Seitdem Bruno Fernandes ins Old Trafford gewechselt ist, wirkt ein ganzer Verein wie ausgewechselt. Partien von Manchester United sind plötzlich nicht mehr trist, sondern aufregend. Tritt der Portugiese etwa in die Fußstapfen eines berühmten Landsmanns?
Zwar behauptet Solksjaer, dass United „mehr als nur einen Game-Changer“ hätte, gleichzeitig spricht der Norweger Fernandes aber auch einen großen Anteil am derzeitigen Erfolg zu: „Bruno hat eine Gewinner-Mentalität mitgebracht. Er kam und war von Anfang an fantastisch.“ Trotzdem ist der Trophäen-Schrank von Fernandes bisher noch äußerst übersichtlich bestückt. Der 26-Jährige durfte bisher nur den Nations-League-Pokal und den portugiesischen Ligapokal in die Höhe stemmen.
Dieser Umstand liegt wohl auch am Karriereweg des in der nord-portugiesischen Kleinstadt Maia geborenen Fernandes. Im Gegensatz zu seinem Idol Cristiano Ronaldo führte Bruno Fernandes´ Weg nicht direkt ins Old Trafford. Während der sechsfache Weltfußballer schon im Alter von 18 Jahren zu den Red Devils wechselte, ging Fernandes im gleichen Alter den Umweg über Italien. In der Jugend von Boavista Porto ausgebildet versuchte er ab dem Jahr 2012 im Männerbereich Fuß zu fassen, beim Zweitligisten Novara Calcio. Danach spielte er noch vier Jahre in der Serie A. Jedoch nicht bei Spitzenklubs wie Juventus, Inter, Milan oder Neapel, sondern bei Udinese Calcio und Sampdoria Genua. Im Alter von 23 Jahren kehrte Fernandes im Jahr 2017 schließlich in sein Heimatland zurück.
Dort, bei Sporting Lissabon gelang Fernandes, der im Mittelfeld sowohl außen als auch zentral eingesetzt werden kann, dann der Durchbruch. Trotz überragender Zahlen – in zweieinhalb Jahren Lissabon gelangen Fernandes mehr Scoring-Punkte (115 in 137 Spielen, alle Wettbewerbe) als Kevin de Bruyne oder Christian Eriksen – flog der Portugiese lange unter dem Radar. Mit dem Wechsel zu einem Top-Klub schickt sich der offensiv-stärkste Mittelfeldspieler der Saison 2018/19 (20 Tore, 13 Vorlagen in 33 Liga-Spielen) nun an, die Fußball-Welt zu erobern.
Zumindest den roten Teil Manchesters hat Fernandes mit seinem Start schon im Eiltempo erobert. Doch Fernandes will mehr. Er will ganz Manchester und schreckt dabei auch vorm Rivalen in der eigenen Stadt zurück, wie er im Derby gegen City bewies. Beim 2:0‑Sieg der Red Devils führte er erst einen Freistoß so gedankenschnell aus, dass Martial wunderschön zur Führung treffen konnte. Später war er dann noch in einen Disput mit City-Trainer Pep Guardiola verwickelt, dem er per Finger auf den Lippen anzeigte, was er von dessen ständigem Lamentieren hält.
Spätestens seit diesem Spiel sind ihm die Herzen der Fans im Old Trafford sicher: „Bruno, Bruno, Bruno. He’s from Sporting like Cristiano. He goes left, he goes right. Make defenses look shit. He’s our Portuguese Magnifico!“, sangen die United-Anhänger vor der Corona-Krise mehr als nur einmal im Stadion. Fernandes hat es geschafft, dem Verein innerhalb weniger Wochen wieder Leben einzuimpfen, sogar Euphorie zu entfachen. Trifft und assistiert Fernandes weiter wie bisher, haben sie bei Manchester United vielleicht endlich einen würdigen Nachfolger für Cristiano Ronaldo gefunden. Und vielleicht ist es ja wieder ein Zugang von Sporting Lissabon, der United von einem Titel träumen lässt.