Eigentlich hätte das Vereinigte Königreich die Europäische Union inzwischen verlassen sollen. Im Fußball probten die Briten in der Vergangenheit schon öfter den Austritt. Und: Boris Johnson kann noch kläglicher aussehen als bei den Brexit-Verhandlungen.
6.
In Sachen Backstop, also vorerst offener Grenzübergänge an der irisch-nordirischen Grenze, zeigen sich die Fußballverbände einigermaßen störrisch. Tatsächlich heißt der nordirische nach wie vor „Irish Football Association“ und wurde bei den Home Championships auch bis 1976 als „Irland“ geführt. Im Rugby zeigt man sich da schon fortschrittlicher: Die Irish Rugby Football Union vertritt seit jeher beide irischen Ländern, den Norden und die Republik gemeinsam. Der permanente Backstop ist möglich!
7.
Das sogenannte Norwegen-Modell bleibt nach wie vor eine präferierte Option vieler Brexiteers. Dabei bliebe England, nach dem Vorbild Norwegens, Liechtensteins und Islands, im Europäischen Wirtschaftsraum und würde weiterhin von den Vorteilen des Binnenmarktes profitieren. Eine Art Norwegen-Modell hätte sich die FA wohl auch zur WM 1994 gewünscht: England wurde dritter in der Qualifikationsgruppe, hinter den Niederlanden auf Platz zwei und Norwegen als Gruppensieger.
8.
Auch die WM 2018 stand im Zeichen des Brexit. Als England und Belgien in der Gruppe G aufeinandertrafen, standen sich zeitgleich die Regierungschefs der EU-Mitglieder in Brüssel gegenüber. Prompt wurde das Gruppenspiel zum „Brexit-Derby“ erhoben. England verlor 0:1. Auch das zweite Referendum im Spiel um Platz drei ging an Belgien. Nachverhandlungen wurden keine aufgenommen. 2016 hatten englische Fans bei der EM in Frankreich bereits ihr Abstimmungsverhalten mit eindeutigen Gesängen belegt: „Fuck off Europe“, hieß es damals, „we all voted out.“
9.
Übrigens hält auch Ex-Nationalspieler Sol Campbell, der zwischenzeitlich Boris Johnson als Bürgermeister von London nachfolgen wollte, den Brexit für eine Hilfe für den englischen Fußball. „Die nötigen Veränderungen zu machen, bedeutet, die Kontrolle zurückzuerlangen über das Spiel, dass wir lieben“, schrieb er in der Mail on Sunday. Seine Liebe zum Spiel bewies er schließlich spätestens mit dem Wechsel von Tottenham nach Arsenal.
10.
Eigentlich mögen wir unsere britischen Quasi-Nachbarn ja sehr gern, nicht zuletzt weil sie in den vergangenen Jahrzehnten so zuverlässig bemitleidenswerte Verlierer waren. Aber wenn wir uns das hier ansehen, kann der Brexit gar nicht schnell genug kommen.