­dorf. Dabei hatte das seinen ein­deutig besten Moment als es von einem Spreng­kom­mando flach­ge­legt wurde. Die beiden anderen konnte man nicht einmal sprengen, man musste sie auf­wändig weg­bag­gern.

Auch mein Lieb­lingsort ist das Sta­dion meines Lieb­lings­ver­eins, doch ins Bochumer Ruhr­sta­dion reisen die meisten Fans nicht mit einem ima­gi­nären Spreng­kom­mando oder einem men­talen Bagger im Gepäck. Das liegt einer­seits daran, dass wenige sich die Mühe machen, den dort ansäs­sigen Klub ent­spre­chend tief zu ver­ab­scheuen. Außerdem ist das Ruhr­sta­dion so, wie ein Sta­dion nicht viel besser sein kann. Und das ist jetzt nicht durch ver­heulte Sen­ti­mente, Tore-in-letzter-Minute-Geschichten oder sons­tige Fan-Folk­lore abge­si­chert, son­dern durch schnöde Fakten, Fakten und gefühls­freie Objek­ti­vität.

Lage, Lage, Lage“, das gilt wie bei allen Immo­bi­lien auch bei Fuß­ball­sta­dien. Und das Ruhr­sta­dion ist nah, denn vom Bochumer Haupt­bahnhof braucht man nur eine gute Vier­tel­stunde zu Fuß oder ein paar U‑Bahn-Minuten, um vor einem Bau zu stehen, das den top-ver­bli­chenen Charme bru­ta­lis­ti­scher Beton-Archi­tektur hat. Palet­ten­sta­dion“ nannte man das, als es in den Sieb­zi­gern gebaut wurde, weil auf die Beton­träger der Rest auf­ge­legt wurde wie auf Paletten. Als 1979 der Neubau an glei­cher Stelle wie des alten Sta­dions an der Cas­troper Straße“ eröffnet wurde, war das ziem­lich sen­sa­tio­nell.

Damals war das Kon­zept so neu, dass es bis heute nicht alt wirkt. Zugleich ist das Ruhr­sta­dion aber noch keine Arena, folgt also nicht der Logik der Logen und VIP-Ebenen, was es bis heute wie­derum tra­di­tio­nell wirken lässt. Dan­kens­werter Weise gibt es bis auch noch Flut­licht­masten, deren erha­bene Schön­heit bis heute einen Trailer der ARD-Sport­schau ziert. Aber eigent­lich müssten Flut­licht­masten sogar obli­ga­to­ri­scher Teil der Lizenz­auf­lagen im Fuß­ball sein, Kir­chen haben ja schließ­lich auch Kirch­türme nicht nur, um Glo­cken darin auf­hängen zu können, son­dern um den Gläu­bigen eine Ori­en­tie­rung zu geben und den Weg zu zeigen.

Die Außen­welt bleibt da, wo sie hin­ge­hört

Womit wir beim spi­ri­tu­ellen Teil wären, denn viel­leicht trifft man ja hinter der Ost­kurve noch den VfL Jesus“, einen Fan-Exzen­triker eng­li­schen Zuschnitts. Wem es ansonsten noch an mora­li­scher Fes­tig­keit fehlt, der werfe einen Blick auf die andere Straße, wo mah­nend die Krüm­mede“ daran erin­nert, dass Sünder auch im Kitt­chen landen können.

Drinnen im Sta­dion ist man dann überall nah dran und voll drin, nichts steht offen, die Außen­welt bleibt da, wo sie hin­ge­hört, näm­lich draußen. Die Dimen­sionen sind mensch­lich, nicht zu groß, aber auch nicht zu klein. Man sieht überall bes­tens, was auf dem Platz pas­siert, worin auch eine War­nung steckt. Aber das hart­ge­sot­tene Publikum kommt sowieso mit rea­lis­ti­schen Erwar­tungen: Dat wird doch sowieso wieder nix.“ Was schließ­lich oft genug stimmt. Aber die Leute sind ja nicht doof. Ers­tens haben sie ver­in­ner­licht, was der Schrift­steller Frank Goosen, ein ehe­ma­liger VfL-Auf­sichtsrat, mal als zen­trale Ruhr­pot­ter­kenntnis so for­mu­liert hat: Woan­ders ist auch scheiße.“ Und zwei­tens: Viel­leicht wird dat ja doch mal was, und dann will man es nicht ver­passt haben.

Aber ich drifte ins kul­tu­rell Gefüh­lige ab und will auch nicht mit der Cur­ry­wurst nerven. Bleiben wir also bei den Fakten: Super Sta­dion, unbe­dingt hin da.